Auch Fritz Kuhn muss aufpassen, dass ihm auf der Zielgeraden nicht die Puste ausgeht. „Viel trinken ist enorm wichtig“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Es ist kalt an diesem Dienstagmorgen, auch Kuhns Stimme ist vom vielen Reden angekratzt. Er setzt in der Endphase des Wahlkampfs im Gegensatz zu seinem Kontrahenten nicht auf prominenten Beistand aus Berlin, sondern aus München: Der dortige OB Christian Ude (SPD) trifft sich mit Kuhn zum öffentlichen Plauderstündchen. Ansonsten macht Kuhn lieber klassischen Straßenwahlkampf. „Das direkte Gespräch mit dem Bürger liegt mir“, sagt er, während er am Rande des Wochenmarkts vor dem Rathaus seine Flyer verteilt. Kuhns großer Auftritt mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann liegt schon ein paar Wochen zurück, und auch er musste sich dabei Buhrufe und Pfiffe von Stuttgart-21-Gegnern gefallen lassen.

 

Der Grüne, das wird auf dem Marktplatz schnell deutlich, ist bekannt – bei Freund und Feind. „Hallo Herr Kuhn, viel Glück am Sonntag“, spricht ihn ein älterer Herr just vor jenem Marktstand an, wo Sonnenblumen verkauft werden. Das Parteisymbol der Grünen seit eh und je. Auch für die Wähler von übermorgen nimmt sich Kuhn Zeit und verteilt Äpfel an Kinder. Die freuen sich, doch es gibt auch andere Reaktionen. „Ich bin Autofahrer, mit den Grünen hab ich nichts am Hut“, grummelt ein Mann und weist den Kuhn-Prospekt brüsk zurück.



„Die Stimmung zwischen Turner und mir ist schon aggressiver geworden in den letzten Tagen“, sagt Kuhn. Auch manche Kuhn-Fans empfinden das so. Und damit meinen sie nicht nur die Rededuelle der beiden Kontrahenten oder die Anti-Kuhn-Kampagne der CDU. Sie waren bei Merkel und Turner auf dem Marktplatz und fanden, wie es eine Passantin formuliert, „das Krakeelen nicht so gut“. Kuhns Wahlhelfer sind sofort zur Stelle: „Das waren die Anhänger von Rockenbauch.“ Der Frontmann der S-21-Protestbewegung hatte seine Bewerbung für den zweiten Wahlgang zurückgezogen – eine Wahlempfehlung für Kuhn verkniff sich der SÖS-Stadtrat.

Beim Thema Stuttgart 21 tut sich der Grüne immer dann schwer, wenn er auf eingefleischte Projektgegner trifft. Gebetsmühlenartig wiederholt er, dass auch er das Ergebnis des Volksentscheids respektiere, verspricht aber im Gegenzug, der Bahn beim Bau des Tiefbahnhofs genau auf die Finger zu sehen. Doch den Kritikern ist das zu wenig, sie hätten gern, dass der neue OB dem Schienenkonzern auf die Finger klopft. „Ich wähle Sie, aber schweren Herzens“, sagt eine Frau, die den Kopfbahnhof-Button am Revers trägt, „wir wünschen uns mehr Druck von der Landesregierung.“ Kuhn will sich für seine Parteifreunde in der Villa Reitzenstein und im Verkehrsministerium nicht in Haftung nehmen lassen: „Ich bin nicht die Landesregierung.“

Langsam wird es warm auf dem Stuttgarter Marktplatz, und auch die Diskussionen werden hitziger. Der nächste Autofahrer beschwert sich beim grünen Bewerber über das unzureichende Parkplatzangebot in der Innenstadt: „Meine Frau kann mit den Strafzetteln, die sie bekommen hat, schon ihr Zimmer tapezieren.“ Der Kandidat Kuhn entgegnet, er sei kein Autofeind, wie von der CDU und Turner behauptet.

