Die Auszubildenden aus der spanischen Partnerstadt beißen sich durch den Arbeitsalltag im herbstlich kalten Winnenden. Für zumindest warme Gedanken sorgen die Erinnerungen an den Sommerurlaub in ihrer Heimat.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Winnenden - Wer Sara Fernández Garcia und Ruben Barrio Arrea beim Erzählen vom Urlaub daheim in Spanien zuhört, der schaut in strahlende Gesichter. Die beiden jungen Erwachsenen aus der Winnender Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada sind vor eineinhalb Jahren zusammen mit einer Handvoll weiteren Spaniern nach Deutschland gekommen um eine Ausbildung zu machen. Sara hat erst jetzt, Anfang Oktober, ihre Lehre zur Krankenschwerster im Klinikum Schloss Winnenden begonnen. Sie wollte und sollte zunächst richtig gut Deutsch lernen und spricht mittlerweile fast perfekt.

 

Ruben macht eine Ausbildung zum Schwimmmeister im Wunnebad Winnenden. Er kann auch schon ganz passabel Deutsch, aber längst nicht so gut wie Sara. Der junge Mann beißt sich durch, irgendwie. Der Alltag an der Schule sei schwierig, „aber in jedem Unterrichtsblock wird es besser“, sagt er. Die Lehrer seien verständnisvoll, fragten oft, ob er bei den Klausuren mehr Zeit benötige.

„Dass Wetter hilft nicht“, sagt Sara

An diesem schmuddeligen Herbsttag sitzen die beide im Foyer des Wunnebads – und erzählen von zu Hause: von der strahlenden Sonne und der Hitze, vom gutem Rotwein, von den Freunden und der Familie in Spanien. Über den deutschen Winter wollen die beiden lieber noch gar nicht nachdenken. Ihnen ist jetzt schon kalt genug. „Dass Wetter hilft nicht“, sagt Sara, der zurzeit regelmäßig der Kopf raucht vor lauter Lernen auf Klausuren. „Zellen und Gewebe – und das alles auf Deutsch und dazu noch auf Latein – Worte, die ich noch nie gehört habe.“ Sie sei acht Stunden täglich in der Schule, anschließend büffele sie dann noch mal ein paar Stunden für sich allein. Wenn Ruben sie abends fragt, ob sie zusammen etwas unternehmen wollten, dann lautet ihre Antwort meistens: „Nein“.

Sara ist in der Probezeit. Diese dauert sechs Monate. Sollte Sara die Schule nicht packen, dann kann sie auch nicht bleiben. „Aber ich will jetzt nicht nach Spanien zurück“ – einerseits. Sie möchte unbedingt die Ausbildung erfolgreich zu Ende bringen, denn daheim in Spanien sei die Jugendarbeitslosigkeit nach wie vor sehr hoch. Andererseits wäre Sara gerne öfter bei ihrer Mutter, der jüngeren Schwester, den Freunden. Sie hat manchmal arg Heimweg und sagt, sie wisse noch gar nicht, wie sie ihrer Mutter und der Oma erklären soll, dass sie in diesem Jahr über Weihnachten wohl nicht nach Santo Domingo de la Calzada werde kommen können.

Sara träumt bereits auf Deutsch – ein gutes Zeichen

Sara und Ruben haben in ihren Jobs Fuß gefasst, schon während des Praktikums und jetzt in der Ausbildung. Ruben hat einen Lehrlingskollegen im gleichen Ausbildungsjahr, das hilft, und einen weiteren Kollegen im Bad, der sich viel Zeit nimmt zum Erklären, der ihn auch mal privat einlädt. Sara erzählt, dass sie von ihren Kollegen der Station zum Start der Ausbildung eine große Schultüte bekommen hat. „Das war super nett.“ Sie habe sich sehr gefreut. Sara träumt bereits auf Deutsch – ein gutes Zeichen dafür, dass sie endgültig angekommen ist in ihrer zweiten Heimat.

Ruben wird über den Jahreswechsel wohl heim fliegen nach Spanien, für fast drei Wochen. Als er das sagt, guckt Sara ein klein bisschen traurig. Aber sie hat an Silvester bestimmt noch von dem spanischen Wein, den sie kistenweise aus den Sommerferien mitgebracht hat, und von der guten spanischen Wurst – zumindest ein kleiner Trost beim Gedanken an die Familie.

Das Winnender Azubi-Projekt

Programm
Der Aufenthalt der jungen Spanier aus der Winnender Partnerstadt Santo Domingo de la Calzada wird im Rahmen des Programms Mobi-Pro EU vom Bund finanziell gefördert. Die ersten Spanier sind im Mai vorigen Jahres in der Rems-Murr-Kommune angekommen. Wir begleiten den Aufenthalt der Azubis mit einer Artikelserie.

Zukunft
Sie wollen mittelfristig in Deutschland bleiben. Inzwischen ist eine zweite Gruppe spanischer Azubis in Winnenden. Im Sommer nächsten Jahre kommt eine Dritte. Projektträger werde wieder die Paulinenpflege, mit der zusammen die Stadt am 2. November ein Unternehmerforum für interessierte Ausbildungsbetriebe veranstalte, so eine Mitteilung aus dem Rathaus. Betriebe, die mitmachen wollen, müssen sich anmelden: wirtschaftsfoerderung@winnenden.de.