Ehemalige Heimkinder haben seelische und körperliche Misshandlungen erlitten. Doch auf eine Entschädigung müssen sie jahrelang warten. Die Beratungsstellen sollten mehr Mitarbeiter bekommen, fordert Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Man muss sich kurz in ein Heimkind hineinversetzen, um erahnen zu können, welches Martyrium viele durchlebt haben: Sie erhielten Prügel, mussten schwer arbeiten, ständig wurde auf ihrer Seele herumgetrampelt. Vor allem hatten sie keine Chance zu entkommen. Ihre Briefe wurden zensiert, die Jugendämter kümmerten sich nicht, ihre Klagen hielt man für Lügen. Sie waren ausgeliefert, und das oft über viele Jahre hinweg. Die Heimerziehung bis 1975 ist einer der größten Skandale der jungen Bundesrepublik.

 

Insofern kann man manche Betroffene verstehen, die den Fonds rundweg ablehnen. Tatsächlich lässt sich das erlittene Unrecht mit ein paar Tausend Euro nicht gutmachen. Die Entschädigung ist nur eine Geste – die aber sollte dann jedoch zumindest besonders zügig erfolgen. Doch die langen Wartezeiten bewirken gerade das Gegenteil: Viele Betroffenen sehen all ihre Befürchtungen bestätigt und haben erneut den Eindruck, nicht ernst genommen zu werden.

Die Beraterinnen in den Anlaufstellen tun sicher ihr Möglichstes, aber es ist eine Farce, den ehemaligen Heimkindern einen ersten Termin in 16 Monaten anzubieten. Einige zusätzliche Mitarbeiter, sowieso nur für eine befristete Zeit, kosten nicht allzu viel. Das Sozialministerium muss sie eher gestern als heute einstellen.