Der Oberbürgermeister Fritz Kuhn und der SWR-Intendant Peter Boudgoust haben am Freitag gemeinsam den Fernsehturm wieder für die Öffentlichkeit freigegeben: Von Samstag an können die Stuttgarter ihr Wahrzeichen wieder besuchen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Schnipp, schnapp, und drin waren sie: Der Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) und der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, haben am Freitag das Absperrband vor dem Eingang durchgeschnitten und sind als Erste in den wiedereröffneten Fernsehturm gegangen, Seit an Seit und blendend gelaunt. Der OB ging sogar so weit, das Wetter schwäbisch-unbescheiden als extra von der Stadt für diesen Tag bestellt zu verkaufen. Wer immer dafür tatsächlich verantwortlich zeichnete, hat es wirklich gut gemacht: So einen scharfen Schattenwurf des schlanken Betonriesen über dem Degerlocher Wald sieht man nicht alle Tage unter nahezu wolkenlosem Himmel. Vor allem: fast drei Jahre lang, seit der Schließung, konnte man das gar nicht mehr sehen.

 

Es hat nicht immer eitel Sonnenschein geherrscht zwischen dem SWR und der Stadt Stuttgart in den zurückliegenden drei Jahren. Schließlich hat die Entscheidung Kuhns und seiner Bürgermeisterkollegen der SWR-Tochter Media Services (SMS), die den Turm betreibt, einen Verlust von vier bis fünf Millionen Euro beschert. Auch war die erste Reaktion des damaligen SMS-Geschäftsführers Siegfried Dannwolf Unverständnis über Kuhns Entscheidung gewesen: So äußerte er sich Ende März 2013, am Tag der Schließung, gegenüber der StZ.

Die Sanierung hat 1,8 Millionen Euro gekostet

Doch nun strahlten Dannwolf, Kuhn und Boudgoust um die Wette, als es darum ging, die Einigung über die Kostenaufteilung – 600 000 Euro übernahm die Stadt, 1,2 Millionen der SWR – und über die Brandschutzerneuerung am Tag der Wiedereröffnung zu loben. Allein, man sieht wenig von den Erneuerungen, die allesamt im Turmschaft eingebaut wurden. Diesen und die darin verlaufende Treppe hatten Brandschutzexperten des Baurechtsamts 2013 als Gefahrenquelle ausgemacht. Im Brandfall hätte die Treppe nicht mehr als zweiter Fluchtweg neben den Aufzügen zur Verfügung gestanden – diese Erkenntnis war vor drei Jahren der Anlass für die Schließung gewesen.

„Natürlich ist jetzt alles in Ordnung“, lobte der Oberbürgermeister die Neuerungen. Man habe die Probleme „zusammen gut gelöst“, und das mit Techniken, die – wie einst der Bau des Turms – „innovativ und weltweit einzigartig“ seien. Der Stuttgarter Fernsehturm sei „nicht nur der älteste, sondern jetzt auch wieder der modernste“, sagte Peter Boudgoust.

Die Planer hatten viele harte Nüsse zu knacken

Diese Innovationen waren es aber auch, die dem Architekten Daniel Feil einiges Kopfzerbrechen bereiteten. Sein Büro führte die Brandschutzsanierung aus. Nun, da er zur Wiedereröffnung mit den anderen Verantwortlichen um die Wette strahlte ob des vielen Lobes, räumte er   auch ein, dass es einen Punkt gab, an dem er dachte, es gehe nicht mehr weiter. „Das war Ende 2014. Da wurde eine unserer Lösungen von der Materialprüfungsanstalt abgelehnt“, so Feil. Es ging um die vier Hochfrequenzkabel, die der Programmübertragung dienen. Die Architekten wollten sie offen führen und alle paar Meter abschotten, um so eine Brandausdehnung zu verhindern. Die Prüfanstalt lehnte dies ab. „Da ist man so nah an der Lösung und muss wieder ganz neu nachdenken – das war echt ein Tiefpunkt“, sagte Daniel Feil. Nur zweieinhalb Monate später fingen die Bauarbeiten dann doch an, es wurde eine Lösung gefunden: Die Kabel, die nicht heißer als 55 Grad werden dürfen, mussten doch eingepackt werden – und bekamen eine Lüftung zur Kühlung. Die übrigen Kabel einzuhausen und mit unentflammbarem Material in der Verkleidung zu umhüllen war von Anfang an geplant. Der Architekt fügte noch stolz hinzu, dass man bei den eigentlichen Bauarbeiten von einer Verzögerung nicht sprechen könne: „Wir waren schneller fertig als geplant – von Anfang Februar bis Mitte Dezember waren es nur zehneinhalb Monate, angesetzt hatten wir ein Jahr.“ Der angekündigte Termin der Wiedereröffnung war mehrfach verschoben worden, vor allem, weil die Planung und die Suche nach technischen Lösungen lange gedauert hatten.

Auf Stuttgart schaue man aus anderen Fernsehturmstädten übrigens neidisch, fügte der Architekt hinzu: „In Hamburg wurde nun ein Sanierungskonzept mit einer Kostenschätzung von 25 Millionen Euro vorgelegt – wir haben nur 1,8 Millionen Euro gebraucht“, sagte Feil stolz über die schwäbische Sparsamkeit.

Der Turm ist durch die Sanierung übrigens noch unter einem anderen Aspekt einzigartig, erklärte der SWR-Intendant Boudgoust: „Der Stuttgarter ist der einzige, der wiedergeöffnet wurde, nachdem er einmal geschlossen war.“