Parkschützer blockieren die Baustelle am Hauptbahnhof. Bisher verläuft der Protest friedlich. Doch die Polizei ist für den Ernstfall vorbereitet.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die ersten Ankömmlinge sind am Montagmorgen früh im Schlossgarten enttäuscht gewesen. "Ist das alles?", fragten sie beim Anblick des Häufleins, das sich dort versammelt hatte. "Da sind ja mehr Kameraleute als Blockierer", spottete ein Teilnehmer. Sie wurden von den Organisatoren getröstet: "Es kommen noch mehr aus Mühlhausen!" Dort hatten sich 150 Camper auf die Sitzblockade vorbereitet, die um 5.30 Uhr begann. Mit den Camp-Teilnehmern brachte es die Blockadegruppe dann och auf mehr als 200 Personen.

 

Das Ziel, an dem sich die Demonstranten bei ihrer unangemeldeten Aktion in den Weg der Bauarbeiter setzen wollten, war bis zum Morgengrauen unklar geblieben. "Folgt der orangenen Flagge", hieß es, als die Eingeweihten auftauchten und den Pulk zum Ziel brachten. Kaum jemand war überrascht, dass sie zur Baustelleneinfahrt des Grundwassermanagements zogen.

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Es ist ein ruhiger Protest gewesen. Zwar fuhren Polizei und Bundespolizei mit einem Großaufgebot am Bahnhof vor, aber: "Wir haben bald einen Teil unserer Kräfte abgezogen, weil sie nicht benötigt wurden", sagte der Pressesprecher Stefan Keilbach. Wie viele Beamte es waren, verrät er nicht. Nur so viel: "Da die Veranstalter mehr als 500 Teilnehmer angekündigt hatten, waren wir gewappnet, mit einer Hundertschaft eingreifen zu können."

Nicht nur die Polizei findet ihr Gegenüber ruhig und friedlich, auch die Blockierer haben nichts an den Ordnungshütern auszusetzen. "Sehr angenehm", so bezeichnet ein Demonstrant den Umgangston der Beamten, die von halb acht an zu Vermittlern zwischen Blockadeteilnehmern und Mitarbeitern von Sicherheitsdienst und Baufirma werden.

Denn die Mitarbeiter wollen zu der Anlage des Grundwassermanagements, "um sie zu betreuen", wie der Projektsprecher von Stuttgart 21, Wolfgang Dietrich, die Aufgabe beschreibt. "Raus ja, rein nein", lautet aber gegen 9 Uhr der Beschluss der Blockierer. Drei Arbeitern war es gelungen, unter dem von Wachmännern angehobenen Zaun hindurchzukriechen. Das verursachte kurz Aufregung. Eine Demonstrantin brachte ein Fahrradschloss am Zaun an - und löste damit eine Grundsatzdebatte aus, ob man derlei tun soll. "Eher ablehnend" sei die Resonanz aus der Gruppe gewesen. Das Schloss blieb.

Die Arbeiten am Grundwassermanagement sind der Anlass für die sogenannten Parkschützer und die ihnen angeschlossenen Projektgegner, zwei Tage lang unter dem Motto "Aus! Sitzen" die Baustelle zu blockieren. "Sieht so etwa ein Baustopp aus?", fragt eine Demonstrantin und verweist auf die Arbeiter hinter dem Zaun.

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Er sei seit 1995 ein engagierter Gegner und wolle, dass das Projekt gestoppt werde, sagte der 67-jährige Ernest Petek. Doch nicht nur um gegen etwas zu sein, sitzen Menschen vor dem Bauzaun. "Ich unterstütze unsere neue Regierung durch mein Hiersein", sagte die 66-jährige Barbara Hieß. Für Dietrich Wagner, der bei der Blockade am 30. September schwere Augenverletzungen erlitt, bedeutet das "Aussitzen" noch mehr: "Für mich ist das ein Test der neuen Regierung", sagte er.

Für den Projektsprecher Wolfgang Dietrich ist die Blockade nur eines: "Empörend!" Man habe die Polizei gebeten, einzugreifen, wenn es zu Nötigungen gegenüber den Leuten der Baufirma komme. Ansonsten werde die Polizei den Protest zwei Tage lang beobachten -so lange, wie er geplant war. "Das ist in Ordnung", sagte ein Blockierer.