Der 16-Jährige, nach seinen Anfängen beim SV Fellbach und TSV Schmiden zwischenzeitlich auch schon mal kurz beim VfB Stuttgart, möchte jetzt bei den U-17-Junioren der Stuttgarter Kickers (Bundesliga) den Durchbruch schaffen

Fellbach - Auf sein Ballgefühl kann sich Leon Rasic verlassen. Beim Fototermin lässt er minutenlang die Kugel auf Fuß und Oberschenkel tanzen. Auf seinen versierten Umgang mit dem Spielgerät sind auch schon andere aufmerksam geworden. Seit dieser Saison gehört der Fellbacher zum Kader der U-17-Junioren des Drittligisten Stuttgarter Kickers, die in der Bundesliga am Ball sind. Es ist schon seine zweite Chance, seinem Traum vom Profifußballer einen Schritt näher zu kommen. Ein kurzes Gastspiel beim Nachwuchs des Erstligisten VfB Stuttgart scheiterte – auch aus eigenem Verschulden, wie Leon Rasic sagt. Jetzt will es der Stürmer in Degerloch packen.

 

In seiner noch kurzen Fußballerlaufbahn hat Leon Rasic schon einige Stationen absolviert und manchen Rückschlag weggesteckt. Begonnen hat alles beim SV Fellbach in der F-Jugend – und mit einem Handicap. Wegen einer Wachstumsstörung im Knie durfte der Bub nur mit angezogener Handbremse kicken. Vielleicht auch deshalb fasste er nie so richtig Fuß beim SVF und wechselte im zweiten D-Jugend-Jahr zum TSV Schmiden. Sein Kniegelenk holte den Rückstand auf, und Leon Rasic wuchs auf dem Platz zur bewährten Kraft heran. Der FSV Waiblingen, dessen C-Junioren in der Oberliga spielten, wurde auf den talentierten Jungen aufmerksam und lockte ihn an die Rems. Dort entwickelte sich sein Torriecher. 15 Treffer erzielte er in einer Saison. Der Vater eines Mitspielers, der als Scout für den VfB Stuttgart arbeitete, vermittelte ihn zu den B-Junioren auf den Wasen.

Leon Rasic’ Lieblingsspieler sind Andrea Pirlo, Zlatan Ibrahimovic und Mario Mandzukic, und er glaubte sich schon auf den Spuren seiner Idole. Doch der nächste Tiefschlag ließ nicht lange auf sich warten. Bei einem Freundschaftsspiel zwischen dem VfB und seinem alten Verein FSV Waiblingen verletzte er sich schwer. Außen- und Innenband am Sprunggelenk waren gerissen. Leon Rasic war vier Monate weg vom Fenster, und danach wollte ihn der VfB nicht mehr, was nicht allein an seiner Verletzung lag. „Ich war damals einfach zu hochnäsig“, sagt er heute. Bei den Stuttgarter Kickers, die ihn nach seinem Rauswurf beim VfB bereitwillig aufnahmen, will er alles anders und besser machen.

Der Teenager hat aus der Vergangenheit gelernt. Leon Rasic weiß, dass der Weg vom Talent zum Profi schwer ist, und dass Gesundheit die Grundlage für den Erfolg ist. Der 16-Jährige aus Fellbach ist bereit, alles dafür unterzuordnen. Er achtet auf seine Ernährung und seinen Körper. Disziplin hat er von seinen Eltern gelernt. Abwechselnd fahren ihn seine Mutter und sein Vater zum täglichen Training auf das Gelände der Kickers unterm Fernsehturm und begleiten ihren Sohn zu jedem Spiel. Noch sitzt der Zugang meist zunächst auf der Bank. Aber er hat schon zweimal getroffen, nachdem ihn der Trainer Francisco Paco Vaz eingewechselt hatte: „Ich gebe einfach immer weiter Gas und arbeite hart, denn ich will es zum Stammspieler schaffen.“

Ein professionelles Umfeld hat er bei den Kickers. Bereits vor der Schule treffen sich die Nachwuchsfußballer zum Frühtraining, der Schultag beginnt für sie erst in der dritten Stunde. Meist endet sein Tag spät, vor 22.30 Uhr ist er selten daheim. Nach einer kurzen Mahlzeit wirft er noch einen Blick in die Schulbücher.

Dass sich der Einsatz lohnt, weiß Leon Rasic. Einer seiner Klassenkameraden hat schon bei der ersten Mannschaft mittrainieren dürfen. Für die Chance, den nächsten, vielleicht entscheidenden Schritt zu machen, nimmt er in Kauf, dass zwischen Klassenzimmer und Fußball nicht mehr viel hineinpasst. Zum Glück hat Leon Rasic eine verständnisvolle Freundin mit Gespür für den Sport. „Ihr Bruder spielt auch bei den Stuttgarter Kickers. Sie kennt und akzeptiert das“, sagt der 16-Jährige.

Leon Rasics größter Wunsch ist es, gesund und am Ball zu bleiben. Weil es aber auch dann mehr als ungewiss ist, ob er es in den Profifußball schaffen wird, fährt der Fellbacher zweigleisig. Nachdem er im Frühjahr die Auberlen-Realschule mit Abschluss verlassen hat, besucht er jetzt das Berufskolleg Sport der Stuttgarter Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule. Die Einrichtung ist „Eliteschule des Sports und des Fußballs“ und kooperiert mit dem VfB und den Kickers. Hier will Leon Rasic in eineinhalb Jahren sein Fachabitur machen.

Falls es mit der großen Karriere auf dem grünen Rasen nicht klappt, steht ihm dann zumindest der zweitbeste Weg offen, eine Ausbildung im Bereich Sport. Für den „Assistenten im Sport- und Verwaltungswesen“ macht er derzeit ein Praktikum beim TSV Schmiden. Einen Tag pro Woche schnuppert er in die Branche hinein, kümmert sich um Buchhaltung und um Kinderbetreuung. „Ich liebe Fußball über alles, aber ich habe auch einen Plan B“, sagt er.