Innerhalb einer Woche hat es in der Notunterkunft für Flüchtlinge im Reitstadion einen großen Schwund gegeben. Von 77 Männern sind 42 verschwunden. Sie sind zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Eigentlich sollten im Stuttgarter Reitstadion aktuell 77 Flüchtlinge aus Algerien untergebracht sein. Tatsächlich sind es nur noch 35. Laut dem Regierungspräsidium Stuttgart (RP) sind innerhalb einer Woche, seit dem 4. Februar, 42 Personen „abgängig“, also verschwunden. Warum die Flüchtlinge nicht in die Einrichtung zurückgekehrt sind, ist unklar. „Dazu können wir keine Angaben machen“, sagt die Sprecherin des Regierungspräsidiums, Katja Lumpp. Schwund in den Notunterkünften sei ein generelles Thema. Möglicherweise komme das bei Migrantengruppen, die eine geringe Bleibeperspektive für sich sehen, häufiger vor.

 

Das Regierungspräsidium bringt wie berichtet seit Mitte Januar im Reitstadion Flüchtlinge aus Nordafrika unter, von denen die Mehrheit zuvor in den Erstaufnahmestellen als Problemfälle aufgetreten war, weil sie zum Beispiel an Schlägereien beteiligt gewesen waren. Alle sind vor der Verlegung erkennungsdienstlich erfasst worden. Das Sicherheitspersonal im Reitstadion wurde Ende Januar, als eine zweite Gruppe aus Ellwangen in die Unterkunft gebracht wurde, noch einmal leicht aufgestockt: Nach zuvor 30 sind seither 40 Sicherheitskräfte rund um die Uhr dort. Es gibt umfangreiche Einlasskontrollen.

Flüchtlinge sind nicht eingesperrt

Aber es handelt sich natürlich nicht um ein Gefängnis. „Die Leute sind in der Erstaufnahme nicht eingesperrt“, betont Katja Lumpp. Nach Rechtslage habe das Land kaum Handhabe, wenn Flüchtlinge nicht in die Einrichtung zurückkehren. Man habe die verschwundenen Personen allerdings zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Das bedeutet noch nicht, dass nach den Flüchtlingen aktiv gefahndet wird. Würde ein Ausländer, der zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben ist, aufgegriffen, würde er in die ihm zugewiesene Unterkunft zurückgeschickt, erklärt Katja Lumpp. Dies stelle eine Ordnungswidrigkeit dar.

Eine Ausschreibung zur Festnahme erfolgt nach Auskunft des Regierungspräsidiums nur dann, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits seinen ablehnenden Bescheid zugestellt hat – das müsse nicht persönlich erfolgen, sondern könne auch öffentlich geschehen, wenn ein Flüchtling verschwunden ist. Der Bescheid ist die Voraussetzung für eine Abschiebung.

Liege dieser ablehnende Bescheid vor, sei die Festnahme ausgeschrieben, und sollte die Bundesregierung bezüglich der Rückführmöglichkeiten Erfolg haben, stünde die Abschiebung an, erklärt Katja Lumpp die Vorgehensweise. Solange die Entscheidung des Bundesamts noch nicht vorliegt, müssen die Flüchtlinge dagegen nicht mit direkten Konsequenzen rechnen.

Polizei meldet keine Einsätze in den vergangenen Tagen

Nun stellt sich die Frage, ob ablehnende Bescheide der Anlass sein könnten, warum die Männer verschwunden sind. Ob im Reitstadion Post vom Bundesamt eingegangen ist, ist allerdings unklar. Das RP konnte hierzu am Donnerstag keine Angaben machen. Die Behörde erwartet am Freitag eine Antwort des Bundesamts.

„Generell ist das Ziel, das Verfahren von Asylbewerbern aus Staaten, die keine oder nur eine geringe Bleiberechtsperspektive haben, zu beschleunigen“, so Lumpp. Laut Polizei ist es in den vergangenen Tagen ruhig rund ums Reitstadion gewesen.