Die Aufsicht hat die Auflösung einer zwischengeschalteten Stiftung 2004 ohne lange Prüfung abgenickt. Helga Breuninger bereut nicht, den Verkauf der Anteile damals auf zwei von fünf Stiftungsvorstände beschränkt zu haben.

Stuttgart - Allzutief hat Udo Andriof damals nicht geschürft, als er seine Zustimmung zur Auflösung der Breuninger Stiftung gab. „Wir haben nicht krampfhaft nach Gründen gesucht, warum es nicht geht“, sagt Andriof, der von 1989 bis 2007 das Regierungspräsidium Stuttgart und damit die Stiftungsaufsicht geleitet hat. Andriof tritt als Zeuge im Prozess um die Breuninger-Anteile vor dem Oberlandesgericht Stuttgart auf, und ergänzt, dass die Behörde unter seiner Führung „eine investitionsfreundliche Linie gefahren“ habe.

 

Die Auflösung der Breuninger Stiftung im Jahr 2004 ist der Schlüssel zum Verständnis des gesamten Prozesses, in dem es um den Anspruch des Rechtsanwalts Wolfgang Blumers geht, an Breuninger beteiligt zu werden. Dieses Recht hat ihm die erste Instanz zugebilligt; jetzt wird die Berufung der beiden Eigentümer Willem van Agtmael und Wienand Meilicke verhandelt.

Bis zum Sommer 2004 war das Kaufhausunternehmen noch im Besitz einer Doppelstiftung, die der 1980 verstorbene Heinz Breuninger gegründet hatte. Eine Stiftung übte die Macht im Konzern aus, die andere Stiftung, geleitet von Heinz Breuningers Tochter Helga, betätigte sich gemeinnützig und setzte dabei Geld ein, das das Kaufhaus mit seinem Geschäften verdiente. Helga Breuninger kam dann nach eigenen Angaben auf die Idee, das Schicksal „ihrer“ Stiftung von dem des Kaufhauses zu trennen. Dem Vorschlag stimmte der Stiftungsvorstand einstimmig zu. Alle fünf Stiftungsvorstände sollten das Kaufhaus erwerben und Helga Breuninger für ihre Stiftung den Kaufpreis erhalten: 41,1 Millionen Euro – ein Preis, den Richter Andreas Patschke bei der Verkündung des Urteils des Landgerichts einen „Freundschaftspreis“ nannte.

Drei Vorstände sind leer ausgegangen

Beim Erwerb kamen aber nur die Stiftungsvorstände van Agtmael und Meilicke zum Zug. Blumers ging ebenso leer aus wie zwei weitere Mitglieder, die das letztlich aber hinnahmen. Blumers gibt nicht nach, nachdem ihn die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, bei der er einst Partner war, nicht mehr am Anteilerwerb hindern kann. Die Wege haben sich längst getrennt.

Im Jahr 2004 haben die fünf Vorstände der Auflösung der Stiftung zugestimmt; anschließend wurde deren Besitz – die Kaufhauskette – auf zwei dieser Vorstandsmitglieder übertragen. Dass eine Stiftung offenbar mit einem Federstrich aufgelöst werden kann und zwei der fünf Akteure davon profitieren, hat schon damals für viel Argwohn gesorgt.

Allerdings nicht bei Andriof. Ihm sei es bei der Prüfung nur um zwei Punkte gegangen: Dient der Schritt dem Wohlergehen des Kaufhauses, und kann Helga Breuninger weiter wohltätig wirken? Beide Fragen bejahte der mittlerweile 73-Jährige und setzte das mit dem Willen des Stifters Heinz Breuninger gleich. Kommentar von Blumers-Anwalt Alexander Burger: „Der Stifterwille hat für Sie offenbar keine Rolle gespielt!“

Der zuständige Referatsleiter war bei keinem Treffen dabei

Andriof besprach seine Einschätzung mit van Agtmael, Helga Breuninger und Meilicke – in vier Sitzungen, bei denen der für Stiftungsfragen zuständige Referatsleiter nie dabei war, obwohl er den Fall auf der Fachebene behandelt hatte. Die Sache ging schnell über die Bühne: Am 9. Juli 2004 wurde der Antrag auf Auflösung der Stiftung vorgelegt, am 2. August stimmte das Regierungspräsidium zu. Wer die Anteile erwarb, war Andriof nicht gerade völlig gleichgültig, aber: „Das hat uns nur in zweiter Linie interessiert. So personengebunden haben wir das nicht gesehen.“ Für Helga Breuninger, die ebenfalls am Mittwoch als Zeugin geladen war, hat sich die damalige Entscheidung mehr als bewährt: „Wenn er auf uns heruntergucken könnte, wäre mein Vater mit der Firma und mit der Stiftung zufrieden“, sagte die 68-jährige Psychologin und Volkswirtin im Gerichtssaal.

Man habe damals zwei Jahre lang gesucht, bis eine Form gefunden war, welche die Tochter von Heinz Breuninger zufriedenstellte: Zunächst habe sie die Anteile des Unternehmens lediglich an Willem van Agtmael abgeben wollen, später an vier der fünf Vorstände und schließlich nur noch an die beiden heutigen Mehrheitseigentümer Meilicke und van Agtmael. Letzterer sei wie ein „Adoptivsohn“ für Heinz Breuninger gewesen, sagte die Zeugin über das enge Verhältnis des engen Vertrauten des Gründerenkels, der 1980 auch dessen Nachfolge in der Geschäftsleitung übernahm.

Die Klägerseite zweifelte diese enge Bindung mit dem Verweis auf zwei Passagen in Heinz Breuningers Testament an. In einer heißt es, dass van Agtmael als Leiter des Kaufhausunternehmens ausscheiden solle, wenn dieses drei Jahre in Folge keinen angemessenen Gewinn einfahre. „Das hätte er auch bei einem leiblichen Sohn gemacht“, sagte Helga Breuninger energisch. Als schwäbischer Unternehmer alten Schlages habe sich Breuninger strikt nach dem Leistungsprinzip ausgerichtet. Frauen waren für solche Führungspositionen nach seiner Auffassung nicht geeignet: „Ich bin die Tochter von Heinz Breuninger; mir hat er die Firma nicht übertragen, weil ich eine Frau bin“, sagte Helga Breuninger. „Sie kämpfen um ein großes Erbe, auf das ich verzichtet habe“, sagte sie zu Blumers. Von Nebenabreden, die drei leer ausgegangenen Vorstände später zu beteiligen, habe sie nichts gewusst: „Sonst wäre ich ausgestiegen.“