Die IG Metall hat Mahle-Mitarbeiter am Donnerstag zum Warnstreik aufgerufen. Allerdings geht es nicht nur um ein höheres Tarifgehalt – sondern um Sparmaßnahmen des Zulieferers. Betroffen sind „kritische Werke“. Die IG Metall ist bisher nicht mit im Boot.

Stuttgart - Die Warnstreikwelle rollt. Täglich legen die Beschäftigten irgendeines Autoherstellers oder Zulieferers im Südwesten die Arbeit nieder. Am nächsten Donnerstag hat die IG Metall die Mitarbeiter des Kolbenherstellers Mahle aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Doch bei dem Stiftungsunternehmen geht es um mehr als „nur“ die Forderung eines um 5,5 Prozent höheren Tarifgehaltes sowie Alters- und Bildungsteilzeit. Das Mahle-Management will die Personalkosten senken – und zwar um stattliche 15 Prozent.

 

Keine Rede von Investitionszusagen

Die Geschäftsleitung stellt es sich anscheinend so vor, dass die Arbeitzeit ohne Lohnausgleich erhöht, mögliche Tariferhöhungen verschoben und Weihnachts- sowie Urlaubsgeld gesenkt werden, erläutert Uwe Schwarte, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates von Mahle. Im Gegenzug will das Unternehmen drei Jahre lang auf Kündigungen verzichten. Von Investitionszusagen oder der Ansiedlung neuer Produkte an kränkelnden Standorten sei bisher keine Rede gewesen, so Schwarte. Welche das sind, sagt er nicht. Er vermisst auch ein Konzept, wie die Standorte langfristig gesichert werden. Denn ein großer Teil der Produktion hängt am Verbrennungsmotor.

Beschäftigte in Stuttgart nicht betroffen

Sparen will der Konzern jetzt vor allem in den kriselnden Werken. Die Beschäftigten in Stuttgart sollen von solchen Sparansagen nicht betroffen sein. „Die wechseln dann den Arbeitgeber“, prophezeit Schwarte. Auch unter den Behr-Beschäftigten gehen mittlerweile Sorgen um, trotz guter Auftragslage. Doch wie geht es mit den hiesigen Standorten weiter, wenn sich Gerüchte bestätigen und Mahle das Kühlergeschäft des US-Konzerns Delphi übernimmt, fragt sich Gerd Goretzky, der Betriebsratsvorsitzende Thermomanagement bei Mahle Behr. Delphi hat seine Fabriken vor allem an preiswerten Standorten. Auch den Betriebsräten brennt die Zeit auf den Nägeln. Ende Juni laufen in vielen Mahle-Werken und auch bei Behr in Stuttgart die bestehenden Verträge zur Beschäftigungssicherung aus. Weitere fünf Jahre wollen die Vertreter der Arbeitnehmer die Sicherung fortschreiben.

Mahle steht wirtschaftlich gut da; 2014 könnte sogar ein Rekordjahr gewesen sein. Dennoch soll gespart werden. Setzt der Konzern die Pläne um, würden die Beschäftigten unter Tarifniveau abrutschen, sagt der Betriebsratschef. Denn „unsere übertariflichen Zulagen haben wir in der Vergangenheit bereits abgegeben“, fügt er hinzu. Pikant dabei: Michael Glowatzki, in der Mahle-Geschäftsführung unter anderem zuständig für das Personal, hat auch bei Südwestmetall eine Funktion. Und Südwestmetall und IG Metall verhandeln derzeit einen neuen Tarifvertrag aus. Glowatzki ist der Vorsitzende der Bezirksgruppe der Region Stuttgart und Böblingen. In diesem Ehrenamt „repräsentiert er die Bezirksgruppe Stuttgart, bringt Meinungen aus der Region im Vorstand des Verbandes ein und wirkt bei Willensbildungsprozessen mit“, ist im Internet nachzulesen.

Die IG Metall ist nicht mit von der Partie

Derzeit scheint Mahle den Druck auf die Belegschaften und vor allem die örtlichen Betriebsräte an kritischen Mahle-Standorten zu erhöhen. Die IG Metall ist bislang nicht von der Partie. Dabei ist die Gewerkschaft zuständig, wenn es um den Abschluss eines Ergänzungstarifvertrags geht. Sie verfolgt die Entwicklung kritisch. „Ich sehe die Gefahr, dass andere Zulieferer mit ähnlichen Forderungen auf uns zukommen“, sagt Uwe Meinhardt, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Stuttgart.

Mahle verteidigt die Sparpläne

Mahle selbst verteidigt seine Sparpläne. „Bei den ,kritischen Standorten‘ handelt es sich um Standorte mit strukturellen Problemen“, teilte der Konzern vor Kurzem mit. Welche es sind, ist unklar. Das sei Gegenstand der Erörterung mit den Arbeitnehmervertretern. In Betracht kämen dabei Mitarbeiterbeiträge zur Reduzierung der Personalkosten, eine weitere Flexibilisierung des Personaleinsatzes als auch tarifvertraglich zu vereinbarende Maßnahmen. „Ziel für diese Standorte ist es, die Wettbewerbsfähigkeit an diesen Standorten nachhaltig zu verbessern und gleichzeitig Beschäftigung zu sichern“, heißt es beim Unternehmen.

Übrigens ist es nicht der erste Vorstoß des Konzerns. 2013 hatte das damalige Behr-Werk in Neustadt an der Donau zu wenige Aufträge. Schließlich ist Tschechien mit deutlich günstigeren Löhnen nicht weit entfernt. Bei Behr drohte ein Personalabbau. Damals einigte sich das Unternehmen mit der IG Metall darauf, die Arbeitszeit um 1,5 Wochenstunden ohne Lohnausgleich zu erhöhen, zusätzlich mussten die Beschäftigten auf Teile vom Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten – zum Ärger der Beschäftigten, erläutert Gerhard Pirner, der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Regensburg. 750 Beschäftigte sind heute dort tätig; der Zusatzvertrag läuft noch bis 2019. Derzeit verhandeln Geschäftsleitung und Betriebsrat über eine Erfolgsbeteiligung, die aber wohl nur einen Teil der Einbußen ausgleichen wird.