Der Trainer Horst Steffen vom Drittligisten Stuttgarter Kickers spricht vor dem Start ins neue Fußballjahr am Sonntag bei Mainz II über die Aufstiegschancen, den starken Kickers-Kader und seine eigenen Zukunftsambitionen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Mit dem Gastspiel am Sonntag beim FSV Mainz II (14 Uhr) beginnt für den Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers der zweite Teil der Saison. Nach fünf gewonnenen Testspielen in der Winterpause, darunter gegen die Zweitligisten Aalen und Sandhausen, werden im Umfeld des Tabellendritten die Rufe nach der zweiten Liga lauter. Doch der Trainer Horst Steffen relativiert: „Vom Reden allein wird sich nichts regeln.“

 
Herr Steffen, wie man hört, schulen Sie Ihre Spieler inzwischen nicht nur im Umgang mit dem Fußball – sondern auch in der Handhabung von Pfannen und Töpfen.
Das stimmt. Bei dem Kochkurs mit dem Stuttgarter Gastronomen Rainer Klutsch war das Ziel, einzelne Spieler für das Thema Ernährung zu sensibilisieren. Letztlich geht es ja für jeden Fußballer darum, das richtige Benzin in seinen Körper einzufüllen. Wenn der Kraftstoff stimmt, wird auch die Leistung stimmen. Manchmal wundern sich die Spieler, warum es für sie nicht weiter geht. Dabei ist es eine Grundvoraussetzung, dass sie erkennen, welche Lebensmittel gesund und förderlich für den Leistungssport sind. Über dieses Thema habe ich ein Jahr lang immer wieder gesprochen.
Und dann ging es an den Herd.
Genau, denn ich hatte das Gefühl, dass der eine oder andere in der Praxis doch nicht allzu gut mit dem Messer hantieren kann. Also wurde bei einem Teamabend geschnippelt und gekocht. Ich glaube, es hat allen Spaß gebracht – und die Spieler machen sich jetzt verstärkt vor dem Einkauf darüber Gedanken, was Sie eigentlich kochen wollen.
Sie selbst sind seit drei Jahren Vegetarier.
Ich habe mich eine Menge mit Ernährung beschäftigt und dabei auch über Massentierhaltung und über erschreckende Dinge gelesen, die auf Schlachthöfen passieren. Irgendwann hat mein Verstand dann gesagt: Das kann nicht gesund sein, das willst du nicht weiter unterstützen. Seither esse ich nur in ganz seltenen Ausnahmefällen mal ein Stück Fleisch oder Fisch.
Sportlich haben Sie zuletzt in der Winter-Vorbereitung in fünf Testspielen fünf Siege eingefahren, darunter gegen die Zweitligisten Aalen und Sandhausen. Wie wollen Sie nun dem Umstand begegnen, dass die Rufe nach der zweiten Liga lauter werden?
Es ist mir klar, dass der Aufstieg in die zweite Liga ein Thema ist, über das man bei den Kickers redet. Aber vom Reden allein wird sich nichts regeln. Also habe ich mich auf meine sportliche Arbeit zu konzentrieren. Das bedeutet, ich muss die Jungs auf das Mainz-Spiel vorbereiten. Grundsätzlich bin ich ja auch zuversichtlich, dass wir mit unserem starken Kader in der Rückrunde oben mit dabei blieben. Aber versprechen kann ich nichts. Es gab in der Vorrunde einige Partien, in denen hat die Mannschaft eigentlich alles richtig gemacht – und trotzdem nicht gewonnen. Ein Saisonziel wie der Aufstieg in die zweite Liga würde die Spieler ohnehin nur blockieren.
Aus Großaspach kam Manuel Fischer, der 2007 beim VfB in der Champions League gegen den FC Barcelona sein Profidebüt gab, ehe er ziemlich in der Versenkung verschwand. Was ist Ihr Eindruck von ihm?
Die Vorgeschichte vom Manuel kannte ich gar nicht. Ich hatte in den vergangenen Monaten einige Spiele von Großaspach gesehen – und dachte mir jedes Mal: der Junge ist gefährlich, der hat Qualität. Dann kam irgendwann der Hinweis von unserem Manager Michael Zeyer, dass Manuel Fischer zu haben wäre. Erst dann habe ich mich mit ihm beschäftigt. Jetzt muss ich sagen: Er hängt sich voll rein, auch in der Defensivarbeit, und stimmt mich daher sehr positiv. Manuel steht richtig, er besitzt einen Torriecher – und macht die Dinger auch rein.
