Die baden-württembergischen Hochschulen bedauern, dass das verspochene bundesweite Serviceverfahren weiter auf sich warten lässt.  

Stuttgart - An vielen deutschen Hochschulen fühlen sich die Mitarbeiter derzeit an das Desaster mit der Maut für Lastwagen erinnert. Auch die Einführung dieses Programms wollte und wollte nicht klappen, auch da war die Technik nicht in den Griff zu bekommen und es wurde bezweifelt, ob die richtigen Experten am Werk waren. Während es aber bei der Einführung der Lkw-Maut um Geld ging, geht es nun bei der Koordination von Studienplatzbewerbungen um Vertrauen und Vertrauensverlust, wie Heiner Schanz, der Prorektor Lehre an der Universität Freiburg, sagt.

 

Nach stundenlanger Sitzung haben die 16 Länder- und 16 Hochschulvertreter im Stiftungsrat der Stiftung für Hochschulzulassung den flächendeckenden Einsatz des sogenannten dialogorientierten Serviceverfahrens (DoSV) erneut verschoben. Nicht zum Wintersemester 2012/13, sondern vielleicht erst zum Wintersemester 2013/14 soll es eine gemeinsame Web-Plattform geben, auf der die Vergabe der NC-Studienplätze deutschlandweit koordiniert wird. Im April kam die Stiftung aber zum Entschluss, den Einführungstermin zum Wintersemester 2011 /2012 zu kassieren.

Jetzt verkündet die Stiftung, das dialogorientierte Serviceverfahren werde mit einem Pilotbetrieb im Wintersemester 2012/13 starten. Damit werden zwar die gewünschten Effekte wie die schnelle Information der Studenten über den Stand und die Aussichten ihrer Bewerbung und die Blockade von Studienplätzen nicht erreicht. Doch sei es unabdingbar, "weitere Schritte auf dem Weg zum vollumfänglichen Betrieb des DoSV zu unternehmen" erklärt die Stiftung für Hochschulzulassung nach ihrer Mammutsitzung. In der Pilotphase sollen die teilnehmenden Hochschulen Erfahrungen sammeln und Knowhow aufbauen.

Die Hochschulen trifft keine Schuld

Nicht nur an der Uni Freiburg ist man tief enttäuscht. Schon jetzt ist die Anzahl der Bewerbungen um Studienplätze enorm, angesichts des doppelten Abiturjahrgangs im kommenden Jahr rechnen die Hochschulen mit einer weiteren Antragsflut. Natürlich schicken die Abiturienten Mehrfachbewerbungen los. "Es wäre ein guter Service für die Bewerber gewesen, wenn sie schnell informiert worden wären", sagt der Prorektor Heiner Schanz. Jetzt müssen sie im Zweifel wieder warten, bis im November das letzte Nachrückverfahren abgeschlossen ist.

"Das gibt der Sorge der Eltern und der künftigen Studierenden neue Nahrung, ob sie einen Studienplatz bekommen." Die Uni Freiburg fühlt sich technisch hervorragend vorbereitet, sie gehörte zusammen mit Mannheim zu den Pilothochschulen und sie bietet sich auch jetzt an. "Wir würden alles tun, um das Verfahren in Gang zu bringen", versichert Schanz. Die Universität arbeitet weiter wie gehabt. Man sei sehr gut eingestellt auf die zahlreichen Bewerbungen. Das versichern im übrigen die Vorsitzenden der Rektorenkonferenzen für alle Hochschularten im Land.

Die Hochschulen sind nicht schuld daran, dass es nicht klappt. Das versichert das Wissenschaftsministerium ohne Einschränkung. Umgekehrt loben die Hochschulen den Einsatz des Wissenschaftsministeriums. "Richtig reingehängt" habe sich der Ministerialdirigent, und das von Anfang an, lobt Schanz. Die Schuld sei eindeutig im technischen Bereich zu suchen, heißt es von den Hochschulen wie vom Ministerium gleichermaßen.

Züricher Campus-Management-System zu teuer

An Ansehen verloren hat die Stiftung Hochschulstart. Die Nachfolgeorganisation der Zentralen Vergabe für Studienplätze (ZVS) kam schwer in die Gänge, und auch die bundeseigene Hochschul-Informations-System GmbH hat in den Augen der Rektoren ihr Kapital verspielt. Es sei die Frage, warum man auf deren Lösungen setze, die Bausteine würden einfach nicht zusammenpassen. Mit direkten Schuldzuweisungen halten sich die Baden-Württemberger zurück. Doch generell stelle sich schon die Frage, "ob das Projektmanagement auf Bundesebene gut gelungen ist".

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) jedenfalls erwartet nun, "dass es den Projektverantwortlichen gelingt, einen Start des neuen Systems zum nächstmöglichen Zeitpunkt sicherzustellen". Sie lobte die Universitäten Freiburg und Mannheim sowie das Hochschulservicezentrum Reutlingen ausdrücklich für deren konstruktive Beteiligung an den Testläufen. Dass Campus-Management-Systeme funktionieren können, beweise die Schweiz, sagt man in Freiburg. Doch das System aus Zürich würde für Freiburg zehn Millionen Euro kosten. "Das können wir uns nicht leisten."


Idee An die bundesweite Web-Plattform sollen so viele Hochschulen wie möglich angeschlossen werden. Angestrebt wird, das Zulassungsverfahren für zulassungsbeschränkte Studienplätze transparenter zu machen. Die Studienplätze sollen zügiger besetzt werden, die Bewerber sollen ebenso Planungssicherheit bekommen wie die Hochschulen.

Platzprobleme Bisher bleiben wegen der zahlreichen Mehrfachbewerbungen von Studieninteressierten zahlreiche Studienplätze in Numerus-clausus-Fächern unbesetzt, weil die Hochschulen nicht wissen, dass Interessenten, denen sie einen Platz freihalten, an einer anderen Hochschule zugesagt haben. Deutschlandweit können das zwischen 18.000 und 20.000 Plätze in den begehrten Mangelfächern sein.