Siemens verkauft Bosch seine Anteile an dem bisherigen Gemeinschaftsunternehmen Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). Bosch-Chef Volkmar Denner setzt auf weiteres Wachstum mit der neuen Tochtergesellschaft

Stuttgart - Siemens verkauft Bosch seine Anteile an dem bisherigen Gemeinschaftsunternehmen Bosch Siemens Hausgeräte (BSH). Die entsprechenenden Verträge wurden am Sonntag unterschrieben. Das 1967 gegründete Unternehmen BSH, in das die beiden Elektrokonzerne damals ihr Geschäft mit Waschmaschinen, Kühlschränken und Backöfen eingebracht hatten, ist damit künftig eine 100-prozentige Bosch-Tochter. Bosch-Chef Volkmar Denner und ein Stellvertreter, Finanz-Geschäftsführer Stefan Asenkerschbaumer, bezifferten den Kaufpreis bei einer Telefonkonferenz auf drei Milliarden Euro. Zusätzlich erhalten die beiden bisherigen Eigner als eine Art Vorabdividende von BSH jeweils 250 Millionen Euro. Nach Asenkerschbaumers Angaben kann Bosch auf liquide Mittel von insgesamt 14 Milliarden Euro zurückgreifen und muss kein Fremdkapital aufnehmen.

 

Denner hofft, dass die Übertragung der Anteile im ersten Halbjahr 2015 vollzogen werden kann. Aufgrund der globalen Präsenz von BSH müssen mehrere Kartellbehörden dem Geschäft zustimmen. Hierzulande ist nicht das Bundeskartellamt zuständig, der Kauf wird von den europäischen Wettbewerbsbehörden geprüft. BSH bietet Hausgeräte unter vielen Marken an; hierzu gehören neben Bosch und Siemens noch Neff, Gaggenau und Constructa. Auch nach dem Ausstieg von Siemens wird die Marke der Münchner bei BSH bleiben und kann nach Denners Angaben auch langfristig weitergenutzt werden. Für die Nutzung fielen keine Gebühren an, ergänzte Asenkerschbaumer. Siemens-Chef Joe Kaeser sprach davon, dass BSH die Marke länger als zehn Jahre nutzen dürfe. Kaeser und sein Finanzchef Ralf Thomas begründeten den Ausstieg mit der angestrebten Konzentration auf das Kerngeschäft, zu dem Siemens die Konsumenten aber nicht rechnet.

Leitmotiv „Technik fürs Leben“

Aus Denners Sicht passt BSH sehr gut in die Strategie des Konzerns, die im Leitmotiv „Technik fürs Leben“ zum Ausdruck kommt. Möglichkeiten einer künftig verstärkten Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter sieht der Chef durch den Trend zum „Smart Home“, der intelligenten Wohnung. Dabei geht es um Elektrogeräte, die mit Hilfe von Sensoren und Internet miteinander kommunizieren können und sich durch Smartphones steuern lassen. „Im Rahmen von Smart-Home-Konzepten werden Haushaltsgeräte zukünftig noch energieeffizienter eingesetzt werden können, und die Bedienerfreundlichkeit wird sich weiter erhöhen“, sagte Uwe Raschke, der in der Bosch-Geschäftsführung für die Sparte Gebrauchsgüter zuständig ist. Als Beispiel nannte Denner einen Backofen, den Bosch gerade auf der Funkausstellung vorgestellt hat: Er verfügt über einen Backsensor, der die Feuchtigkeit misst und so ohne Zuhilfenahme einer Uhr selbst feststellen kann, wann der Kuchen fertig ist und sich dann abstellt. Bosch arbeitet zusammen mit den Konzernen ABB und Cisco an offenen Standards für die Vernetzung, so dass Geräte unabhängig von der Marke miteinander kommunizieren können.

Auf die Sparte Gebrauchsgüter entfällt nach Zurechnung von BSH ein Viertel des gesamten Bosch-Umsatzes. Das Unternehmen wurde zuletzt aufgrund geänderter Vorschriften nur noch mit dem anteiligen Nachsteuerergebnis und nicht mehr mit dem Umsatzanteil erfasst. Zu den Gebrauchsgütern gehören auch die Elektrowerkzeuge. Der Anteil des Bosch-Geschäfts abseits der Kraftfahrzeugtechnik steigt durch den Kauf des Siemens-Anteils an BSH auf 40 (bisher: 32) Prozent. Eine stärkere Unabhängigkeit vom dominanten Autogeschäft ist Teil der Bosch-Strategie. Vorteilhaft ist aus Denners Sicht auch, dass die Gebrauchsgüter weniger konjunkturanfällig sind als die Kraftfahrzeugsparte.

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BSH ist der größte Hausgerätehersteller Europas, der im vorigen Jahr mit weltweit 50 000 Beschäftigten einen Umsatz von 10,5 Milliarden Euro verbucht hat. Ziel der Geschäftsführung ist es, den Umsatz in den nächsten zehn Jahren zu verdoppeln. Denner hält dieses Ziel für durchaus realistisch, und zerstreut mit Hinweis darauf mögliche Sorgen der Beschäftigten: „Es gibt keine Notwendigkeit für einen Umbau“, sagte der Bosch-Chef. Eine weltweit zunehmende Bevölkerung und eine stark wachsende Mittelschicht garantieren BSH aus seiner Sicht stabile Wachstumsraten.