Nach den Verpflichtungen von Fischer und des St. Paulianers Bentley Baxter Bahn können Sie vor allem mit Ihrer Offensive zufrieden sein. Viel mehr kann man sich als Drittligatrainer nicht wünschen, oder?
Das ist absolut so. Bentley Baxter Bahn ist ein ganz feiner Fußballer für die Außenbahn, der spielfreudig ist und auf dem Platz gerne viele Ballkontakte haben will. Eine neue Alternative haben wir auch mit Daniel Engelbrecht, der sich richtig reinhängt und Druck macht. Für 60 Minuten reicht seine Kraft inzwischen bestimmt aus. Vor allem im Mittelfeld und in der Offensive haben wir also eine Menge Möglichkeiten. Wenn mal einer einen nicht so guten Tag erwischt, habe ich ein, zwei, drei Spieler in der Hinterhand, die das wieder korrigieren können.
Mit der Qualität wächst aber auch das Konkurrenzdenken. Wie wollen Sie in dem noch größer gewordenen Kader künftig alle Spieler bei Laune halten?
In der Vorbereitung war das kein Problem, denn da bieten sich alle Spieler an. Wenn aber die ersten Entscheidungen getroffen sind, kann es sein, dass der eine oder andere ein bisschen nachlässt. Da muss ich aufmerksam sein, was gewiss nicht einfach wird, weil ja jeder spielen will. Auch die Jungs in der zweiten Reihe müssen dann merken: Da ist ein Trainer, der beschäftigt sich mit mir, der will mich weiter bringen.
Ihre Taktik werden Sie dennoch ein wenig ändern müssen. Denn 2014 haben Sie in Personalfragen gerne auf Konstanz gesetzt und sehr oft dieselbe Startelf gebracht.
Meine Aufstellung hängt immer von den gezeigten Leistungen ab. Wenn sich die Mannschaft einspielt und es gut macht, dann werde ich nicht anfangen zu rotieren. Ich trainiere Profis, die fürs Fußballspielen bezahlt werden. Also gehe ich davon aus, dass jeder motiviert ist, sich für die Mannschaft einzusetzen, auch wenn er wenig Spielzeit bekommt. Als Spieler eines Drittliga-Spitzenteams profitiert ja generell jeder mehr als wenn wir Zehnter wären. Daher sollte jeder Spieler ein Interesse daran haben, das Team nach vorne zu bringen.
Wobei Sie als ehemaliger Juniorentrainer mit einem dauernörgelnden Profi noch nicht allzu viel Erfahrung haben dürften?
Es gab bereits Situationen mit unzufriedenen Spielern – in der vergangenen Saison, aber auch in dieser. Da kann es sein, dass es mal kracht und knirscht und zwei Wochen Funkstille herrscht. Ich bin dann gefragt, einen Weg zu finden, damit man wieder zusammenfindet. Es sei denn, es geht mir zu weit. Die Spieler wissen, dass ich geduldig bin und ihnen immer wieder die Hand reiche. Aber ich kann auch hart sein und durchgreifen, wenn es angesagt ist.
Wie steht es eigentlich um ihren eigenen Ehrgeiz? Sie haben als Profi in der Bundesliga gespielt. Wollen Sie nicht auch als Trainer künftig mal erstklassig werden?
Natürlich gibt es bei mir das Gefühl: erste Liga, das könntest Du auch trainieren. Ich war allerdings als Spieler so ehrgeizig, wollte immer erste Liga sein und habe so verbissen in jedem Training um jeden Meter gekämpft, dass ich auch oft verletzt war. Diese Verbissenheit habe ich als Trainer ein wenig abgelegt. Ich bin überzeugt von dem, was ich tue, will etwas entwickeln. Ich genieße dabei die Konstellation bei den Kickers mit Michael Zeyer und dem Präsidenten Rainer Lorz. Leute auf diesem Niveau findet man nicht in jedem Verein.