Beim 1:1 in Köln hat sich Serdar Tasci einen Innenbandanriss am Knie zugezogen. Damit muss der Innenverteidiger seine EM-Hoffnungen wohl begraben.

Köln/Stuttgart - Serdar Tasci hat nichts Gutes geahnt, als er am späten Samstagnachmittag schweren Schrittes seinen Rollkoffer aus der Umkleidekabine zog. Finster war der Blick unter seiner schwarzen Wollmütze, noch tiefer als sonst seine Stimme. Er habe Schmerzen am Knie, das sei kein gutes Zeichen, brummte Tasci, „denn Kniegeschichten sind für einen Fußballer immer das Schlimmste“. Er hoffe daher, so schloss der VfB-Kapitän seine Ausführungen im Anschluss an das 1:1 (0:0) beim 1. FC Köln, „dass es nichts Gravierendes ist“.

 

Eine Kernspintomografie am nächsten Vormittag brachte zwar immerhin die Gewissheit, dass der Pressschlag in der Schlussphase keinen ganz schweren Schaden verursacht hat. Doch reichte auch der diagnostizierte Innenbandanriss im rechten Knie völlig aus, um Tasci nachhaltig die Laune zu verderben: „Für eine Verletzung gibt es nie den richtigen Zeitpunkt. Aber gerade jetzt ist es natürlich extrem ärgerlich, so kurz vor dem Saisonende.“

Mindestens vier Wochen Pause

Vier Wochen, so lautet die erste Prognose, wird Tasci fehlen. Das bedeutet zunächst einmal, dass der Innenverteidiger in den beiden verbleibenden Bundesligaspielen beim FC Bayern und gegen den VfL Wolfsburg ausfällt. In diesen Partien geht es darum, ob der VfB direkt in die Gruppenphase der Europa League einzieht oder den Umweg der Qualifikations- oder Play-off-Spiele gehen muss (siehe „Der Weg in die Europa League“). Dass die Stuttgarter nächstes Jahr international dabei sind, das steht seit dem Punktgewinn in Köln fest, dem zehnten Spiel nacheinander ohne Niederlage. Der siebte Platz ist dem VfB schon zwei Spieltage vor Schluss nicht mehr zu nehmen – „und das ist auch mal eine Erwähnung wert“, wie der Trainer Bruno Labbadia befand. Schließlich habe es vor noch nicht allzu langer Zeit geheißen, dem VfB drohe der Abstieg in die zweite Liga.

Also legten alle Beteiligten den Mantel der Nachsicht über den durchwachsenen VfB-Auftritt beim Abstiegskandidaten aus Köln. „Mund abputzen, und dann geht’s weiter“, so lautete das Motto des Managers Fredi Bobic. Und der Mittelfeldspieler Christian Gentner gab zu bedenken, man könne „nicht davon ausgehen, dass wir von Stadion zu Stadion reisen und alle Gegner einfach so weghauen“. Ergo: „Man muss auch mal mit einem Punkt zufrieden sein.“ Jetzt gelte es, den fünften Platz zu sichern.

Cacau macht Werbung in eigener Sache

Dabei hätte auch Serdar Tasci gerne mitgeholfen – doch hat die Knieverletzung für ihn daneben eine zweite und fast noch schwerer wiegende Konsequenz: Anders als der Edelreservist Cacau, der mit seinem Ausgleichstreffer in Köln Werbung in eigener Sache gemacht hat, muss der Verteidiger wohl seine Hoffnungen begraben, bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine mit dabei sein zu können.

Aufmunternde Signale vom Bundestrainer Joachim Löw hatte es in den vergangenen Wochen gegeben, in denen Tasci als sehr stabiler Anführer einer erfolgreichen VfB-Mannschaft aufgetreten war. Die Verletzung des Platzhirschs Per Mertesacker, der wegen einer schweren Sprunggelenksblessur auf unbestimmte Zeit ausfällt, schien ihm dabei zusätzlich in die Karten zu spielen. Nun vermeldet der VfB zwar in seinem Bulletin, dass Tasci „auch wieder einsatzfähig“ sei, sollte ihn „der Ruf von Bundestrainer Joachim Löw für den EM-Kader erreichen“. Doch dürfte dies eine sehr unwahrscheinliche Variante sein.

EM-Kader wird am 7. Mai benannt

Bereits am 7. Mai, zwei Tage nach dem Bundesligafinale, benennt Löw seinen vorläufigen Kader, ehe es vier Tage später ins Regenerationstrainingslager auf Sardinien geht. Nur im absoluten Notfall will der Bundestrainer Spieler mitnehmen, von denen unklar ist, ob sie rechtzeitig fit werden. Nach den Erfahrungen mit Christoph Metzelder jedenfalls, der vor der EM 2008 monatelang verletzt war und in der Vorbereitung mühsam aufgepäppelt werden musste, hat Löw immer wieder betont, solche Risiken nicht mehr eingehen zu wollen. Und sollte er es doch tun, hätte Per Mertesacker, einer seiner Lieblingsschüler, sicher bessere Aussichten als Tasci, der letztmals im August 2010 für Deutschland gespielt hat.

„Ich hoffe, dass er so schnell wie möglich wieder gesund wird“, sagt der VfB-Trainer Bruno Labbadia. Nach Lage der Dinge kann sich Serdar Tasci aber Zeit lassen bis zum Beginn der neuen Saison.