Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Verkehrte Welt in Göppingen: die CDU unterstützt bei der Oberbürgermeisterwahl im Oktober den parteilosen Amtsinhaber, obwohl der bis vor drei Jahren noch unter roter Flagge segelte. Die Sozialdemokraten wollen hingegen einen Mann mit CDU-Parteibuch auf ihr Kandidatenschild heben.

 

In der an originellen Konstellationen gewiss nicht armen Göppinger Kommunalpolitik ist eben so manches möglich. Andererseits besitzt die ungewöhnliche Kandidatenkür durchaus eine innere Logik. Zum einen hat der Regierungswechsel in Baden-Württemberg vor einem Jahr sämtliche potenziellen rot-grünen Führungskräfte vom Arbeitsmarkt gesaugt. Auch der beliebte Göppinger Sozialbürgermeister Jürgen Lämmle (SPD) wechselte nach Stuttgart. Zum anderen dürfte ein SPD-Kandidat mit CDU-Parteibuch so manchen konservativen Wähler ins Grübeln bringen.

Vor allem zeigt der Name Thomas Jakob aber eines: um den verhassten Guido Till los zu werden, ist die SPD bereit, auch schwarze Kröten zu schlucken. Sieht man von einem missglückten Ausflug nach Bad Mergentheim ab, hat der Bad Cannstatter Bezirksvorsteher seine bisherige Karriere ausschließlich seinen Verbindungen innerhalb der Stuttgarter CDU zu verdanken.

Ob sich für die SPD dieses Wildern in fremdem Terrain am Ende auszahlt, bleibt abzuwarten. Schließlich hat nicht nur die Kränkung, die Tills Austritt in der Partei verursacht hat, zur Entfremdung geführt. Vielmehr wuchsen zwischen der SPD und ihrem einstigen Hoffnungsträger in den vergangenen acht Jahren auch immer tiefere inhaltliche Gräben. Eine andere Politik ist aber auch von dem CDU-Mann Jakob kaum zu erwarten.