Exklusiv Es war ein gravierender Vorwurf: die Regierung habe dem U-Ausschuss ein Urteil zu den Mappus-Mails gezielt verschwiegen, behauptete der CDU-Obmann Löffler. Nun zeigt sich, dass das gar nicht möglich war – schon wegen der Zeitabläufe.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Beim Zurückrudern hat Reinhard Löffler (60) inzwischen eine gewisse Übung. Mehr als einmal nahm er als CDU-Obmann im zweiten Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz im Schlossgarten den Mund zu voll. Lange drohte er damit, das Gremium per Klage beim Staatsgerichtshof für verfassungswidrig erklären zu lassen; Begründung: es verletzte den „exekutiven Kernbereich“ der alten CDU-Regierung. Dann musste er kleinlaut einräumen, dass er als Oppositionsabgeordneter gar nicht klagen kann. Hinfällig wurde damit auch die Drohung, die Aufklärungsarbeit so lange aussetzen zu lassen, bis die Rechtsfragen geklärt seien.

 

Den U-Ausschuss getäuscht?

Nun hat Löffler erneut verbal schweres Geschütz aufgefahren. „Staatsministerium täuscht Untersuchungsausschuss“, ließ er nach der jüngsten Sitzung per Pressemitteilung verkünden. Der Regierungsvertreter habe dem Gremium „bewusst“ eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom gleichen Tag vorenthalten. Danach könne die Staatskanzlei gar nicht mehr über die Mail-Kopien von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) verfügen, weil der Verwaltungsgerichtshof (VGH) rechtskräftig angeordnet habe, sie müssten aus Gründen des Datenschutzes gelöscht werden.

Zeitablauf entkräftet den Vorwurf

In Kenntnis dieses Beschlusses, so der CDU-Obmann, hätte die grün-rote Mehrheit gar nicht mehr verlangen können, dem Ausschuss Einblick in die Mails zu gewähren. Daher habe das Staatsministerium ihn den Abgeordneten gezielt verschwiegen, um die Löschung weiter verzögern zu können. Die Regierung täuscht arglistig das Parlament – das ist einer der schwersten Vorwürfe, den man in einer Demokratie erheben kann.

Doch bei näherem Hinsehen bricht Löfflers Verdächtigung rasch zusammen: Allein wegen der zeitlichen Abläufe lässt sie sich nicht aufrecht erhalten. Der Ausschuss und das Gericht beschäftigten sich am Freitag voriger Woche zwar nahezu gleichzeitig mit den Mappus-Mails, doch das Gremium hatte seine Sitzung längst beendet, als die Richter ihre Entscheidung den Beteiligten übermittelten.

Ex-Richter verlangt Einsicht in Mails

Kurzfristig ins Spiel kam das Verwaltungsgericht, weil ein pensionierter Richter bereits vor geraumer Zeit mit einem Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) Einblick in die Mappus-Mails verlangt hatte. Der war ihm vom Staatsministerium verweigert worden, daraufhin klagte er. Sollte die Löschung eines Tages erwogen werden, beruhigte man ihn, werde er rechtzeitig informiert. Trotzdem erfuhr er nur zufällig von der für vorigen Montag geplanten Aktion – und reagierte prompt mit einem Eilantrag, um sie in letzter Minute zu verhindern.

Am Vortag der Ausschusssitzung ging dieser kurz nach Mitternacht beim Gericht ein, am Sitzungstag selbst brach dort Hektik aus: Bis mittags sollten das Staatsministerium und die Mappus-Anwälte Stellung nehmen. Erwartungsgemäß plädierten beide dafür, den Eilantrag zurückzuweisen. Die Mails würden ja nicht komplett vernichtet, sondern blieben beim Landesarchiv erhalten, argumentierte die Regierung; dort könne der Ex-Richter ja einen UIG-Antrag stellen.

Verschweigen war unmöglich

Löffler relativiert seine Kritik

Wann genau das Verwaltungsgericht entschied, fällt laut dessen Sprecherin unter das Beratungsgeheimnis. Um 13.32 Uhr jedenfalls sei der ablehnende „Tenor“ – ohne jede Begründung – dem Staatsministerium übermittelt worden, der vollständige Beschluss hingegen erst um 15.07 Uhr. Da waren die Ausschusssitzung und die anschließende Pressekonferenz bereits beendet. Der Regierungsvertreter konnte den Abgeordneten die Begründung schon deshalb nicht vorenthalten, weil er sie selber noch nicht kannte.

Nun muss der CDU-Obmann Löffler schon wieder zurückrudern. Es bleibe zwar bei seiner Kritik, dass der Regierungsvertreter den Ausschuss über das Verfahren und den bevorstehenden Beschluss hätte unterrichten müssen; stattdessen habe er gesagt, dies habe mit dem Gremium nichts zu tun. Aber, so Löffler gegenüber der StZ: Er gehe nun nicht mehr von einem „vorsätzlichen Verschweigen“ des Beschlussinhaltes aus. Das mache die Sache immerhin „etwas besser“.