Die Altstadträtin der Grünen Ursula Marx soll Behindertenbeauftragte werden, doch sowohl die CDU und als auch die SPD sind dagegen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Landeshauptstadt braucht dringend einen Beauftragten für die Belange behinderter Menschen. Das ist die einhellige Meinung aller Ratsfraktionen. Die passende Person für den ehrenamtlichen Posten ist aus Sicht der Verwaltung gefunden: Altstadträtin Ursula Marx. Die Wahl der 67-Jährigen, die lange Jahre einen Sitz für die Grünen im Rat hatte, stößt auf Widerstand bei CDU und SPD, die nicht mit ihrem Parteibuch einverstanden sind. Doch Ursula Marx hat bereits eine mündliche Zusage ihrer Bestellung. Jetzt haben Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) und Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) ein Problem.

 

In den Haushaltsberatungen sind sich noch alle Fraktionen einig gewesen. Behinderte Menschen und ihre Angehörigen brauchen endlich einen Ansprechpartner, der sich um ihre Sorgen und Nöte kümmert, der Kontakt hält zu Verbänden, Gruppen, Arbeitgebern und den Trägern der Behindertenhilfe. Dadurch soll die Lage von behinderten Menschen in der Stadt weiter verbessert werden. Das Ehrenamt ist mit einer „angemessenen Aufwandsentschädigung“ und jährlich 35 000 Euro für eine hauptamtliche Kraft ausgestattet, es soll dem Sozialreferat zugeordnet sein. Auch ein Auswahlverfahren hatte der Gemeinderat schon beschlossen: Das Sozialreferat sollte für das Amt eine „geeignete, erfahrene, engagierte und unabhängige Persönlichkeit“ vorschlagen, der Oberbürgermeister diese dann bestellen.

Personalie sorgt für Unmut im Ältestenrat

Als Wolfgang Schuster und Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer die Personalie Ursula Marx kürzlich im Ältestenrat bekanntgaben, war die Überraschung bei allen Fraktionen groß – und bei einigen auch der Unmut. „Ich habe nichts gegen Frau Marx, aber ich finde, wir wären mit einer nicht parteipolitisch gebundenen Person besser beraten“, sagt CDU-Stadträtin Iris Ripsam. Sie kennt die Nominierte, die zwölf ihrer 15 Jahre im Rat Fraktionssprecherin neben Werner Wölfle war, durch die gemeinsame Arbeit im Sozialausschuss gut. Ursula Marx sei stets „massiv parteipolitisch aufgetreten“, sagt sie, in der Öffentlichkeit werde sie weiterhin als Grüne wahrgenommen. Ripsam fordert deshalb einen weiteren „Suchlauf“ nach möglichen Behindertenbeauftragten. Ähnlich, wenn auch nicht namentlich, äußert sich jemand aus der SPD-Fraktion. „Voll daneben“ sei die Entscheidung. Ursula Marx sei stets „sehr eindeutig parteipolitisch aufgetreten“, Neutralität, wie sie in dem neuen Ehrenamt erforderlich sei, könne man von ihr weniger erwarten. „Da hat sich jemand ziemlich vergaloppiert.“

Bürgermeisterin ist wegen der Kritik überrascht

Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer ist über die Kritik an ihrem Personalvorschlag und über die doch „gravierenden Einwände“ erstaunt. Ursula Marx bringe für die Aufgabe „viel Erfahrung, Kompetenz und Zeit“ mit, sie sei aufgrund ihrer bisherigen, auch ehrenamtlichen sozialen Arbeit „gut vernetzt“ in der Stadt und besitze die Fähigkeit, die Notwendigkeit von Neuerungen einzuschätzen, aber ebenso deren Machbarkeit. Das Ehrenamt sei natürlich „keine politische Position“, dies würde sie „gar nicht zulassen“. Da die Fraktionen in der Sache noch Gesprächsbedarf angemeldet hätten, werde sie nach Ostern auf diese zugehen. Zwar liege das Vorschlagsrecht bei ihr, die Bestellung beim Oberbürgermeister, „aber wir wollen das nicht formal durchziehen, sondern Einvernehmen mit dem Rat herstellen“, sagte Fezer.

Marx hat bereits ein anderes Ehrenamt niedergelegt

Während es in der Kommunikationsabteilung des Oberbürgermeisters derweil heißt, die Entscheidung sei „noch nicht gefallen“, erhielt Ursula Marx vor knapp zwei Wochen eine mündliche Zusage, dass sie zur Behindertenbeauftragten bestellt werde. „Ich habe viele Ideen, ich bin emotional schon voll in der Sache drin – eine großartige Aufgabe“, sagt Marx in ihrer engagierten Art. Ihren Posten als Kreisvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands hat sie unverzüglich abgegeben, die ersten Termine sind ausgemacht. Sie halte sich an die mündliche Zusage, sagt Marx, ansonsten halte sie sich aus der Sache raus. Ihre parteipolitischen Aktivitäten habe sie mit dem Ende ihrer Gemeinderatszeit eingestellt. „Das ist für mich vorbei“, sagt die 67-Jährige. Dies könne man daran erkennen, dass auch die Grünen nichts von der Personalie gewusst hätten.

Unterdessen haben Silvia Fischer und Peter Pätzold, die Fraktionsvorsitzenden der Grünen, sich in einem Brief an Wolfgang Schuster gewandt mit der Forderung, dass die Zusage an Ursula Marx „weiterhin gilt“, auch in der Öffentlichkeit.