Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Frau Busse, welchen Vorwurf erhoben die bei Ihnen eingegangenen Beschwerden zu der Schwarzwald-Anzeige?

 

Da geht es um Sexismus, um die Herabwürdigung von Frauen. Seit der Gründung des Werberats ist das der Hauptschwerpunkt unserer Arbeit: also die Frage, was ist eine zulässige Übertreibung und wo werden Grenzen überschritten? Und natürlich gibt es auch den Vorwurf, dass wir hier reine Sittenwächter seien. Es geht da immer um einen Ausgleich.

Julia Busseprivat In diesem Fall kam es zu keiner Entscheidung des Werberats.

Nein, wir haben bei dem betroffenen Unternehmen eine Stellungnahme eingefordert. In der hieß es, dass die Anzeige künftig nicht mehr verwendet wird, damit war das Verfahren für uns abgeschlossen.

Angenommen, der Werberat hätte über die Beschwerde befinden müssen ...

Die Anzeige im Ryan-Air-Magazin abzudrucken, war ja erstmal nur ein Test, ob wir mit einer Anzeige etwas erreichen können. Da sind wir weit drüber raus.

Die Kommentare waren, sagen wir, zweigeteilt.

Einige Personengruppen fühlen sich von der Anzeige beleidigt. Das lag uns absolut fern und wir wollten auch nicht, siehe das ARD-Magazin „Brisant“, den Schwarzwald als Sextourismus-Region darstellen. Wir wollten eine neue Frische, eine neue Sprache reinbringen.

Stattdessen wurde Ihnen Sexismus unterstellt. Nervt sie das?

Es ist in der heutigen Zeit schwierig, den richtigen Spruch zu bringen, ohne in eine bestimmte Ecke geschoben zu werden.

Und jetzt haben Sie die Anzeige zurückgezogen?

Vorerst, wahrscheinlich ... werden wir sie gar nicht mehr bringen.

Wo hätte die Anzeige denn erscheinen sollen?

Konkret war da gar nichts geplant. Dass sie in dem Flugmagazin erschienen ist, war Zufall.

Die Anzeige wurde von dem Satiriker und EU-Abgeordneten Martin Sonneborn via Facebook verbreitet, neben der Stuttgarter Zeitung griffen zahlreiche andere Medien die Geschichte auf.

Die Anzeige ist ein echter viraler Erfolg: Mit nur einem Abdruck erreichte die Botschaft, gefühlt zumindest, halb Deutschland. In der Werbeindustrie wird diese Verbreitung über klassische und soziale Medien inzwischen teilweise mit einkalkuliert. Ein erfolgreiches Beispiel ist die auf ein einziges Video gestützte Kampagne „First Kiss“.

Herr Weis, gehörte zu Ihrer Kampagne mehr als nur der Abdruck im Magazin eines Billigfliegers, sprich: haben Sie die Verbreitung qua Skandalisierung schon eingeplant?

Nein, das war absolut nicht geplant. Die Reaktionen waren aber extrem. Unsere Abrufzahlen auf der Website und bei Facebook haben sich vervielfacht. Wir vom Ferienland müssen Martin Sonneborn danken, dass er die Welle ins Rollen gebracht hat.

Mit einem Gratisurlaub im Schwarzwald vielleicht?

Das müssen wir noch überlegen. Wir werden ihn nächste Woche mal kontaktieren.

Kommt der Schwarzwald dank dieser Anzeige jetzt weg vom Image als Rentnerparadies?

Das mit dem Rentnerparadies stimmt gar nicht mehr. Wir haben auch ganz viele Feriengäste um die 50. Aber klar muss man um die jungen Besucher werben. Ich bin froh, dass wir mit Selina Haas, die dieses und zehn weitere Motive gestaltet hat, mit Waldwerk oder Artwood auch Künstler und Firmen haben, die dem Schwarzwald ein junges, neues Image geben.

Im Schwarzwald verzichtet man also halb verständig, halb widerwillig auf die (ohnehin nicht geplante) weitere Verwendung des Motivs.

Die Aufregung ist groß, in den Medien und bei vielen Kommentatoren – nicht jedoch beim Werberat, wo am Montag eine Beschwerde eingegangen war. Sexismus ist der häufigste Grund für den Presserat einzuschränken. Das zeigt ein Blick auf die jüngst verhängten Rügen für teilweise wesentlich plattere Werbung. Auch Geschäftsführerin Julia Busse bestätigt, dass die Diskriminierung von Männern wesentlich seltener zum Thema wird.

Werberat-Geschäftsführerin Julia Busse äußert sich zur Schwarzwald-Anzeige

Frau Busse, welchen Vorwurf erhoben die bei Ihnen eingegangenen Beschwerden zu der Schwarzwald-Anzeige?

Da geht es um Sexismus, um die Herabwürdigung von Frauen. Seit der Gründung des Werberats ist das der Hauptschwerpunkt unserer Arbeit: also die Frage, was ist eine zulässige Übertreibung und wo werden Grenzen überschritten? Und natürlich gibt es auch den Vorwurf, dass wir hier reine Sittenwächter seien. Es geht da immer um einen Ausgleich.

Julia Busseprivat In diesem Fall kam es zu keiner Entscheidung des Werberats.

Nein, wir haben bei dem betroffenen Unternehmen eine Stellungnahme eingefordert. In der hieß es, dass die Anzeige künftig nicht mehr verwendet wird, damit war das Verfahren für uns abgeschlossen.

Angenommen, der Werberat hätte über die Beschwerde befinden müssen ...

Ich würde sagen, die Anzeige ist grenzwertig.

Wer reicht denn Beschwerden wegen angeblich sexistischer Anzeigen ein?

Es gibt da sehr umtriebige Organisationen, etwa Terre des femmes oder der Frauenrat, aber auch viele Gleichstellungsbeauftragte.

Und wie entscheidet man, ob eine Anzeige sexistisch ist?

Am Beispiel der Schwarzwald-Werbung geht es nicht allein um die Umrisse der Frau; so prüde sind die Beschwerdeführer ja auch nicht. Es geht um die Verbindung von Optik und Text. Die Frage ist: Würde man so eine Anzeige auch mit einer männlichen Silhouette schalten?