Auf der Internet-Konferenz Republica diskutieren Aktivisten und Blogger über aktuelle Themen. Ein Thema: der Videodienst Netflix, der mit seinem Online-Angebot den TV-Markt erobern will. Doch der Kampf um Film- und Serienfans ist hart.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Berlin - Mit seinem Online-Videodienst will Reed Hastings den weltweiten TV-Markt erobern. Das macht der Netflix-Chef gleich zu Beginn seiner Rede auf der  Bloggerkonferenz Republica am Dienstag in Berlin klar. Mit ausgebreiteten Armen stellt sich Reed Hastings vor das Publikum und ruft ins Mikrofon: „Ich hoffe, dass nicht alle von euch schon Mitglieder sind – damit wir noch wachsen können.“ Doch viele Nutzer wird der Streaming-Dienst auf dem Internettreffen wohl nicht mehr zusätzlich für sich gewinnen können. Bei der Frage, wer bereits ein Abo abgeschlossen habe, recken fast alle Besucher die Hand in die Höhe.

 

Für viele Netznutzer ist es bereits zum Alltag geworden, ihre Lieblingsserien und Samstagabendfilme direkt im Internet anzuschauen. Videoplattformen wie Netflix profitieren dabei vor allem vom enormen Serienboom, den Erfolgsformate wie das Drogendrama „Breaking Bad“ in den vergangenen Jahren losgetreten haben. Der Vorteil der Video-on-Demand-Angebote: im Gegensatz zum linear ausgestrahlten Fernsehprogramm verpassen die Zuschauer keine Folge, die zu einer bestimmten Zeit ausgestrahlt werden. Damit bedienen Netflix und Co. auch das sogenannte Binge-Watching, also den Trend, eine ganze Staffel am Stück zu schauen – ohne auf die nächste Folge warten zu müssen.

„Jedes Video wird irgendwann im Internet gezeigt“

Sich Filme und Serien zu einer bestimmten Uhrzeit im Fernsehen anzuschauen wird laut Hastings in den kommenden Jahren immer weniger werden. „Lineares Fernsehen ist wie ein Faxgerät“, sagt Hastings. Vor vielen Jahren waren Faxe ein beeindruckendes Kommunikationsmittel, heute gebe es jedoch bessere Möglichkeiten. „Jedes Video wird irgendwann im Internet gezeigt werden.“

Zumindest ein Teil der Fernsehzuschauer nutzt die Online-Angebote jetzt schon. Einer Studie des Marktforschungsinstitut Nielsen zufolge ist die Anzahl der US-Bürger mit einem Videostreaming-Abo im vergangenen Jahr von 36 auf 40 Prozent gestiegen. Demnach wenden sich vor allem junge Menschen und Familien mit Kindern von den klassischen Kabelanbietern ab und steigen auf Online-Videotheken um. In Deutschland wächst die Zahl der Online-Videotheken-Nutzer ebenso: Laut der Beratungsfirma Goldmedia nutzt bereits ein Drittel der Bürger mit Internet-Zugang einen Video-on-Demand-Service.

Netflix will vor allem seine Reichweite erhöhen

Auf seinem Feldzug gegen das lineare Fernsehen will Netflix vor allem seine Reichweite erhöhen. Bereits in 50 Ländern ist die Plattform freigeschaltet. Ein teures Projekt. Vor allem die massive Werbe-Offensive verschlingt viel Geld. Zwar erwirtschaftete Netflix im ersten Quartal dieses Jahres einen Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Dollar, doch mit der Expansion ins Ausland fuhr der Konzern einen herben Verlust von 65 Millionen Dollar ein. Ein Jahr zuvor verlor Netflix mit den Investitionen im Ausland noch 35 Millionen Dollar.

Doch hierzulande muss sich Netflix auf einem harten Konkurrenzkampf stellen. Mit Watchever, Maxdome, Sky Deutschland und Amazon Prime ist der Markt schon gut gesättigt mit Video-on-Demand-Anbietern. Aus der Goldmedia-Studie von Februar zufolge dominiert Amazon mit seinem Online-Video-Angebot den Markt in Deutschland. Etwa ein Drittel der Online-TV-Nutzer greift demnach auf das Angebot Prime Instant Video des Internet-Kaufhauses zurück. Netflix platziert sich mit 8 Prozent knapp hinter Google Play (10,8 Prozent), iTunes und Watchever (beide 11,3 Prozent).

US-Abonnenten haben ein anderes Programm

Um die Kunden auf den eigenen Kanal zu locken, setzt Netflix auf exklusive Inhalte. Die Online-Videothek sicherte sich dafür etwa die Rechte an der Superhelden-Serie „Daredevil“ und schloss einen Deal mit dem Comedystar Adam Sandler, der vier Filme exklusiv für Netflix produzieren soll.

Auch die Rechte an der Politthriller-Serie „House of Cards“ hat sich Netflix geschnappt. Allerdings nicht für alle Länder. In Deutschland besitzt derzeit noch Sky die Exklusivrechte an der Serie. Die Folge: während die US-Bürger sich schon seit Monaten die dritte Staffel bei Netflix anschauen können, darf die Videoplattform ihre Vorzeigeserie mit Hollywood-Star Kevin Spacey hierzulande noch nicht ausstrahlen. „Wir konnten uns nur die Rechte für die USA leisten“, sagt Hastings. Das bleibe aber eine Ausnahme.

Die Lizenzen werden für jedes Land einzeln vergeben

Im Filmgeschäft ist es üblich, dass die Lizenzen für jedes Land einzeln vergeben werden. Die Folge: die Netflix-Abonnenten sehen in den USA ein anderes Programm als in Deutschland. Mit technischen Mitteln lassen sich diese Ländergrenzen umgehen. Das verbietet Netflix zwar in den Nutzungsbedingungen, gibt sich aber keine große Mühe damit, das zu verhindern. Wenn es nach Hastings geht, dann würde er die Ländergrenzen einreißen, weltweite Lizenzen einführen und die Filme mit dem Kinostart auch bei Netflix zeigen. Doch da haben die Produktionsfirmen natürlich etwas dagegen, weil sie auch an den Kinokassen und beim Verkauf der DVDs mitverdienen wollen. Das Fazit von Reed Hastings: „Die einzige Chance, die Rechte für die ganze Welt zu besitzen, ist, die Serie selbst zu produzieren.“

Denn von den TV-Sendern mit hochwertigen exklusiven Inhalten werde Netflix blockiert, so Hastings. Dazu zählt der US-Sender HBO, der die Rechte an Erfolgsserien wie „Game of Thrones“ und „True Detective“ besitzt. HBO hat nun auf den Druck von Netflix reagiert und vor einigen Wochen eine Kooperation mit dem Computerkonzern Apple verkündet. Der Sender speist seine Erfolgsserien seither selbst in eine eigene Videoplattform ein. Für 15 Dollar im Monat können die US-Zuschauer auf die Eigenproduktionen des Senders zugreifen.