Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Eigentlich hätte es Hans-Rudi Bührle besser wissen müssen. Ohne Ankündigung hatte der Bad Boller Bürgermeister vor einem Jahr in der Bahnhofstraße angeblich kranke Kastanien fällen lassen. Das gab Ärger. Dabei kennt er die Stärke der Baumfreunde in seiner Gemeinde. Dass die Grünen wenige Wochen später bei der Landtagswahl 34,3 Prozent und damit nach Stuttgart (34,5 Prozent) ihr zweitbestes Ergebnis in der Region holten, überraschte ihn jedenfalls nicht.

 

Das Umfeld der evangelischen Akademie und des anthroposophischen Naturkosmetikherstellers Wala ist von jeher ein idealer Humus für Ostermärsche, Naturkostgeschäfte, Biobauern und Frauenstammtische mit Babysitterdienst. "Es herrscht ein liberales Klima", sagt Dorothee Kraus-Prause. Die stellvertretende Bürgermeisterin gehört mit ihrem Fahrrad zum Stadtbild und ist Chefin der größten Fraktion im Gemeinderat, zu der die Grüne Liste vor acht Jahren aufgestiegen ist.

Als 1984 die ersten beiden Ökopioniere in den Rat des 5100 Einwohner zählenden Kurorts einzogen, waren sie noch Fremdkörper. "Die Grünen wollen immer über die ganze Welt reden", hieß es. Der Wunsch, die Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen, wurde als Hirngespinst abgetan. Inzwischen hat sich die politische Kultur gewaltig geändert. Eben hat der Gemeinderat einstimmig die Gründung eines Energieversorgungsunternehmens namens Bollwerk beschlossen. Die Gemeinde ist Fair-Trade-Town, auf dem Schuldach blitzt eine Fotovoltaikanlage. Häufig sei man in der Vorreiterrolle, sagt der Bürgermeister stolz. Diskussionen entzündeten sich eben an anderer Stelle. Eine gut begründete Steuererhöhung habe ihm sein Gemeinderat jedenfalls noch nie verweigert.

Rotes Gammelshausen

"Wir eine rote Hochburg?" Peter Zaunseder, der Bürgermeister, kann es kaum glauben. "Seit ich hier bin, war jedes Mal die CDU vorne", sagt der bekennende Schwarze. Trotzdem erzielte die SPD in Gammelshausen bei der Landtagswahl ihr regionalweit bestes Ergebnis und schaffte nur hier den Sprung über die 30-Prozent-Marke. An eine Arbeiterstadt erinnert in dem 1500-Einwohner-Ort allerdings wenig, eher an ein schmuckes Dörflein, das 1975 beim Bundeswettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" sogar eine Goldmedaille einheimste.

Grünes Bad Boll

Eigentlich hätte es Hans-Rudi Bührle besser wissen müssen. Ohne Ankündigung hatte der Bad Boller Bürgermeister vor einem Jahr in der Bahnhofstraße angeblich kranke Kastanien fällen lassen. Das gab Ärger. Dabei kennt er die Stärke der Baumfreunde in seiner Gemeinde. Dass die Grünen wenige Wochen später bei der Landtagswahl 34,3 Prozent und damit nach Stuttgart (34,5 Prozent) ihr zweitbestes Ergebnis in der Region holten, überraschte ihn jedenfalls nicht.

Das Umfeld der evangelischen Akademie und des anthroposophischen Naturkosmetikherstellers Wala ist von jeher ein idealer Humus für Ostermärsche, Naturkostgeschäfte, Biobauern und Frauenstammtische mit Babysitterdienst. "Es herrscht ein liberales Klima", sagt Dorothee Kraus-Prause. Die stellvertretende Bürgermeisterin gehört mit ihrem Fahrrad zum Stadtbild und ist Chefin der größten Fraktion im Gemeinderat, zu der die Grüne Liste vor acht Jahren aufgestiegen ist.

Als 1984 die ersten beiden Ökopioniere in den Rat des 5100 Einwohner zählenden Kurorts einzogen, waren sie noch Fremdkörper. "Die Grünen wollen immer über die ganze Welt reden", hieß es. Der Wunsch, die Energieversorgung in die eigene Hand zu nehmen, wurde als Hirngespinst abgetan. Inzwischen hat sich die politische Kultur gewaltig geändert. Eben hat der Gemeinderat einstimmig die Gründung eines Energieversorgungsunternehmens namens Bollwerk beschlossen. Die Gemeinde ist Fair-Trade-Town, auf dem Schuldach blitzt eine Fotovoltaikanlage. Häufig sei man in der Vorreiterrolle, sagt der Bürgermeister stolz. Diskussionen entzündeten sich eben an anderer Stelle. Eine gut begründete Steuererhöhung habe ihm sein Gemeinderat jedenfalls noch nie verweigert.