Das Stichwort Bahnhof ist gefallen. In der ersten Reihe der Zuhörer klatscht der bekennende Tiefbahnhof-Fan Pfarrer Johannes Bräuchle begeistert, als Turner ans Mikrofon tritt. Tatkräftig wie eh und je greift der Gottesmann ein, als ein Demonstrant ein Transparent gegen Turner entrollen will. Er werde bei Stuttgart 21 den Bürgerwillen umsetzen, donnert derweil der Kandidat ins Mikrofon, während ein Platzregen niedergeht. Die ohrenbetäubenden Buhrufe und Sprechchöre der Projektgegner quittiert er mit der Bemerkung, das sei „eine gute Vorbereitung auf das Amt“.

Dann knöpft sich Turner auf der überdachten Bühne erst den grünen OB-Aspiranten und dann die Grünen in der Landesregierung vor. Kuhn sei unglaubwürdig, weil er über Jahre für die Citymaut gekämpft habe und nun nichts mehr davon wissen wolle. Außerdem werde der Grüne die Parkgebühren anheben und Tempo 30 einführen – ein Horrorszenario nicht nur für ADAC-Mitglieder. Die Regierung Kretschmann plane die Einführung der Einheitsschule, erhöhe die Schulden und streiche Lehrerstellen: „Das alles brauchen wir im Rathaus nicht.“ Sein Sprecher Stephan Schorn ist da längst klatschnass. Schorn ist die Erschöpfung anzumerken, als er sagt: „Die nächsten Tage bringen wir auch noch rum.“

Fritz Kuhn bleibt den Bürgern auf den Fersen

Auch Fritz Kuhn muss aufpassen, dass ihm auf der Zielgeraden nicht die Puste ausgeht. „Viel trinken ist enorm wichtig“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Es ist kalt an diesem Dienstagmorgen, auch Kuhns Stimme ist vom vielen Reden angekratzt. Er setzt in der Endphase des Wahlkampfs im Gegensatz zu seinem Kontrahenten nicht auf prominenten Beistand aus Berlin, sondern aus München: Der dortige OB Christian Ude (SPD) trifft sich mit Kuhn zum öffentlichen Plauderstündchen. Ansonsten macht Kuhn lieber klassischen Straßenwahlkampf. „Das direkte Gespräch mit dem Bürger liegt mir“, sagt er, während er am Rande des Wochenmarkts vor dem Rathaus seine Flyer verteilt. Kuhns großer Auftritt mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann liegt schon ein paar Wochen zurück, und auch er musste sich dabei Buhrufe und Pfiffe von Stuttgart-21-Gegnern gefallen lassen.

Der Grüne, das wird auf dem Marktplatz schnell deutlich, ist bekannt – bei Freund und Feind. „Hallo Herr Kuhn, viel Glück am Sonntag“, spricht ihn ein älterer Herr just vor jenem Marktstand an, wo Sonnenblumen verkauft werden. Das Parteisymbol der Grünen seit eh und je. Auch für die Wähler von übermorgen nimmt sich Kuhn Zeit und verteilt Äpfel an Kinder. Die freuen sich, doch es gibt auch andere Reaktionen. „Ich bin Autofahrer, mit den Grünen hab ich nichts am Hut“, grummelt ein Mann und weist den Kuhn-Prospekt brüsk zurück.



„Die Stimmung zwischen Turner und mir ist schon aggressiver geworden in den letzten Tagen“, sagt Kuhn. Auch manche Kuhn-Fans empfinden das so. Und damit meinen sie nicht nur die Rededuelle der beiden Kontrahenten oder die Anti-Kuhn-Kampagne der CDU. Sie waren bei Merkel und Turner auf dem Marktplatz und fanden, wie es eine Passantin formuliert, „das Krakeelen nicht so gut“. Kuhns Wahlhelfer sind sofort zur Stelle: „Das waren die Anhänger von Rockenbauch.“ Der Frontmann der S-21-Protestbewegung hatte seine Bewerbung für den zweiten Wahlgang zurückgezogen – eine Wahlempfehlung für Kuhn verkniff sich der SÖS-Stadtrat.

