Die Stadt Stuttgart will die Montagsdemos vom Hauptbahnhof wegverlegen. Die Teilnehmer der 200. Montagsdemo protestieren lautstark gegen diesen Vorschlag - und die Parkschützer kündigen notfalls juristische Schritte an.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart- Als „Platzhalter des Widerstands“ entzündeten Tausende Stuttgart-21-Gegner am Montagabend Wunderkerzen bei der 200. Montagsdemo gegen das Projekt. Sie feierten sich und die Durchhaltekraft, mit der sie seit mehreren Jahren regelmäßig protestieren. Wo die Platzhalter künftig ihren Platz für den Protest haben werden, darüber läuft nun eine Diskussion in der Stadt.

 

Der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer hat den Parkschützern als Veranstalter am Montag eine Mail schicken lassen, in der zum einen ein Kooperationsgespräch für die 201. Demo am kommenden Montag, 9. Dezember, angeboten wurde. Zum anderen war der Nachricht eine Verfügung angehängt, die besagt, dass die nächste Kundgebung nicht mehr vor dem Bahnhof in der Schillerstraße stattfinden solle. Man habe den Veranstaltern zwei alternative Versammlungsorte angeboten, die Lautenschlagerstraße und die Nordbahnhofstraße, sagte Hermann Karpf, der Referent des Ordnungsbürgermeisters.

Schairer hatte dieses Vorgehen vergangene Woche angekündigt. Er nannte Untersuchungen zu Ausfällen und Verspätungen von Buslinien sowie Analysen zu Staus und auch Beschwerden der City-Initiative über ausbleibende Kunden an Montagen als ausschlaggebend für die Entscheidung, einen neuen Ort für die Demos anzubieten.

Parkschützer wollen vor Gericht ziehen

Noch bevor die Mail angekommen war hatte Matthias von Herrmann, der Sprecher der Parkschützer, angekündigt, gegen die Verfügung zu klagen. So es zu einer juristischen Auseinandersetzung kommen sollte, wäre das nicht die erste über den Veranstaltungsort der Montagsdemo. Im Jahr 2010 beschäftigten sich das Stuttgarter Verwaltungsgericht und in zweiter Instanz der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim damit, ob eine Kundgebung am 30. September auf dem Arnulf-Klett-Platz und der Schillerstraße stattfinden dürfe. Die Stadt hatte den Stuttgart-21-Gegnern vorgeschlagen, in die Straße Am Schlossgarten und in den Mittleren Schlossgarten oder in die Heilbronner Straße zu gehen.

Die Stadt hatte das mit unverhältnismäßig starken Beeinträchtigungen des Verkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs begründet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte zunächst der Stadt Recht gegeben. Dagegen legte das Aktionsbündnis gegen S 21 Einspruch ein. Der VGH gab dem Einspruch statt. Damit durften die Demonstranten vor dem Bahnhof aufziehen. Sie hatten vor dem VGH argumentiert, dass der Arnulf-Klett-Platz und die Schillerstraße ohnehin betroffen wären.

Was die Mehrheit der Demonstranten über das Angebot des Bürgermeisters denkt, war nicht zu überhören: Der Regisseur Volker Lösch erhielt für seine Kampfansage „Wir lassen uns nicht vorschreiben, wo wir protestieren“, tosenden Beifall von der Menge. Laut Polizei waren es am Montag 3500, laut Veranstalter 7500 Teilnehmer vor dem Hauptbahnhof.

Grüne Ratsfraktion schlägt den Marktplatz vor

Nicht allein der Ordnungsbürgermeister ist für einen Umzug. Die Ratsfraktion der Grünen meldete sich am Montag ebenfalls zu Wort und schlug vor, die Demos künftig wieder auf dem Marktplatz vor dem Rathaus abzuhalten. Darüber sei man sich auch schon seit Monaten im Aktionsbündnis gegen S 21 einig. Sie wollen durch die Verlegung auf den Marktplatz aber auch erreichen, dass die Verkehrsbeeinträchtigungen zurückgehen. Die Grünen weisen zudem darauf hin, dass die Beeinträchtigungen durch die Montagsdemos „eine zu vernachlässigende Größe“ seien im Vergleich zu dem, „was die Bahn mit ihren Bauarbeiten bei S 21 den Autofahrern und dem ÖPNV zumutet“.

Den Marktplatz lehnen die Parkschützer nicht ab. Dort habe der Protest in der Zeit rund um die OB-Wahl seinen Platz gehabt, und dorthin werde man auch zurückkehren, wenn die Kommunalwahl 2014 näher komme. Apropos Wahl: Hinter der nun von der Verwaltung angebotenen Verlegung witterte Matthias von Herrmann eine „Wahlkampfstrategie“ von CDU und FDP. Der CDU-Chef Alexander Kotz wies das zurück. Jedoch hatte seine Fraktion im Herbst eine Anfrage an die Verwaltung gerichtet, in der sie ersuchten, die Beeinträchtigung des ÖPNV zu erheben. Auch hatte die CDU mit dem Schreiben vom 13. September angefragt, ob es die Möglichkeit gebe, „die Dauerdemonstranten auf weniger störende Orte zu verweisen“.