Die Finanzaufsicht Bafin führt Sonderprüfungen bei mehreren deutschen Instituten durch, die sich an der Euribor-Erhebung beteiligen – auch die LBBW ist daran beteiligt.

Stuttgart - Die deutsche Finanzaufsicht Bafin greift im Skandal um Zinsmanipulationen durch. Seit vergangenem Jahr liefen schon Sonderprüfungen bei mehreren deutschen Banken, die an der Erhebung des europäischen Referenzzinssatzes Euribor beteiligt seien, sagte ein Bafin-Sprecher. „Wir prüfen, wie sich die beteiligten Banken in diesem Bereich organisiert haben und ob sie eine angemessene Risikovorsorge getroffen haben.“ Die Bafin nimmt seit Sommer 2012 alle deutschen Banken unter die Lupe, die an der Festsetzung des Euribor beteiligt sind. Unter anderem mussten die Geldhäuser umfangreiche Fragenkataloge beantworten. Damit will die Aufsicht herausfinden, ob es Einfallstore für Manipulationen geben könnte.

 

Dass sie dabei auch Sonderprüfungen vornimmt – das schärfste Schwert der Bafin – war bisher jedoch nicht bekannt. Bei einer Sonderprüfung schickt die Bafin eigene Prüfer oder externe Gutachter in die Geldhäuser, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Zur Zahl der betroffenen Banken und deren Namen wollte sich der Bafin-Sprecher nicht äußern. Weltweit stehen mehr als ein Dutzend Banken im Verdacht, Zinssätze zu ihren Gunsten manipuliert zu haben. Die Schweizer UBS musste deswegen bereits mehr als eine Milliarde Euro an Strafe zahlen. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, dass es wegen der Euribor-Erhebung Sonderprüfungen bei der Deutschen Bank, dem WestLB-Nachfolger Portigon und zwei weiteren deutschen Instituten gebe. Die beiden Häuser wollten sich dazu nicht äußern. Bei der Deutschen Bank läuft seit einiger Zeit eine Sonderprüfung wegen der Erhebung des Londoner Interbankenzinses Libor, unter anderem musste Co-Chef Anshu Jain Rede und Antwort stehen. Dabei wurde Finanzkreisen zufolge von Anfang auch die Euribor-Festsetzung beleuchtet. Bei Portigon läuft Finanzkreisen zufolge ebenfalls eine Sonderprüfung wegen der Libor-Festsetzung, an der das Vorgängerinstitut WestLB teilgenommen hatte. Es sei durchaus denkbar, dass dabei auch die Euribor-Festsetzung geprüft werde, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters.

Viele Banken beschweren sich über den bürokratischen Aufwand

Ähnlich wie beim Libor, der im Zentrum des Manipulationsskandals steht, beruht der Euribor auf den Angaben der Banken zu ihren Refinanzierungskosten. Sie melden einmal täglich die Zinsen, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen. Auf dieser Basis wird dann der Euribor-Referenzzins ermittelt, an dem sich die Preise für viele Finanzprodukte wie Hypotheken oder Tagesgeld orientieren. Der Libor ist zwar der weltweit bedeutendere Satz, in Europa spielt der Euribor aber für einige Produkte eine wichtigere Rolle. Beide Zinssätze sind die Basis für weltweite Finanztransaktionen im Volumen von mehreren Hundert Billionen Dollar. In Deutschland sind an der Festlegung des Euribor Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Helaba, NordLB und Landesbank Berlin beteiligt. Alle betroffenen Banken hätten im Rahmen der Bafin-Prüfung gut mit der Aufsichtsbehörde kooperiert, hieß es in Aufsichtskreisen. Allerdings klagen viele Bankmanager über den bürokratischen Aufwand und fragen sich, ob sie weiter an der Euribor-Erhebung mitwirken wollen. Deka und BayernLB sind bereits aus der Euribor-Festsetzung ausgestiegen. LBBW und NordLB prüfen einen Abschied.

Neben dem bürokratischen Aufwand befürchten viele Bankmanager teure Prozesse, falls es bei der Erhebung oder Übermittlung der Euribor-Daten zu Fehlern kommt. Die Austrittswelle droht die Pläne von Politikern und Aufsehern zu untergraben, die den Euribor reformieren und zuverlässiger machen wollen. Je weniger Institute bei der Festlegung mitmachen, desto einfacher ist es für Einzelne, den Satz durch falsche Angaben zu verzerren.