Nach dm mageren 1:1 gegen den KSC im Hinspiel der Relagation muss der Fußball-Bundesligist Hamburger SV jetzt im Rückspiel alles geben. Die Frage ist nur: kann er das?

Hamburg - Es schien, als ticke die Bundesliga-Uhr des Hamburger SV am späten Donnerstagabend deutlich langsamer. Das 1:1 im Hinspiel der Relegation gegen den Karlsruher SC um die Zugehörigkeit zur Fußball-Bundesliga bereitete wohl auch dem Präzisionswerk des Digitalanzeigers in der Arena im Volkspark Mühe. 51 Jahre, 277 Tage, 5 Stunden, 20 Minuten und ein paar Sekunden zeigte der Chronometer an. Das Spiel war beendet, aber die Fans verharrten kraftlos auf der Nordtribüne. Ihnen saßen noch Minuten nach dem Abpfiff Klöße im Hals: Sie schwiegen. Irgendwann berappelten sie sich. „Auswärtssieg! Auswärtssieg!“, schallte es durch die fast leere Arena. Möglich ist es, aber ist es auch realistisch?

 

Knapp 15 Minuten redeten der Trainer Bruno Labbadia und der Sportchef Peter Knäbel am Tag nach dem Spiel mit der Mannschaft und appellierten an ihren Überlebenswillen. Labbadia muss erneut alle Register ziehen, um seinem Team mentale Stärke zu vermitteln. „Die Mannschaft gibt sich nicht auf. Sie lag am Boden und ist wieder aufgestanden“, beteuerte der 49-jährige Hesse. Am Montagabend (19 Uhr/ARD) will der Bundesligist den Kopf aus der Schlinge ziehen. „Wir werden in Karlsruhe wieder einen Fight abliefern und sehen, was wir hinbekommen“, so der Coach.

Der HSV ist die schlechtere Mannschaft

Im Hinspiel war der höherklassige Verein 70 Minuten lang die schlechtere Mannschaft. „Wir sind der Bundesligist. Wir sind die Mannschaft mit der höheren Qualität“, behauptete Ivo Ilicevic, der den Ausgleich für die Gastgeber erzielt hatte, und er ergänzte: „Wir waren die bessere Mannschaft.“ Wenn Fehlurteile selbstmotivierend sind, sind sie leichter zu verzeihen.

Die meiste Zeit demonstrierte der HSV, warum er eigentlich absteigen muss. Es fehlt bei den Hanseaten am Elementaren. „Es war zu viel Hektik drin, wir haben zu viele Fehlpässe gespielt“, beklagte sich Labbadia. Der Rechtsverteidiger Heiko Westermann stimmte zu: „Wir hatten brutale Ballverluste.“

Zu mehr Selbstkritik riet der KSC-Mittelfeldabräumer Dominic Peitz den Hamburgern: „Wenn 50 Millionen nicht mehr einfällt, dürfen wir echt stolz sein“, meinte er und spielte auf den Gehaltsetat der Hamburger von rund 52 Millionen Euro an. „Ich finde grundsätzlich auch, dass der HSV in die Bundesliga gehört. Aber wenn ein Verein zweimal in Folge in die Relegation geht, ist wohl irgendetwas schiefgelaufen.“

Der Wildpark soll brennen

Der KSC kann am Montag im 27 000 Zuschauer fassenden Wildparkstadion pflegen, was er optimal beherrscht: das Kontern. Aufgrund des Auswärtstores muss der HSV das Spiel machen. Genau das kann er aber nicht. Ihm fehlen die Ideen und die richtigen Spieler. Lewis Holtby demonstrierte erneut, dass er ein solcher Typ im kreativen Mittelfeld nicht ist. Und so stellt sich der HSV-Verteidiger Dennis Diekmeier auf Schwerstarbeit ein. „Das wird ein Schweinespiel“, meinte er. „Wir können mit dem 1:1 blendend leben“, sagte derweil der KSC-Trainer Markus Kauczinski und versprach: „Der Wildpark wird brennen!“