Bittere Nachwehen nach dem verlorenen Pokalfinale gegen den FC Bayern: Es gibt nicht nur Diskussionen um den kurzen Auftritt der VfB-Spieler im Stuttgarter Rathaus, sondern auch eine Debatte um den teuren Berlin-Trip der Stadträte.

Stuttgart - Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat nach dem verlorenen DFB-Pokalfinale gegen Bayern München Wort gehalten: „Unabhängig vom Ausgang der Partie werde ich Spieler und Verantwortliche am 2. Juni in Stuttgart empfangen“, hatte er in der vergangenen Woche betont und Kritikern widersprochen, die aus der Erfahrung der Pokalpleite von 2007 orakelten, ein städtischer Empfang im Rathaus auf Steuerzahlerkosten würde im Falle der (erwarteten) Niederlage der Stuttgarter wohl erneut wenig amüsant werden.

 

Tatsächlich hat der Grünen-OB und Bayern-Fan am Tag nach dem Finale die ganz in Schwarz gekleideten Wasenkicker empfangen und ihnen Respekt gezollt. Was bei dieser Veranstaltung für Ärger gesorgt hat, war der Umstand, dass die meisten der rund 600 (und 100 erwarteten) von der Stadt eingeladenen Gäste zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Rathaus waren; das Auditorium bildeten überwiegend Journalisten, Fotografen und Edelfans, die zum VfB-Tross gehörten.

Das war wohl nix

„Einlass 13.30 Uhr, Beginn des Empfangs um 14 Uhr“ hatte auf der Einladung der Stadt gestanden. Doch als sich gerade die Rathaustüren fürs Publikum geöffnet hatten, war Kuhn schon beim Abspann, und die Spieler verließen das Rathaus durch den Vordereingang.

„Das war wohl nix: OB Kuhn lädt auf 14 Uhr zum VfB-Rathaus-Empfang – und die Spieler sind um 13.45 Uhr schon wieder weg. Verdutzte Gäste“, twitterte ein sichtlich verärgerter Stefan Kaufmann. Der CDU-Bundestagsabgeordnete hatte auf dem Weg zum Termin übers Autoradio mitbekommen, dass sich die Spieler bereits verabschiedet hatten. „Das war nur peinlich“, meint Kaufmann – und er steht mit dieser Haltung nicht allein. Viele Repräsentanten der Stadt beschwerten sich hinter vorgehaltener Hand über das Vorgehen.

Der Sportkreis-Vize Werner Schüle, dessen Enkel Tim sich mit Lederball und Autogrammkarte ausgestattet hatte, war kurz vor 14 Uhr vom scheidenden VfB-Präsidenten Gerd Mäuser am Eingang mit den Worten begrüßt worden: „Warum kommt ihr denn jetzt erst?“

„Warum kommt ihr denn erst jetzt?“

Er habe zwar Verständnis dafür, dass die frustrierten Fußballer schnell auf die Couch wollten, aber eine Stunde hätten sie schon noch durchhalten können, meint Schüle. Er habe sich dann noch um eine Stadionwurst bemüht und kam zum Schluss: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei den Bayern so etwas gegeben hätte.“ Die hätten den Tag mit Anstand über die Bühne gebracht.

Die Pressesprecher von OB Kuhn und des VfB Stuttgart sahen sich auf StZ-Anfrage veranlasst, den peinlichen Auftritt zu erklären. Marcus Jung vom VfB schrieb: „Die Mannschaft ist am Flughafen Stuttgart pünktlich gelandet und hat sich dann umgehend auf den Weg ins Rathaus gemacht. Ankunftszeit im Rathaus war 12:35 Uhr. Da die Mannschaft dann nach dem kräfteraubenden Spiel und der etwas kürzeren Nacht über eine Stunde noch hätte warten müssen bis zur Ansprache des OB um 14 Uhr, hat man gemeinsam nach einer anderen Lösung gesucht. Der Gastgeber hat dann entschieden, die Veranstaltung früher (...) zu beginnen (...). Die Mannschaft hat diesen Kompromiss (...) sehr begrüßt.“

Kuhn-Sprecher Sven Matis geht zudem davon aus, dass auch die Gäste Verständnis für den Wunsch der Spieler hatten. Bei FDP-Fraktionschef Bernd Klingler ist das nicht der Fall. Der Leiter der neunköpfigen Delegation, die Stuttgart im Berliner Stadion repräsentierten, war sauer. Nach der anstrengenden Dienstreise in die Hauptstadt habe er sich ins Rathaus gequält, um dort vom vorzeitigen Ende des offiziellen Teils zu erfahren. Dabei, so Klingler, sei der Ablauf im Vorfeld zwischen Vertretern der Stadt und dem VfB abgestimmt gewesen.

„Das hätte es nun wirklich nicht gebraucht“

Der Liberale, der vor wenigen Wochen noch eine Verschärfung der Ehrenordnung für Stadträte gefordert hatte, sieht sich indes mit dem Vorwurf konfrontiert, Teilnehmer einer Lustreise nach Berlin gewesen zu sein. Während der Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann für seine Tribünenkarte im Bayernblock 70 Euro bezahlte, waren Klingler und seine Mitstreiter von CDU, SPD, Grünen und Freien Wählern nicht nur mit Freikarten ausgestattet, sondern durften auch im Fünf-Sterne-Hotel Ritz-Carlton nächtigen. „Das hätte es nun wirklich nicht gebraucht“, räumt Klingler ein – „wegen dreieinhalb Stunden Schlaf“. Schließlich habe er die Feier mit der VfB-Delegation als offizieller Vertreter der Stadt nicht vorzeitig verlassen können. Von „Luxustrip“ wolle er aber nichts hören. Das sei harte Arbeit gewesen.

Die Stadt kann noch nicht sagen, was die Reise kostete, weist aber darauf hin, dass es sich um Kontingente des VfB gehandelt habe. Nur so habe die Stadt an Karten kommen können. Matis erklärte, die Delegation habe sich mit dem Sportdezernenten von Berlin getroffen und sich über die „integrierte Sportentwicklungsplanung am Beispiel des Sportparks Poststadion“ informiert und der Einweihung der Kletteranlage des Alpenvereins beigewohnt.