Weil er hetzerische Lieder bei einem "Balladenabend" mitgesungen haben soll, stand ein 30-Jähriger vor Gericht. Doch es fehlen die Beweise.

Schorndorf - Das Amtsgericht in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) hat am Dienstag ein Verfahren wegen Volksverhetzung gegen einen 30-Jährigen aus der rechten Szene eingestellt. Der Fachinformatiker war angeklagt, sich im Juli 2008 an einem Konzert in der Gaststätte Linde im Schorndorfer Teilort Weiler beteiligt zu haben, bei dem rassistische Texte wie folgender gesungen wurden: "Blut muss fließen knüppelhageldick/Wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik." Obwohl es Aufzeichnungen gibt, war dem Familienvater nicht nachzuweisen, dass er mitgesungen hat.

 

Der Juli 2008 war ein Höhepunkt des rechten Treibens um die Gaststätte Linde, bevor die Stadt dem Wirt mangels Zuverlässigkeit die Konzession entzog. Dieser erklärte als Zeuge, er habe an jenem Abend den Gastraum für das Konzert zur Verfügung gestellt, damit mehr Gäste kommen. Die Band firmiert im Internet mit völkisch und rechtsnational gefärbten Texten. Der kleine Gastraum der Linde sei mit etwa 80 Besuchern völlig überfüllt gewesen, sagte der Wirt. Nicht einmal mehr der Blick zur Bühne sei möglich gewesen, beteuerte er. "Ich hatte weder Sicht- noch Ohrkontakt."

Vor der Kneipe war das Getöse aus dem Gastraum hingegen unüberhörbar. Ein früheres Mitglied der Bürgerinitiative "Weiler schaut hin" berichtete, er habe nach und nach die Texte verstanden und anwesende Polizisten darauf aufmerksam gemacht. Sie lösten aber die Versammlung nicht auf. Erst beim Verlassen der Gaststätte wurden die Personalien der Besucher kontrolliert.

Eine Stimmenanalyse ist nicht erfolgsversprechend

Eine andere Zeugin platzierte ihre Kamera auf dem Fensterbrett der Kneipe und zeichnete den Ton der gesungenen Hetzparolen auf. Die Aufnahmen wurden im Gerichtssaal vorgespielt. Allerdings war wegen schlechter Klangqualität kein Einzelner deutlich herauszuhören.

Der Anwalt des Beschuldigten baute darauf seine Verteidigung auf. Sein Mandant habe sich nicht am Gesang der volksverhetzenden Texte beteiligt, behauptete er. Der Angeklagte sagte, als er aufgefordert worden sei mitzusingen, sei er von der Bühne weggegangen. Sie seien erst am späteren Abend gesungen worden, als das Mikrofon für jeden zugänglich gewesen sei. Es habe sich um einen "Balladenabend" gehandelt, erklärte der Wirt im rechten Jargon.

"Zu dumm, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann", sagte ein Mann, der damals Thekendienst hatte. Die Staatsanwältin erklärte zwar, sie halte es für lebensfremd, dass ein anderer als der Angeklagte die hetzerischen Zeilen gesungen habe. Der Verteidiger hielt aber dagegen, dann werde er eine Stimmenanalyse beantragen. Ein Polizist hatte zuvor erläutert, dies sei zwar möglich, in vergleichbaren Fällen jedoch "nicht übermäßig erfolgreich" gewesen. Schließlich stellte die Richterin Petra Freier das Verfahren mangels Beweisen ein.