Das neue Varieté auf dem Pragsattel will nun doch noch in diesem Jahr, und zwar am 4. Dezember, an den Start gehen. Wer die absehbaren Mehrkosten wegen der Verzögerung der Eröffnung trägt ist noch unklar.

Stuttgart - Das neue Varieté auf dem Pragsattel soll nun doch noch in diesem Jahr den Spielbetrieb aufnehmen. Er freue sich, den 4. Dezember als neuen Eröffnungstermin verkünden zu können, sagte Varieté-Geschäftsführer Timo Steinhauer am Donnerstag bei einem Vorort-Termin im Rohbau der neuen Spielstätte direkt neben dem Theaterhaus. Ursprünglich war die Eröffnung für den 7. November geplant, der Termin ließ sich aber nun nicht mehr halten, weil es bei der Vorbereitung des Baugrundstücks im städtischen Liegenschaftsamt offenbar zu Versäumnissen gekommen war.

 

Gabriele Frenzel, Timo Steinhauer. Foto: Michael Steinert
Diesen Vorwurf hatten Steinhauer und seine Co-Geschäftsführerin Gabriele Frenzel noch vor kurzem in einem Brandbrief an die zuständigen Bürgermeister, Fraktionschefs und die jeweiligen kulturpolitischen Sprecher im Gemeinderat erhoben. Am Donnerstag hielten sich die beiden Varieté-Chefs allerdings mit Kritik an der Verwaltung deutlich zurück – wohl wissend, dass sie möglicherweise nochmals auf die Hilfe der Stadt angewiesen sein könnten, falls durch die Verzögerung ihre Kalkulation ins Wanken gerät.

Statt Kritik Lob für Stadtverwaltung und Gemeinderat

Stattdessen lobte Timo Steinhauer die Kooperation mit der Stadtverwaltung, mit der man in engem Kontakt stehe. Er verwies auf das Rettungspaket, das der Gemeinderat im Dezember vergangenen Jahres beschlossen hatte und mit dem das Aus für das Friedrichsbau-Varieté nach der Kündigung des Mietvertrages für die Rotunde in der L-Bank abgewendet werden konnte.

Der damalige Beschluss umfasste zum einen eine städtische Ausfallbürgschaft von einer Millionen Euro für einen Bankkredit, einen einmaligen Baukostenzuschuss von 450 000 Euro für die Errichtung der Halle in Fertigbauweise sowie die pachtfreie Überlassung des städtischen Grundstücks für fünf Jahre. Zwar reduziert sich die Verschiebung des Eröffnungstermins entgegen ursprünglicher Befürchtungen nun von sechs auf vier Wochen. Gleichwohl drohen dem Unterhaltungstheater Einnahmeausfälle, Mehrkosten durch Sonderschichten am Bau sowie möglicherweise auch Konventionalstrafen für nicht einzuhaltende Engagements von Varieté-Künstlern, mit denen die Verträge schon unter Dach und Fach waren.

Einnahmeausfälle sind noch nicht bezifferbar

In ihrem Brandbrief hatten die Varieté-Verantwortlichen noch geschrieben, es sei unmöglich, selbst bei frühestmöglicher Fertigstellung im November die ausfallenden Spieltage ohne finanziellen Ausgleich aufzufangen oder die Kosten für den Einsatz zusätzlicher Bauarbeiter zu übernehmen. Eine Eröffnung erst Mitte Dezember bedeute „einen Einnahmeverlust von 350 000 bis 400 000 Euro“. Am Donnerstag wollte Steinhauer dann aber keine konkreten Zahlen nennen. Nur so viel: „Es ist noch ein bisschen Luft drin in unserer Kalkulation.“ Über alles weitere werde man zunächst mit der Stadtverwaltung sprechen.

Von der Verwaltungsspitze war bei der Baustellenbegehung niemand zugegen – urlaubsbedingt oder wegen terminlicher Überschneidungen, wie es hieß. Die Frage nach der Verantwortlichkeit für die Verzögerung blieb daher unbeantwortet. Stattdessen zeigten sich die anwesenden kulturpolitischen Sprecher von CDU, Grünen, FDP und Freien Wählern durchaus angetan von dem nach wie vor vorhandenen Elan des Varieté-Teams, und auch die Hülle der neuen Spielstätte mit ihrer eher schlichten, aber zweckmäßigen Architektur, die künftig Platz für 342 Zuschauer bietet, stieß auf Wohlwollen. Sie fällt übrigens mit rund 1500 Quadratmetern Nutzfläche deutlich geräumiger aus als die alte Spielstätte im Friedrichsbau.

Varieté-Chefin berichtet von reger Kartennachfrage

Am meisten gefreut haben dürften sich die Stadträte aber über die Zurückhaltung der Varieté-Chefs hinsichtlich der Forderungen nach einem weiteren finanziellen Engagement der Stadt – auch wenn Steinhauer ein solches Begehren auf Nachfrage nicht ausschließen wollte. Die Varieté-Macher setzen nun aber erst einmal auf ihr Publikum: Die Nachfrage nach Karten sei groß, es habe bereits Vorbestellungen gegeben, bevor der geplante Eröffnungstermin geplatzt sei, so Gabriele Frenzel. Am Freitag soll der Kartenverkauf beginnen. Sie ist zudem überzeugt, dass das Varieté von der Nähe zum Theaterhaus profitiert. „Wir hoffen auf eine positive Wintersaison“, übte sich auch Steinhauer in Optimismus. Zunächst aber sind jetzt die Architekten und Bauarbeiter gefordert, den neuen, eng gesteckten Zeitplan einzuhalten und das Gebäude bis zum 4. Dezember tatsächlich bezugsfertig zu machen. Gabriele Frenzel hat auf alle Fälle schon mal vorgebaut: „Wenn das eine oder andere zur Eröffnungsfeier noch nicht ganz fertig ist, stirbt man auch nicht.“

Das neue Friedrichsbau-Varieté auf dem Pragsattel

Neubau Die Spielstätte wird in Fertigbauweise aus Holz mit integrierten Betonteilen errichtet. Das Gebäude besteht aus einem Hauptschiff und zwei Seitenschiffen. Im Großen Saal findet das Bühnenprogramm statt, in den Anbauten kommen Gastronomie, Künstlergarderoben und Verwaltung unter.

Kosten 1,5 Millionen Euro netto an Baukosten werden für den Neubau veranschlagt. Die Stadt beteiligt sich nicht an den laufenden Betriebskosten, sondern gewährt einen einmaligen Baukostenzuschuss in Höhe von 450 000 Euro. Außerdem übernimmt sie eine Ausfallbürgschaft über eine Million Euro.

Programm Bis zur Fertigstellung gastieren die Varieté-Künstler in der Sparda-Bank und im Theaterhaus. Zur Eröffnung am 4. Dezember steht die Elvis-Presley-Show „Celebrating the King“ zum 80. Geburtstag der Rock’n-Roll-Legende mit Ray Martin auf dem Programm, die bis in den Februar hinein läuft.