Rotes Gammelshausen

"Wir eine rote Hochburg?" Peter Zaunseder, der Bürgermeister, kann es kaum glauben. "Seit ich hier bin, war jedes Mal die CDU vorne", sagt der bekennende Schwarze. Trotzdem erzielte die SPD in Gammelshausen bei der Landtagswahl ihr regionalweit bestes Ergebnis und schaffte nur hier den Sprung über die 30-Prozent-Marke. An eine Arbeiterstadt erinnert in dem 1500-Einwohner-Ort allerdings wenig, eher an ein schmuckes Dörflein, das 1975 beim Bundeswettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" sogar eine Goldmedaille einheimste.

Trotzdem habe die SPD immer gute Ergebnisse erzielt, sagt Hans Hohlbauch. 50 Jahre hat der Gewerkschafter in der Arbeitsverwaltung gearbeitet, seit 1984 sitzt er im Gemeinderat, als einziger Genosse, aber auch als Einziger, der sich überhaupt zu einer Partei bekennt. Traditionell kandidieren nur zwei parteiunabhängige Bürgerlisten. Die Neubaugebiete, die in den 70er und 80er Jahren entstanden, seien der Grund für das SPD-Hoch, glaubt Hohlbauch. Vor allem Facharbeiter aus Göppingen hätten sich dort ihren Traum vom Eigenheim verwirklicht. Jetzt wurde wieder ein Neubaugebiet ausgewiesen. "Aber es kommen eher Akademiker", sagt Hohlbauch, und davon scheinen eher die Grünen zu profitieren.

Schwarzes Drackenstein

An klaren Tagen sieht man bis zu den Alpen. Und tatsächlich mutet der Ort wie ein bayerisches Bergdorf an. Eine enge Straße mit zwei Kehren verbindet Ober- mit Unterdrackenstein. Fünf Landwirte und sieben Nebenerwerbsbetriebe sind noch aktiv.

"Drackenstein ist von jeher katholisch", sagt Horst Walddörfer, der die örtliche CDU führte, bis sich ein Ortsverein in der kleinsten Gemeinde der Region (435 Einwohner) nicht mehr lohnte. Als Volksschullehrer kam der heute 71-Jährige an den Hang. Es gab nur eine einzige evangelische Schülerin. Deshalb war Einstellungsbedingung gewesen, dass auch Walddörfer die rechte Konfession hatte.

1992 kam Drackenstein nicht als schwarzes, sondern braunes Nest in Verruf. Mehr als 20 Prozent hatten die Republikaner gewählt. "Das waren die Jungen", sagt Walddörfer. Doch in einem Ort, in dem jede Stimme ein halbes Prozent ausmache, genügten dafür zwei Freundeskreise. Zwei Wahlen später sammelten sich die Proteststimmen bei der SPD. Für die CDU änderte sich indes wenig. "50 Prozent hatten wir hier immer." Im vergangenen März waren es 54,5 Prozent. Am Kandidaten Stefan Mappus habe das aber nicht gelegen. Beim freitäglichen Stammtisch in der Krone sei man sich jedenfalls einig gewesen, dass der Grüne Winfried Kretschmann eigentlich besser zu Drackenstein passe. Auch er ist ein gläubiger Katholik.

Ein Ex-Grüner ist der beste Linke

Außenseiter: In der gesamten Region kam die Linke bei der Landtagswahl 2011 nur in zwei Orten über die Fünfprozenthürde. Beide liegen im Rems-Murr-Kreis: In Großerlach holte sie 6,1, in Murrhardt 7,5 Prozent. Der Hintergrund dürfte die Kandidatur von Titus Simon sein, der viele Jahre lang für die Grünen im Murrhardter Gemeinderat saß und die Fraktion anführte, bevor er zur Linken wechselte.

Landeshauptstadt: Ein Blick in die Stadtbezirke von Stuttgart zeigt, dass es auch dort recht unterschiedlich ausgeprägte politische Landschaften gibt. Die CDU hat ihre Hochburg in Obertürkheim. Dort kam sie auf 37,3 Prozent. Allerdings hatte sie bei der Wahl 2006 noch in jedem zweiten Stadtbezirk über der 40-Prozent-Marke gelegen. Die SPD erzielte in Münster mit 26,5 Prozent ihr bestes Ergebnis, die Grünen kamen in der Stadtmitte auf den Spitzenwert von 45,5 Prozent. Die FDP ist nur noch in Botnang mit 10 Prozent zweistellig. Die Linke kam in Zuffenhausen und Mühlhausen auf jeweils 4,6 Prozent.

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