Im Prozess gegen die Autonomen Nationalsten Göppingen hat der zweite geständige Angeklagte mit seiner Aussage begonnen. Man habe ja nur etwas gegen kriminelle Ausländer gehabt, sagt er. „Heil Hitler“ hieß es nur zum Spaß am Telefon.

Stuttgart/Göppingen - Man habe gar nichts gegen Ausländer gehabt, „nur gegen kriminelle“, sagt der Angeklagte Stephan H. am Montag im Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der Autonomen Nationalisten Göppingen (ANGP). „Zum Chinesen sind wir auch alle gegangen“, so der 31-Jährige. Die Männer müssen sich wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor der Staatsschutzkammer des Stuttgarter Landgerichts verantworten. Die Autonomen Nationalisten hatten mit Demonstrationen, Aufklebern und gewalttätigen Übergriffen mehrere Jahre lang Ärger in Göppingen bereitet. Ende des vergangenen Jahres 2014 wurden sie von Innenminister Reinhold Gall (SPD) verboten.

 

„Die Ziele der NPD schienen mir realistischer“

Er sei über den Mitangeklagten Daniel R. zu der rechten Gruppe gekommen und habe seinen Geislinger Freundeskreis mitgebracht, berichtet H. Über einen gemeinsamen Namen für die Gruppe, die aus drei Fraktionen mit verschiedenen Interessen bestanden habe, sei in seiner Gegenwart nie gesprochen worden. Er habe sich nicht als AN-Mitglied betrachtet und auch nicht das Ziel gehabt, das politische System der Bundesrepublik Deutschland abzuschaffen. „Meine Ziele waren die der NPD, bei der ich auch Mitglied war. Das erschien mir realistischer.“

Vor allem sei es darum gegangen, dass die rechte Szene in Göppingen neue Leute gewinne und wieder mehr Aktionen wie Partys und Demonstrationen mache. Darüber, was das weitere Ziel sei, hätten sie nicht nachgedacht. „So weit waren wir nicht.“ Parolen wie „Heil Hitler“ seien nur im Suff gerufen worden – oder manchmal in Telefonaten aus Spaß, sagt der 31-Jährige. In der Gruppe habe es öfter Streit gegeben.

Eine Schulung öffnet ihm die Augen

Ein schlechtes Zeugnis stellt er Daniel R. aus. Dieser habe sich bei Demonstrationen immer in den Vordergrund gespielt und versucht, den Anführer rauszukehren. „Er hat Leuten mit Schlägen gedroht, wenn sie nicht mitgehen wollten, oder sie hinter ihrem Rücken schlechtgemacht.“ Deshalb sei er nachher bei den Geislingern nicht mehr gut angesehen gewesen.

Bei einer Rechtsschulung im Frühjahr 2013 habe er begriffen, wie nah sich die Gruppe an der Grenze zur Kriminalität bewege, sagt Stephan H. Deshalb sei er auf Distanz zu den drei Mitangeklagten gegangen. Mit ihm hätten auch die anderen Geislinger der Gruppe den Rücken gekehrt. Seit dieser Zeit habe den AN dann auch der Keller in Geislingen nicht mehr zur Verfügung gestanden.

Dem Linken Christian Stähle aufgelauert?

Dass Mitglieder der Gruppe irgendwelchen Linken aufgelauert hätten, habe er nicht mitbekommen, sagt der 31-Jährige. Daniel R. hatte zuvor ausgesagt, dass er und ein Mitangeklagter Ende Februar des Jahres 2012 hinter einer Friedhofsmauer auf den Linken-Stadtrat Christian Stähle gewartet hätten, um ihn zu vermöbeln. Passiert ist allerdings nichts. „Er ist nicht gekommen“, lautete die Begründung.

Die Vernehmung von Stephan H. ist zunächst bis zum kommenden Montag geplant. Vom folgenden Donnerstag an sollen erste Zeugen gehört werden.