Der Verteidigungsminister Thomas de Maizière will wegen der Drohnen-Affäre nicht zurücktreten, behält sich aber personelle Konsequenzen in seinem Ressort vor. Er selbst sei zu spät informiert worden, sagt er. Zugleich räumt der Minister aber Fehler ein.

Berlin - Ein Mann kämpft um sein Selbstbild. Ruhig, besonnen, konzentriert sitzt Thomas de Maizière vor den Journalisten der Bundespressekonferenz, die drei Wochen warten mussten, bis der Verteidigungsminister erstmals öffentlich Stellung bezog. Jetzt geht de Maizière kontrolliert in die Offensive – in eigener Sache. Bisher galt er als umsichtiger Verwaltungsprofi, Spitzname „Büroklammer“, uneitel, fleißig, solide, wie geschaffen also für höhere Ämter und schwierige Jobs. Um diesen Ruf kämpft Thomas de Maizière nun, denn er ist sein größtes politisches Kapital. Ohne dieses Image wirkt sein Auftritt nicht mehr souverän und seriös, sondern bieder und dröge.

 

Bei seinen Vorträgen vor den Ausschüssen und vor dem Parlament vermeidet er den Eindruck von Selbstgefälligkeit, aber auch jeden Anschein, persönlich in Haftung genommen werden zu können für die gescheiterte Beschaffung der unbemannten Aufklärungsdrohne Euro Hawk. De Maizière, das wird schnell klar, plädiert auf „nicht schuldig“ im Sinne der Ankläger auf Seiten der Opposition. Glaubt man seinen Worten, dann hat er lange Zeit von dem Euro-Hawk-Projekt nicht viel mehr als den Namen gekannt. Von den Problemen habe er erst im letzten Moment erfahren, dann aber freilich blitzschnell reagiert und das Projekt stoppte.

Krisenmanagement als letzte Instanz

Jetzt soll im Verteidigungsministerium alles besser werden. Unter anderem auch durch die Einführung regelmäßiger Statusberichte bei milliardenschweren Rüstungsprojekten an den Minister. Darauf habe in den vergangenen Jahrzehnten kein amtierender Minister wert gelegt, was laut de Maizière möglicherweise ja auch daran liege, dass „es für einen Minister ganz bequem sein kann, dass unangenehme Entscheidungen von ihm fern gehalten werden“. Auch beim Euro Hawk wurde das Krisenmanagement – wenn überhaupt – von den Staatssekretären als letzter Instanz abgehandelt. De Maizière sagt, er habe erstmals von Problemen bei der Zulassung „in allgemeiner Form“ am 1. März 2012 erfahren, allerdings mit dem Zusatz,versehen, das bekomme man schon hin. Und weil es laut de Maizière bei allen Projekten bei der Zulassung knirsche, habe er sich nichts dabei gedacht.

Erst am 13. Mai 2013 sei er von den Staatssekretären darüber informiert worden, dass die Probleme nicht zu einem vertretbaren Preis lösbar seien. Die Entscheidung seiner Staatssekretäre, den Euro Hawk zu stoppen, habe er „am selben Tag gebilligt“. Zuvor habe es keine Vorlage an den Minister gegeben. „Eine solche Entscheidung muss von mir selbst getroffen werden“, nicht von den Staatssekretären, sagt der Minister. Klingt so, als sei dies in seinem Ministerium keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Gleichwohl attestiert er seinen Staatssekretären, richtig gehandelt zu haben.

Auch diese seien erst Anfang 2012 im Bilde gewesen, hätten dann aber noch versucht, zumindest eine weniger aufwendige, vorläufige Zulassung durchzusetzen, um wenigstens die Aufklärungssensorik – von EADS entwickelt – zur Serienreife zu bringen. Dafür brauche man laut de Maizière den Euro Hawk noch immer, als Trägersystem zu Testzwecken. Hätte man damals das gesamte Projekt schon gestoppt, der Schaden wäre laut de Maizière noch weit größer gewesen, weil dann auch die Entwicklung der Sensorik gescheitert wäre.

Falsches Verfahren

Auch wenn die Entscheidung der Staatssekretäre aus Sicht des Ministers richtig war, sei das Verfahren trotzdem falsch. „Ich bedaure das“, sagt de Maizière. „Ich hätte früher mein Haus so ordnen müssen“ – damit so etwas nicht vorkomme. „Ich wäre lieber selbst darauf gekommen, als mit der Nase darauf gestoßen zu werden“, so der Minister. Dennoch hält er an den Staatssekretären fest. Vor allem Stéphane Beemelmans will er um fast jeden Preis halten. Er ist sein wichtigster Vertrauter, manche in der Union sagen: sein rechter Arm.

De Maizière will sich jetzt persönlich um das große Reinemachen in seinem in Rüstungsfragen weitgehend auf Autopilot laufenden Ministerium kümmern. „Meine Verantwortung sehe ich darin, diesen Prozess zu Ende zu bringen“, sagt er, als sei dies für ihn eine Frage der Ehre. Und weil allein schon der dafür notwendige „Mentalitätswechsel“ im Ministerium seiner Ansicht nach Jahre dauern werde, hat der Minister damit recht elegant nicht nur seinen Rücktritt ausgeschlossen, sondern zugleich schon mal klar gemacht, dass er nach der Bundestagswahl im Falle einer Regierungsbeteiligung der Union das Ressort weiter zu führen gedenkt.

Die Opposition gibt sich nicht zufrieden. Am Montag muss sich der Minister abermals im Verteidigungsausschuss rechtfertigen. Ein Untersuchungsausschuss ist im Gespräch. „Der Minister hat Fehler eingeräumt – aber immer nur die Fehler der anderen“, stichelt der Grüne Omid Nouripour. Der SPD-Politiker Rainer Arnold wirft ihm vor, die Verantwortung immer nur auf andere abzuwälzen. Dies sei „ein schäbiges Verhalten, gerade von einem Minister, der die ganze Zeit von Verantwortung redet“. In dem Moment, in dem die Sache bei den Staatssekretären anlangte, seien die Probleme so oder so „politisch in ihrem Verantwortungsbereich angekommen“, sagt Arnold, an den Minister gewandt. Eines wird an diesem Tag klar: nach dem Absturz des Euro Hawks ist auch der Minister noch nicht sicher gelandet.