In vielen Stuttgarter Schulen sind in den Ferien die Handwerker zu Gange. Sie fördern bei ihrem schweißtreibenden Tun oft Überraschendes zu Tage. Jahrelange Versäumnisse kommen die Stadt dabei teuer zu stehen.

Stuttgart - In den Sommerferien herrscht an vielen Schulen Hochbetrieb. Genauer gesagt: an rund 60 der 160 Schulstandorte. Den verursachen aber nicht die Schüler, sondern die Handwerker. Denn Ferienzeit ist Sanierungszeit. Viele Maßnahmen lassen sich nur durchführen, wenn die Räume leer sind. Da die Stadt ihre Schulen jahrzehntelang nicht gepflegt hat, ist einiges zusammengekommen. Erst seit wenigen Jahren laufen die Schulsanierungsprogramme. Für rund 50 Millionen Euro pro Jahr wird renoviert und umgebaut.

 

Bei dieser Gelegenheit werden die Schulen auch für viele neue technische und pädagogische Rahmenbedingungen fit gemacht: sei es für die Ganztagsschule mit Mittagessen, sei es für neue Brandschutz- und Sicherheitsstandards, dazu gehören auch Sprachalarmierungssysteme, sei es für zeitgemäße naturwissenschaftliche Räume oder für Digitalisierung.

Manche Baustellen fördern Überraschendes zutage

Aus manch kleiner Baustelle wurde überraschend eine Generalsanierung. Etwa bei der Silcherschule in Zuffenhausen, einer Grundschule, die 1954 als erste Pavillonschule Stuttgarts erbaut worden war und unter Denkmalschutz steht. Rolf Winter, der das Projekt im Hochbauamt betreut, drückt mit dem Finger in einen Holzfensterrahmen. Der gibt nach: komplett morsch. „Ursprünglich war nur eine Heizungssanierung mit Begleitmaßnahmen geplant, also mit Wärmedämmung und neuen Fenstern“, sagt er. „Dann sind es ziemlich viele Begleitmaßnahmen geworden.“ Zu gut deutsch: eine Generalsanierung für 7,5 Millionen Euro.

Davon geht allein eine Million für die Auslagerung von Klassen und Verwaltung in Interimsbauten drauf. Denn im Hauptbau des Schulhauses habe man Arsen und Asbest an den Stahlpfetten entdeckt, die die Dachkonstruktion aus eingelegten Bimsdielen halten. Zudem genügt die Statik nicht mehr den heutigen Anforderungen. Und gebundener Asbest habe sich auch im Boden befunden, im Klebstoff für das Linoleum. Alles musste abgeschliffen werden. „Wenn wir’s machen, dann machen wir’s richtig“, sagt Winter. „Dann kommt auch der Schadstoff raus.“

Silcherschule wird in den Rohbauzustand zurückversetzt

Für den Haupttrakt der Silcherschule heißt das, er wurde in den Rohbauzustand gebracht, und jetzt wird so gut wie alles erneuert: Abwasserleitungen, Lüftung, Elektrik, Fenster, Böden, Dach, Sanitärräume. „Der technische Aufwand ist immens“, sagt Winter. Und: „Es ist das erste Gebäude von insgesamt sieben Pavillons.“ Seit Januar ist das Gebäude fest in Handwerkerhand. Wenn alles glatt läuft, soll es bis in einem Jahr wieder bezogen werden können.

So viel Zeit haben die Handwerker an der Brunnen-Realschule in Bad Cannstatt nicht. In dem Bau aus den 50er Jahren werden die Toiletten für 200 000 Euro und vier naturwissenschaftlichen Räume für 600 000 Euro erneuert. In einem dieser Räume ragt ein Meer von Metallsprießen in die Höhe. Sie tragen die Schalung für die neue Betondecke, die man dem Chemiesaal im Stock direkt drüber verpassen will. Zuvor habe man dort den aufsteigenden Sockel aus Beton entfernen müssen, der das hörsaalartige Gestühl trug.

Schüler sollen selber experimentieren

Denn das ist pädagogisch nicht mehr angesagt. Die Schüler sollen auch selber experimentieren. Deshalb bereiten die Arbeiter die Zuleitungen für vier sogenannte Schülerstützpunkte mit Gas, Wasser und Elektrik vor. Droben im Chemiesaal sieht man bisher nur die Stahlbewehrung für den neuen Boden und die Aussparungen für die Schülerstützpunkte. „Bis Ende des Jahres soll das fertig sein“, sagt Evelyn Dietz, die dieses Projekt beim Hochbauamt betreut.

Der neue Biosaal hingegen ist schon fast fertig, mit neuem Boden. Ein Handwerker ist gerade dabei, die Kabel in die Zuführungen zu sortieren. „In den nächsten Tagen kommen die Möbel“, sagt Dietz. „Das müssen sie auch, denn zum Schuljahresbeginn muss dort auch der Biounterricht wieder anfangen.“ In den Mädchenklos im zweiten Stock steht der Trockenbau. Benutzbar sollen die Klos nach den Herbstferien sein.

Modernste Naturwissenschaftsräume in Gebäude von 1910

Auch im benachbarten Kepler-Gymnasium ist das Schulhaus von den Baumaßnahmen noch stark verschmutzt. In dem denkmalgeschützten Bau von 1910 erhalten die Schüler ebenfalls moderne naturwissenschaftliche Räume in der gleichen Machart wie bei den Realschülern. Von der Sanierung der Betonrippendecke werden sie wenig bemerken. „Wir haben sie sowohl statisch ertüchtigt als auch den Brandschutz nachgerüstet“, berichtet Dietz. Mit Spritzputz. Doch den verbirgt die abgehängte Akustikdecke.

In der Altenburgschule auf dem Hallschlag ist die neue Mensa fast fertig. „Die geht planmäßig zum neuen Schuljahr in Betrieb“, sagt Stephan Herrmann vom Hochbauamt. Noch erhalten die Linoleumböden eine Schutzschicht. Dann können dort bis zu 500 Schüler in drei Schichten mittagessen. Auch die Schüler der benachbarten Steigschule können die Mensa mitnutzen. Nur an der Außenanlage wird noch schwer geschafft. Per Bagger wird das Gelände drumrum auf dem Schulhof für neue Plättchen vorbereitet. 4,3 Millionen Euro seien dort alles inklusive verbaut worden, berichtet Herrmann vom Hochbauamt. Innerhalb eines Jahres sei alles baulich umgesetzt worden. Dazu gehören auch das neue Tartan-Kleinspielfeld auf dem Schulhof, der Evo-Parcours und weitere Spielgeräte, etwa Slacklines.