Das System für eine zentrale Hochschulzulassung im Internet wird nicht rechtzeitig zum Einsatz kommen. Die Politik reagiert ratlos.

Bonn - Der Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Thomas Kathöfer, hat sich gegenüber der Stuttgarter Zeitung "mehr als enttäuscht" darüber geäußert, dass ein modernes Zulassungsverfahren für Studienplätze nicht pünktlich zum Wintersemester starten wird. "Zusagen wurden nicht eingehalten, man hat die Hochschulen erneut vertröstet", kritisierte Kathöfer.

 

Um das Chaos mit den Mehrfacheinschreibungen zu vermeiden, sollten sich Studienplatzbewerber im Internet auf einer zentralen Plattform bewerben. Dialogorientiertes Serviceverfahren heißt das Wunderwerk, auf das sich Bund und Länder geeinigt hatten. Mit der Entwicklung wurde das staatseigene Unternehmen Hochschul-Informations-Systeme (HIS) beauftragt. Der Bund hat 15 Millionen Euro dafür ausgegeben.

Annette Schavan ist verärgert

Wegen Problemen mit der Software können aber nur 40 der 300 Hochschulen bei der Online-Studienplatzvergabe mitmachen, und auch dies nur in bestimmten Fächern. "Wir starten als Notbetrieb", sagt Bernhard Scheer von der Stiftung Hochschulzulassung, die aus der Zentralen Vergabestelle für Studienplätze hervorgegangen ist.

Die Blamage über das Scheitern der Technik wird als so groß empfunden, dass über eine Privatisierung der IT-Sparte der gemeinnützigen HIS nachgedacht wird. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) soll verärgert über HIS sein: "Die Erfahrungen der vergangenen Monate werfen die Frage auf, welchen Wert die Arbeit der HIS eigentlich noch hat." Nun jagen sich Krisensitzungen: Am 18. Januar will der Bildungsausschuss des Bundestages beraten, am 19. Januar tagt die Gesellschafterversammlung der HIS.

Die SPD-Bildungsexpertin Ulla Burchardt sieht die Verantwortung aber bei Schavan, die sich "um nichts kümmert". Der Bund müsse ein Gesetz verabschieden, das Klarheit über die Zuständigkeiten bei der Hochschulzulassung schaffe und das die Abläufe und die Finanzierung regle. Vor den technischen Tücken, so Burchardt, sei früh gewarnt worden. Das Problem bestehe darin, dass die meisten Hochschulen noch die 13 Jahre alte HIS-GX-Software verwendeten und die lasse sich nicht an die neu entwickelte Zulassungssoftware anbinden. "Man kann einen 13 Jahre alten Gebrauchtwagen nicht fit machen für die Formel 1."

System wurde rechtzeitig gestoppt

Bei der HIS wird die Diagnose bestätigt. "Bei der Entwicklung der zentralen Software hat man nicht der bestehenden Landschaften an den Hochschulen Rechnung getragen", sagt Annegret März von HIS. Im Bildungsministerium sieht man die Politik nicht am Zug: "Technische Fragen sind durch kein Bundesgesetz zu lösen", sagt Schavans Sprecher Robin Shira.

Die HRK ist froh, dass das nicht funktionierende System rechtzeitig gestoppt wurde. Sonst hätte die Gefahr bestanden, "dass Bewerbungen beim fehlerhaften Zusammenspiel von Softwaretools verschwinden", sagt Thomas Kathöfer. Das geplante Verfahren sei alternativlos. Aber erst müssten seine technischen Probleme gelöst werden.