Weil das Ordnungsamt Personal für die Anmeldung von Flüchtlingen benötigt, werden fünf Bürgerbüros vorübergehend geschlossen. Die Stadt betont, es sei nicht an eine dauerhafte Schließung oder Zusammenlegung gedacht.

Stuttgart - Ist es den Bürgern der Stadtbezirke Degerloch, Stammheim, Hedelfingen, Obertürkheim und Münster zumutbar, für den Zeitraum von sechs Wochen auf ihre Bürgerbüros zu verzichten? Um diese Frage drehte sich am Mittwoch im Verwaltungsausschuss die Debatte. Wie berichtet, hatte das für die Bürgerbüros zuständige Amt für öffentliche Ordnung die Schließung der amtlichen Anlaufstellen verfügt, um kurzfristig Personalkapazitäten für die Anmeldung von rund 3000 in der Stadt lebenden Flüchtlinge freizumachen.

 

Daraufhin hatte es in einigen Stadtbezirken – teilweise befeuert durch die örtlichen Bezirksvorsteher – Proteste von Bürgern gegeben. Gerüchte waberten, über dauerhafte Schließungen oder die Zusammenlegung verschiedener Bürgerbüros in benachbarten Stadtteilen wurde spekuliert. Die Degerlocher Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold etwa hatte darüber geklagt, dass Alternativen nicht ausreichend geprüft worden seien.

Kein „Testlauf“ für dauerhafte Schließung von Bürgerbüros

Im Gefolge hatten die Fraktionen von CDU, SPD und Freien Wählern die Frage nach Alternativen aufgeworfen. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) und seine Amtsleiterin versuchten, den Stadträten die Lage zu erläutern: Man habe aus der Erstaufnahmestelle Karlsruhe Flüchtlinge zugewiesen bekommen, die dort nicht angemeldet werden konnten. Dies müsse nun in Stuttgart nachgeholt werden, damit die Asylsuchenden etwa ein Konto eröffnen oder die Bonuscard beantragen könnten, so die Amtsleiterin.

Es handele sich keinesfalls um einen „Testlauf“ für die Schließung von Bürgerbüros, so Koller. Schairer nannte entsprechende Befürchtungen „abwegig.“ Die Bezirksvorsteher seien über den Schritt informiert, allerdings nicht in das Entscheidungsprozedere einbezogen gewesen, sagte Dorothea Koller. Insgesamt seien elf Mitarbeiter der Büros zusammengezogen worden, um in anderen Bürgerbüros bei der Bearbeitung der Anmeldungen zu unterstützen. Man sei guter Hoffnung, den Meldestau in sechs Wochen abgearbeitet zu haben.

Während sich CDU-Stadtrat Jürgen Sauer mit den Antworten zufrieden zeigte („Hier wurde dringend notwendige Aufklärung geleistet“) und die Bevölkerung um Verständnis bat, zeigte sich SPD-Fraktionschef Martin Körner „unglücklich“ über die Schließung. Zwar erkenne er die Belastung der Flüchtlinge an, man dürfe aber auch die Nöte der betroffenen Bürger, die nun ihr Anliegen in einem der anderen verbliebenen 17 Bürgerbüros bearbeiten lassen müssen, nicht außer Acht lassen. Warum die Verwaltung nicht besser alle Büros an zwei Tagen zugemacht habe, um Personal für die Bearbeitung der Anmeldungen zu generieren, fragten Körner und Grünen-Sprecherin Anna Deparnay-Grunenberg.

Personalrat fordert bessere personelle Ausstattung

Weil dann in weniger Zeit noch mehr Arbeit für die Mitarbeiter zu erledigen sei, antwortete die Amtsleiterin. Ohnehin sei man personell an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Hannes Rockenbauch forderte eine Aufstockung des Personals, um einen „Puffer für Ausnahmesituationen“ zu haben. “ Rose von Stein (Freie Wähler) plädierte für eine „diskursive Bürgerbeteiligung“, bevor man solch drastische Schritte ergreife.

Und für AfD-Sprecher Lothar Maier ist klar: „Wir brauchen mehr Personal, der Massenzustrom an Flüchtlingen geht ungebrochen weiter.“ Auch der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats Markus Freitag wies auf den hohen Krankenstand in den Bürgerbüros hin. Wenn man den dezentralen Service vor Ort wolle, müsse der Gemeinderat die personellen Voraussetzungen dafür schaffen.

Als schließlich Stammheims Bezirksvorsteherin Susanne Korge von „schlechter Stimmung“ in der Bevölkerung sprach und die Befürchtung äußerte, die Landtagswahl könne zumindest in Stammheim nur eingeschränkt stattfinden, weil die Bürgerbüros die Briefwahlunterlagen nicht aushändigen könnten, platzte Ordnungsbürgermeister Schairer der Kragen: „Die Wahlunterlagen gibt’s beim Bezirksamt, nicht beim Bürgerbüro.“ Im Übrigen unterstünden die Bürgerbüros dem Ordnungsamt, nicht den Bezirksvorstehern. Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle blieb das Schlusswort vorbehalten: „Wenn sich die Flüchtlingskrise in Stuttgart nur so äußert, haben wir die Lage ganz gut im Griff.“