Das Hotel Rössle in Stuttgart-Wangen ist an den Verein Ambulante Hilfe verkauft worden. Von Mai 2015 an werden dort psychisch kranke Wohnungslose betreut.

Wangen - In Wangen wird es bald ein Traditionshotel weniger geben. Im Mai schließt das Hotel-Restaurant Rössle an der Ulmer Straße. Der Verein Ambulante Hilfe hat das Gebäude gekauft und will dort betreuten Wohnraum für psychisch kranke Menschen anbieten. In der jüngsten Bezirksbeiratssitzung in Wangen wurde das Konzept der Einrichtung mit dem Namen „Hotel Plus” vorgestellt.

 

Im Januar hat der Verein das bisherige Hotel vom Eigentümer erworben. Nun soll dort psychisch angeschlagenen, wohnungslosen Menschen geholfen werden. „Viele psychisch Kranke realisieren nicht, dass sie krank sind und suchen sich deshalb auch keine entsprechende Unterstützung“, erklärt Michael Knecht von der Ambulanten Hilfe. Wenn diese Menschen wohnungslos sind, fallen sie in das Aufgabengebiet der Wohnungslosenhilfe, anstatt Angebote zur psychologischen Betreuung wahrzunehmen. „Genau dort setzt das Konzept Hotel Plus an.“

Die Bewohner sollen möglichst weiter vermittelt werden

In den Räumen eines Hotels könnten sich die Menschen wohlfühlen, sagt Knecht. Gleichzeitig hätten sie die Möglichkeit, sich an persönliche Betreuer zu wenden. „Wir haben Mitarbeiter aus der Wohnungslosenhilfe und der Sozialpsychiatrie vor Ort. Dadurch wollen wir den Bewohnern den Kontakt ermöglichen. Ein Zwang zum Gespräch besteht aber nicht“, so Knecht. Durch das persönliche Betreuungsangebot soll den künftigen Bewohnern des Hotels Plus der Zugang zum sozialpsychologischen Dienst erleichtert werden. Nach Möglichkeit sollen sie dann in eines der gemeindepsychiatrischen Zentren des Stuttgarter Klinikums vermittelt werden, mit dem die Ambulante Hilfe zusammenarbeitet. Gelingt das nicht, sagt Knecht, dürften die Bewohner aber auch längerfristig im Hotel Plus leben.

Die neue Einrichtung soll in Zukunft Platz für 15 Menschen bieten. Insgesamt 15 Einzelzimmer soll es geben. Dazu werden die aktuell 20 Hotelzimmer von Mai an zusammengelegt und umgebaut. Betreut werden dann vor allem alleinstehende Männer im Alter von 35 bis 55 Jahren, die eine psychische Erkrankung aufweisen. Teilweise werden aber auch Frauen in der Einrichtung untergebracht.

Die Bezirksvorsteherin versteht die Sorgen der Bürger

Eine Gefahr wird von den Bewohnern wohl nicht ausgehen. Vorwiegend, erklärt Knecht, handle es sich um Menschen mit Psychosen oder Verfolgungswahn, die im Hotel Plus „Ruhe finden“ und sich selbst versorgen sollen. Nachts und am Wochenende, wenn kein soziales Betreuungspersonal vor Ort ist, soll ein Wachdienst für die nötige Sicherheit sorgen. Die Unterbringung der Menschen erfolgt im Auftrag des Stuttgarter Sozialamtes. Im August oder spätestens im September soll das Hotel Plus eröffnet werden.

Wangens Bezirksvorsteherin Beate Dietrich bedauert einerseits den Verlust des traditionsreichen Hotels Rössle. Andererseits, sagt sie, sei das Hotel Plus ein Konzept, „das in Stuttgart gebraucht wird“. Dass die Anwohner der Ulmer Straße sich Sorgen über die künftige psychisch kranke Nachbarschaft machen, versteht die Bezirksvorsteherin gut. Doch an dieser Stelle, meint sie, müsse die Zeit zeigen, wie sich die Situation entwickelt.

Auch in Untertürkheim wurde ein Hotel umgewidmet

Erst vor Kurzem wurde, wie berichtet, auch das frühere Hotel Beißwanger an der Augsburger Straße in Untertürkheim in eine Einrichtung für Wohnungslose umgewandelt. Zunächst waren die von der Caritas betreuten Wohnungslosen in einem Gebäude an der Landhausstraße im Stuttgarter Osten untergebracht. Weil der Mietvertrag aber nicht verlängert wurde, musste die Einrichtung kurzfristig umziehen. Die Unterkunft an der Augsburger Straße bietet nun Platz für 30 Menschen. Anders als im neuen Hotel Plus in Stuttgart-Wangen wird in der Untertürkheimer Einrichtung jedoch das Ziel verfolgt, Obdachlosigkeit zu vermeiden, die Bewohner gesellschaftlich zu integrieren und sie – soweit möglich – dazu zu befähigen, eines Tages eine eigene Wohnung zu beziehen.