Der VVS wehrt sich gegen einen Rundumschlag des Eigentümervereins Haus und Grund. Auch kleine Unternehmen könnten das verbilligte Firmenticket problemlos bekommen.

Stuttgart - Die Pressemitteilung ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. „Der Feinstaubalarmismus beschmutzt das Image von Stuttgart“, OB Fritz Kuhn (Grüne) schaue zu, wie Stuttgart als „dreckigste Stadt Deutschlands“ bezeichnet werde, was den Verdacht nähre, dass „die Situation bewusst dramatisiert wird, um das Auto zu diskreditieren“. Das sind Sätze von Klaus Lang, Vorsitzender von Haus & Grund, dem Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein, lange Jahre geschätzter und zuletzt für die Finanzen zuständiger Erster Bürgermeister der Stadt.

 

Kritik wegen des Firmentickets

Dass sich Haus & Grund und das aktuelle Stadtoberhaupt nicht grün sind und sie sich wechselseitig über den anderen schwarzärgern, wurde schon im von Kuhn ausgerufenen Bündnis für Wohnen deutlich. Davon hielt der Hausbesitzerverein von vorneherein wenig. Er verließ es, nachdem die Stadt das von ihm abgelehnte Zweckentfremdungsverbot erlassen hatte. Auch dass trotz der guten Finanzlage der Stadt die von CDU und Grünen vereinbarte Grundsteuersenkung nicht umgesetzt wird,löste derart wortgewaltige Kritik von Haus & Grund aus, dass der dem bürgerlichen Parteienlager aus CDU, Freien Wählern und FDP zugeneigte Verein auf den Rathausgängen schon mal als „letzte außerparlamentarische Opposition“ verspottet wird.Allerdings dehnte Haus & Grund bei seinem Feinstaub-Rundumschlag die Kritik auch auf den Nahverkehr aus, dessen weiteren Ausbau er aber ausdrücklich begrüßt. Der Verein hatte nämlich bemängelt, dass es das verbilligte Firmenticket nur für größere Unternehmen ab 50 Mitarbeitern regulär gebe. „Statt Firmentickets bei Porsche, Daimler & Co medial groß zu feiern, sollte der Oberbürgermeister als SSB-Aufsichtsratsvorsitzender besser dafür sorgen, dass auch kleinere Unternehmen das Ticket nutzen können“, polterte Geschäftsführer Ulrich Wecker, dem Rathaus mangele es an der „notwendigen Konsequenz“.

VVS weist Vorwurf zurück

Diesen Vorwurf wollte zumindest der VVS, für Tarife im öffentlichen Nahverkehr zuständig, nicht unwidersprochen lassen. „Das Firmenticket ist ein Erfolgsmodell – auch für kleinere Unternehmen“, titelte die VVS-Pressestelle, dessen Aufsichtsrat Kuhn ebenfalls vorsitzt. Bereits seit April 2014 könnten sich kleinere und mittlere Betriebe „vollkommen problemlos“ zusammenschließen, um die 50-Beschäftigten-Grenze zu überspringen. Sie könnten ihre Bestellung zudem über einen Verband wie die Kreishandwerkerschaft, die City-Initiative oder den Automobil Club Europa (ACE) abwickeln. Die Vertriebsexperten bei SSB und Bahn würden auf jeden Fall helfen, damit auch kleinere Interessenten wie Arztpraxen, Handwerksbetriebe, Architekturbüros und Einzelhandelsgeschäfte das verbilligte Ticket anbieten könnten. Wenn nämlich der Arbeitgeber 10 Euro Zuschuss pro Monat zahlt, verdoppelt der VVS den Rabatt von fünf auf zehn Prozent gegenüber dem normalen Ticketpreis.Im September 2016 wurde erstmals die Marke von 70 000 Firmentickets überschritten, eine Zahl, zu der nicht nur Großabnehmer wie Land und Stadt, sondern auch „vor allem viele kleinere und mittlere Unternehmen beigetragen haben“, betonte VVS-Geschäftsführer Horst Stammler. Mehr als 450 Firmen würden bereits den Fahrtkostenzuschuss gewähren.

Dazu gehört auch Haus & Grund. Acht Mitarbeiter würden seit Sommer das Firmenticket nutzen, immerhin 20 Prozent der Beschäftigten, lobt Wecker in der Pressemitteilung. Das sei aber nur „über den Umweg des gewerkschaftsnahen ACE“ gelungen – und der ist bei Haus & Grund wahrscheinlich so beliebt wie eine Benzinpreiserhöhung bei Autofahrern.