Beim Thema Stuttgart 21 tut sich der Grüne immer dann schwer, wenn er auf eingefleischte Projektgegner trifft. Gebetsmühlenartig wiederholt er, dass auch er das Ergebnis des Volksentscheids respektiere, verspricht aber im Gegenzug, der Bahn beim Bau des Tiefbahnhofs genau auf die Finger zu sehen. Doch den Kritikern ist das zu wenig, sie hätten gern, dass der neue OB dem Schienenkonzern auf die Finger klopft. „Ich wähle Sie, aber schweren Herzens“, sagt eine Frau, die den Kopfbahnhof-Button am Revers trägt, „wir wünschen uns mehr Druck von der Landesregierung.“ Kuhn will sich für seine Parteifreunde in der Villa Reitzenstein und im Verkehrsministerium nicht in Haftung nehmen lassen: „Ich bin nicht die Landesregierung.“

Langsam wird es warm auf dem Stuttgarter Marktplatz, und auch die Diskussionen werden hitziger. Der nächste Autofahrer beschwert sich beim grünen Bewerber über das unzureichende Parkplatzangebot in der Innenstadt: „Meine Frau kann mit den Strafzetteln, die sie bekommen hat, schon ihr Zimmer tapezieren.“ Der Kandidat Kuhn entgegnet, er sei kein Autofeind, wie von der CDU und Turner behauptet.

Schnell ist man wieder beim Thema Citymaut. Dass er die Zufahrt nach Stuttgart mit einer Gebühr belegen wolle, sei eine „unverschämte Unterstellung“ seines Konkurrenten und der CDU, sagt Fritz Kuhn. Es ist spürbar, dass ihn der Vorwurf der Unglaubwürdigkeit persönlich getroffen hat. Seine Wahlhelfer sind dennoch vorsichtig optimistisch, was den Wahlsonntag angeht. „Wenn wir es diesmal nicht schaffen, dann schaffen wir es nie“, sagt die Grünen-Regionalrätin Irmela Neipp-Gereke.

„Ich werde der Bahn nicht hinterherdackeln“

Am Abend heißt es wieder FKK – Fritz Kuhn kommt, diesmal ins Vaihinger Kinder- und Jugendhaus. Rund 50 Zuhörer wollen den Kandidaten sehen. Matthias Filbinger, der vor zwei Jahren aus der CDU ausgetretene Sohn von Ex-Ministerpräsident Hans Filbinger , begrüßt den Kandidaten. Filbinger junior macht jetzt Politik für die Grünen im Vaihinger Bezirksbeirat. Kuhn ölt die Stimme mit Bionade, während er über ökologisch orientierte Wirtschaftspolitik, die Förderung von Migrantenkindern, Bürgerbeteiligung und Stuttgart 21 spricht. „Ich werde der Bahn nicht hinterherdackeln und alles gut finden, was sie sagt“, verspricht Kuhn. Anders als der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl, der für den Fall eines Kuhn’schen Wahlsieges den „Tod für Stuttgart 21“ vorausgesagt hatte, könne er aber nicht versprechen, dass er den Bahnhofsumbau stoppen werde: „Man kann nur das versprechen, was man selbst in der Hand hat.“

Auch der Grünen-Kandidat Kuhn legt jetzt die Samthandschuhe beiseite. Turner sei „ein Lügner“, wenn er behaupte, ein grüner OB werde die Citymaut einführen und stadtweit Tempo 30 anordnen. Er sei für eine abgestufte Geschwindigkeitsbegrenzung, Tempo 30 solle lediglich in Wohngebieten gelten. Zum Abschluss dann die Frage, ob es etwas gebe, was er an seinem Konkurrenten Turner schätze. Der Unternehmer sei schlau und intelligent, „aber er ist politisch nicht vom Fach“, antwortet der Kandidat und fügt hinzu: „Wir sind keine Freunde geworden.“