Schriftstücke belegen: der DFB ist beim Thema Pyrotechnik im Stadion zu Zugeständnissen bereit gewesen – entgegen öffentlicher Erklärungen.  

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Deutlicher hätten die Ansagen nicht sein können. Nachdem es immer wieder in den Kurven der Fußball-Bundesliga gebrannt hatte, galt es, gewisse Dinge klarzustellen. Zu löschen, sozusagen. Also sprachen die Vertreter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) am 2. November nach einer Sitzung Klartext.

 

Der DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte: "Pyrotechnik hat in den Stadien nichts zu suchen, der Einsatz ist komplett ausgeschlossen, er ist illegal. Wer es macht, begeht einen Gesetzesverstoß." Und der DFL-Boss Reinhard Rauball ergänzte: "Es hat grundsätzlich nie die Bereitschaft gegeben, die Beschränkung zu lockern. Sollte das nicht auf die Arbeitsebene durchgedrungen sein, müssen wir Kommunikationsfehler eingestehen."

Kommunikationsfehler? Arbeitsebene? Damit zielte Rauball auf die Gespräche mit der Initiative "Pyrotechnik legalisieren - Emotionen respektieren". Mit der hatte sich der damalige DFB-Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn zweimal getroffen - und im Nachhinein soll alles, was besprochen wurde, ein Missverständnis gewesen sein. Ein ziemlich großes, das viel erklärt. Interne Protokolle, aus denen „Spiegel Online“ zitiert hat, und die auch der StZ vorliegen, zeigen nämlich, dass die Vertreter der DFL und des DFB zu großen Zugeständnissen bereit waren. Zündeln sollte nicht "grundsätzlich" erlaubt werden, aber eventuell unter gewissen Auflagen. Man dachte bereits pyrotechnische Pilotprojekte an. So steht es in der - wie explizit erwähnt wird - mit dem DFB und der DFL abgestimmten "Zusammenfassung der Vereinbarung der Kampagne Pyrotechnik legalisieren und dem DFB nach dem Treffen vom 7.7.2011".

Wer wusste von der Absprache?

Darin verpflichtet sich die Fankampagne zu einem pyrotechnischen Moratorium. Sollte die "Selbstregulierung" funktionieren, wolle sich der DFB mit ihren Vertretern treffen - "zwecks detaillierter Ausarbeitung der Bedingungen, unter welchen der Abbrand möglich sein soll". Vereine könnten dann die Erlaubnis für das Abbrennen durch die Szene beantragen, heißt es weiter. Zudem wurden beim Punkt "Unter welchen Aspekten darf gezündelt werden?" Spielregeln definiert, wie etwa: "Namenslisten. Dem DFB ist wichtig, dass nicht anonym gezündet wird. Details müssen beim nächsten Treffen ausgearbeitet werden." Des Weiteren sollte Pyrotechnik nur vor dem Spiel, in der Halbzeit und nach dem Spiel möglich sein. Denkbar seien mit den Behörden abgestimmte "Pyrozonen". In dem Dokument "Talking Points Pyro" kann man unter anderem lesen: "In einer erfolgreichen Selbstregulierung der Fans sehen alle Gesprächspartner die Chance auf ein wirkungsvolles Signal. Im Erfolgsfall geht der DFB einen Schritt auf die Gruppierungen und Vereine zu und ermöglicht im Rahmen von Einzelfallprüfungen unter bestimmten Voraussetzungen den kontrollierten Einsatz von Pyrotechnik."

Dann folgte die Kehrtwende. Beim dritten Treffen - ohne Spahn, der in der Zwischenzeit den DFB verlassen hatte - wurde der Pyrotechnik eine Absage erteilt. Der Dialog war beendet, Fragen bleiben. Gab es Druck? Sind Spahn und Co. übers Ziel hinausgeschossen? Wer wusste von der Absprache? Der DFB verweist auf eine Presseerklärung, dass "der auf operativer Ebene nach außen erweckte Eindruck, ein Sportverband könne Pyrotechnik zulassen" im Widerspruch zur Gesetzeslage stehe. Dies, so heißt es im DFB, habe man in der Runde vielleicht nicht von Anfang an deutlich genug gemacht. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Helmut Spahn nicht befugt war oder keine Rücksprache gehalten hat", sagt dagegen Anke Wiedenroth, die für die Initiative bei den Gesprächen dabei war.