Geschäftsleute und Passanten stören sich an dem Camp osteuropäischer Clans im Oberen Schlossgarten. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer sucht nun nach Lösungen – und lädt zum Gespräch.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Liegewiese im Oberen Schlossgarten ist zu einer Art Camp geworden: Seit mehreren Wochen lassen sich hier Gruppen nieder, meist sind es Familienclans, die aus Rumänien und Bulgarien stammen, so die Erkenntnisse von Polizei und Vollzugsdienst. „Die Beschwerden häufen sich“, sagt der Polizeisprecher Jens Lauer, „so viele waren es noch nie.“ Zwischen 20 und 30 Personen sollen zurzeit in den Anlagen nächtigen. Die Clans, die überwiegend zur Gruppe der Roma gehören sollen, richten sich mitunter regelrechte Matratzenlager ein. Einige von ihnen sollen tagsüber als Bettler oder Flaschensammler unterwegs sein, manche wurden beim Sperrmüllsammeln gesehen.

 

Die Beschwerden kommen nicht mehr nur von Passanten und Theatergästen, die durch den Park gehen. „Es melden sich jede Menge Geschäftsleute“, sagt die Bezirksvorsteherin von Mitte, Veronika Kienzle (Grüne). Der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) hat nun reagiert und für den 11. August ein Treffen angesetzt. Dort sollen Vertreter des Landes am Tisch sitzen, denn zuständig ist das Finanzministerium. Außerdem werden Mitarbeiter aller Ämter im Rathaus, die mit dem Problem befasst sind, dabei sein. Neben dem Ordnungsamt ist das auch das Sozialamt. Geschäftsleute sind ebenfalls eingeladen.

Hotelmanager nennt die Situation geschäftsschädigend

Einer von ihnen ist Ulrich Schwer, der Geschäftsführer des Schlossgartenhotels. „Wir haben ja nichts gegen die Leute, die können nichts für ihre Armut. Aber das, was sich da abspielt, ist inzwischen geschäftsschädigend für uns“, sagt er. Stammgäste würden nicht mehr kommen, um auf der Terrasse Kaffee zu trinken. In Zuschriften teilen sie dem Hotelmanager mit, dass sie Bekannten von einem Aufenthalt im Hause abraten. Damit nicht genug, fänden sich auch schon auf Buchungsportalen im Internet Hinweise auf die Zustände im Park. „Außerdem gibt es Konflikte auf der Terrasse. Die Personen waschen sich in unserem Brunnen, betteln und musizieren bei unseren Gästen“, schildert Schwer.

„Wir sehen das Problem schon seit längerem und haben auch schon etwas unternommen“, sagt Hermann Karpf, der Referent des Ordnungsbürgermeisters. Der Vollzugsdienst würde den Park regelmäßig kontrollieren, auch die Polizei sei dort unterwegs. Rein rechtlich können die Ordnungshüter der Stadt und der Polizei jedoch erst etwas unternehmen, wenn es Nacht wird im Park und die Menschen sich dort häuslich niederlassen. „Es ist nicht verboten, auf der Wiese zu sitzen oder zu liegen. Nur übernachten und campen darf man dort nicht“, erläutert Karpf. „Unsere Beamten sind dort regelmäßig unterwegs und sprechen Platzverweise aus“, beschreibt der Polizeisprecher Jens Lauer das Vorgehen. Jedoch habe das nur mäßigen Erfolg: „Die Personen stehen auf und lassen sich woanders nieder.“

Polizei: Kampierende kehren trotz Platzverweis zurück

Die Polizei habe es auch schon mit Gewahrsamnahme versucht: „Wenn wir jemand drei Platzverweise erteilt haben, ist das möglich.“ Jedoch habe selbst das keine langfristige Wirkung, auch danach kehren die Camper zurück. Die Polizei sei auch schon hinzugerufen worden, wenn Gärtner das Gelände mähen und die Gruppen den Bereich nicht räumen wollten.

„Man kann das so nicht weiter laufen lassen“, sagt Hermann Karpf. Wesentlich für das weitere Vorgehen sei jedoch, dass das Land als Eigentümerin sage, was es sich vorstelle. Das Finanzministerium teilt mit, es lasse herrenlose Übernachtungsgegenstände entfernen und schalte bei Bedarf die Polizei ein. Weitere Maßnahmen habe das Rathaus noch nicht erreicht, so Karpf.

Neben den Vertretern der Ämter und der Geschäftsleute sowie der Polizei sollen bei dem Treffen am 11. August auch die Botschafter von Bulgarien und Rumänien mit dabei sein. Das sei eine Idee des Oberbürgermeisters Fritz Kuhn (Grüne). Dafür bekommt er jetzt schon Lob von seiner Parteifreundin Kienzle. Sie setzt auf eine Art Rückkehrberatung für die Menschen, die im Park kampieren: „Wir brauchen Sozialarbeiter, die die Muttersprache sprechen und den Menschen erklären, dass sie nicht bleiben können.“ Auf diese Anregung des Bezirksbeirats habe sie aus dem Rathaus bisher noch keine Antwort erhalten.

Für Kienzle ist das Ansiedeln der Kampierenden eine Folge dessen, wie Stadt und Land mit den Parkanlagen umgehen. Der Fußballkäfig zum einen und die Großbaustelle für Stuttgart 21 mit den dazugehörigen Baucontainern zum anderen würden eine Hinterhofatmosphäre schaffen. „Das sieht vernachlässigt aus. Kein Wunder denken die Menschen, die aus Rumänien kommen, dass sich um diesen Bereich niemand kümmert“, sagt die Bezirksvorsteherin.