Die Blauen lassen beim 0:3 in Aachen sämtliche Tugenden des Abstiegkampfes vermissen – und Guido Buchwald sagt: „Das darf man sich nicht gefallen lassen.“

Stuttgart - Guido Buchwald, der sportliche Leiter der Stuttgarter Kickers, stand in den Katakomben des riesigen Aachener Stadions, schüttelte den Kopf, redete armrudernd mit ein paar Betreuern und schüttelte wieder den Kopf. Währenddessen geriet, wie Ohrenzeugen nachher berichteten, die Kabinenansprache von Trainer Gerd Dais sehr deutlich, stellenweise laut, jedenfalls eindringlich.

 

Damit hatte noch vor dem Duschen, das bei manchen Kickers-Kickern ohnehin nur zum Wiederaufwärmen nach diesem Match in Eiseskälte nötig schien, „die Vorbereitung auf das Dortmund-Spiel begonnen“, wie es Buchwald später nannte. Dortmunds Zweite ist der nächste Gegner im Abstiegskampf der dritten Liga. „So geht das nun gar nicht weiter“, sagte Buchwald, „hoffentlich hat das jeder verstanden.“Über das peinliche 0:3 vor 7766 Zuschauern (Minuskulisse in diesem Jahrtausend) gab es keine zwei Meinungen. Dabei hatten die Kickers gegen eine fast kindlich junge Aachener Mannschaft gespielt, in der mehrheitlich U-23-Kräfte standen aus deren Fünftligamannschaft und gerade noch zwei Spieler, die zu Saisonbeginn zur ersten Elf zählten. Der Rest ist verletzt und notverkauft, um in der Insolvenz den Kostenapparat massiv zu drücken.

Gerd Dais sprach hernach von einer „riesigen Enttäuschung“. Er beklagte „die hohe Fehlerquote“, es habe „kein Zweikampfverhalten, kaum Laufbereitschaft“ gegeben. „Das hatte mit Drittligafußball wenig zu tun.“ Als Aachens Moderator der Pressekonferenz versehentlich den KSC begrüßt hatte, entfuhr es Dais: „Die wären wir gern.“ Dabei war an diesem frustrierenden Frostnachmittag ein anderer KSC angetreten: Kickers Stuttgart Chaosfußball.

„Das war gar nix – ein großer Rückschlag“

Hinten stand man zwar lange ganz passabel. Als das Team nach dem Rückstand durch Dario Schumacher (49.) aber auch nur etwas öffnete, wurde es in der Defensive immer vogelwilder. Vorne passierte nichts, weder mit dem wirkungslosen Torjäger Marco Grüttner, noch daneben mit dem gemächlichen Vincenzo Marchese oder dem indisponierten Fabio Leutenecker, die später durch den Ex-Aachener Daniel Engelbrecht und Mahir Savranlioglu ersetzt wurden. Alemannias Torwart Tim Flekken konnte sich jedenfalls wie zuletzt Manuel Neuer fühlen – kein einziger Schuss kam auf sein Tor.

Mit der letzten Szene des Spiels schoss Sandrino Braun aus sechs Metern unbedrängt mindestens sechs Meter drüber, hoch auf die leeren postgelben Tribünenränge. Da hatten die Aachener Fans auch noch etwas zu lachen und die knapp 200 Stuttgarter etwas zum Schämen.

Alles ging schief: Im Hinspiel hatte Aachens Fabian Baumgärtel mit seinem Fehler den 3:1-Sieg der Kickers eingeleitet. Im Winter wechselte er zu den Kickers, kam am Samstag zur Pause auf den Platz und verdaddelte vier Minuten später den Querpass – 0:1. So konnten sich die Aachener auch noch über ihre durchtriebene Transferpolitik freuen. Für Buchwald ist Aachen ein Un-Ort: 2007 hatte er bei der Alemannia, damals gerade aus der Bundesliga abgestiegen, sein erstes Trainer-Engagement im deutschen Profifußball. Es endete nach kaum fünf Monaten in einem undurchschaubaren Zerwürfnis, obwohl er zwischendurch das größte denkbare Glück der Alemannia-Welt verantwortet hatte: Ein Sieg beim 1. FC Köln.

Jetzt kam der Weltmeister wieder in die Stadt und erlebte den widerstandslosen Auftritt seines Teams. „Das war gar nix. Ein großer Rückschlag, spielerisch, läuferisch, alles! Das darf man sich nicht gefallen lassen. Wir werden jetzt klare Worte finden.“