Einem Fahrgast der Stadtbahn leuchtet nicht ein, warum er mal ein Kurzstrecken-Ticket lösen kann und mal nicht. Der Fahrpreis hängt nämlich von der Tageszeit ab. Und das findet der Mann nicht nachvollziehbar.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Es ging schon einiges an Briefpapier drauf für diese Sache. Im August 2013 hat Friedrich Lösch begonnen, mit dem Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) und der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) zu korrespondieren. Der Mann aus Ostfildern hatte Anmerkungen zum Tarif in den Öffentlichen. Unter anderem die, dass es sich zwischen den Bahnhaltestellen „Stelle“ und „Silberwald“ mit Preisdifferenz pendelt – je nach Tageszeit.

 

Wer von der „Stelle“ zur Haltestelle „Silberwald“ will, ist zwei Stationen unterwegs. Wenn Fahrgäste die Bahn spätestens an der dritten Haltestelle nach dem Zustieg verlassen, können sie ein Kurzstreckenticket lösen. Kostenpunkt: 1,20 Euro. Den Sparpreis bekommen Kunden aber nur, wenn sie die Bahn nicht wechseln. Diese Bedingung lässt sich nur morgens und abends erfüllen. Denn lediglich dann pendelt die Stadtbahn U 15 von Stammheim bis Heumaden. Zwischen 8.30 und 16 Uhr ist die „Ruhbank“ Endstation für den 15er. In diesem Zeitraum kostet die Fahrt mit einem Normalticket zwischen „Stelle“ und „Silberwald“ 2,20 Euro. Das will dem Fahrgast Friedrich Lösch aus Ostfildern beim besten Willen nicht einleuchten. Weshalb er auch dem Oberbürgermeister geschrieben hat.

Das Argument des VVS lässt der Bahnfahrer nicht gelten

Dass auf Kurzstrecken Umsteigen nicht erlaubt ist, liegt laut VVS an folgendem Problem: Angenommen, jemand fährt von der „Stelle“ zum „Silberwald“ und wechselt an der „Ruhbank“ die Bahn, woher sollen die Kontrolleure wissen, dass er vorher nicht schon zwei Stationen mit der U 8 hinter sich gebracht hat? Ein Argument, das der Bahnfahrer Lösch nicht gelten lässt. „Natürlich ist die Nachprüfbarkeit des Kurzstreckentickets jederzeit gegeben, ist doch auf dem Ticket die Ausgabestelle aufgedruckt“, belehrt er den VVS. „Jeder Kontrolleur kann an dieser Einstiegsstelle die erlaubten Haltestellen abzählen.“ Die Regel, dass die Kurzstrecke für zwei Haltestellen ohne Umstieg gilt, ist 2006 in Kraft getreten. Vorher waren zwei Kilometer das Kriterium für das Sparticket. „Die Mehrheit der Fahrgäste profitiert von der Änderung dieser Regelung“, sagt Nadine Szymanski, eine VVS-Sprecherin. Das sei an den gestiegenen Verkaufszahlen abzulesen. Der VVS habe seit dem Wechsel 20 Prozent mehr Umsatz mit der Kurzstrecke gemacht. „Das heißt aber natürlich nicht, dass alle einen Vorteil haben“, sagt Nadine Szymanski.

Für die Strecke „Stelle“ bis „Silberwald“ gebe es übrigens die Möglichkeiten, gegenüber dem Normalpreis von 2,20 Euro zu sparen – auch ohne das Kurzstreckenticket, sagt die Sprecherin. Wer seinen Fahrschein per SMS löst, zahlt 2,07 Euro. Wer mit dem Handyticket nichts anfangen kann und öfters zwischen besagten Haltestellen pendelt, könnte sich ein Viererticket kaufen, dann liegt eine Strecke bei 2,08 Euro. Als Alternative für Preisfüchse bleibt noch, die Fahrt auf morgens oder abends zu verschieben – oder durch den Wald zu laufen.