Der Interimscoach Jürgen Kramny wird auch am Sonntag gegen Bremen auf der Bank des VfB Stuttgart sitzen. Für den Spielmacher Daniel Didavi ist ohnehin nicht der Trainer das Problem – sondern die Mannschaft.

Dortmund - An der Arbeitseinstellung der meisten Stuttgarter Fußballprofis gibt es auch nach dem Auswärtsspiel in Dortmund nichts zu meckern. Am Büfett vor dem Kabineneingang füllen sie gewissenhaft ihre leeren Kohlenhydratspeicher; pflichtbewusst packen sie beim Abtransport der Alukoffer mit an. Und Daniel Didavi ist sich nicht zu schade, eine Kiste Sprudel in den Mannschaftsbus zu schleppen.

 

Mangelnde Einstellung war, zumindest bei einem Großteil der Mannschaft, auch während des Spiels am Sonntagnachmittag in Westfalen nicht das Hauptproblem. Der VfB tat beim BVB, was er konnte, spielte strukturierter als zuletzt – und war mit der 1:4-Niederlage trotzdem noch gut bedient. Vor allem in der zweiten Hälfte wurden die Stuttgarter von der Borussia an die Wand gespielt und kamen kaum noch über die Mittellinie. Und so stellt Didavi die Sprudelkiste vorübergehend ab und lässt seinem Frust freien Lauf: „Ich mache mir große Sorgen“, sagt der Spielmacher, „denn unser Gesamtpaket reicht einfach nicht.“

„Es bringt alles nichts, wenn man so viele Fehler macht“

Gnadenlos zerpflückt Didavi das Spiel der eigenen Mannschaft und nimmt sich selbst dabei nicht aus. Das 0:1 schon in der dritten Spielminute – „typisch, dass wir gleich beim ersten Angriff wieder geschlafen haben“. Die Marschroute des neuen Trainers Jürgen Kramny, kompakt in der Defensive zu stehen – gute Idee, aber „du kannst dir vornehmen, was du willst, es bringt alles nichts, wenn man so viele Fehler macht“. Der eigene Auftritt in der zweiten Spielhälfte – „da haben wir die Bälle nur noch vorgehauen“. Die vielen Dortmunder Torgelegenheiten – „kein Wunder, wenn bei uns jeder Ball in die Tiefe zu einer hundertprozentigen Chance für den Gegner führt“. Kurzum: „Gegen Mannschaften, die gut besetzt sind, sind wir chancenlos.“

Nun erwartet man schon seit längerer Zeit nicht mehr, dass der VfB den starken Gegnern auf Augenhöhe begegnet – Dortmund mit seinen internationalen Topspielern ist daher auch nicht der Maßstab für die Stuttgarter Elf. Viel mehr Sorge bereitet es Didavi, dass seine Mannschaft nicht nur in solchen Partien an ihre Grenzen stößt. An die zwei Spiele gegen die Aufsteiger Ingolstadt und Darmstadt erinnert er, als der VfB viel Glück benötigte, um zu den einzigen beiden Heimsiegen zu kommen. „Da waren wir ja auch nicht gerade überragend“, stellt der 25-Jährige fest und kommt zu dem Schluss: „Irgendwann muss man die Qualitätsfrage stellen.“

Bei der Trainerfrage will der VfB nichts überstürzen

Nach der Trennung von Alexander Zorniger hat der VfB-Manager Robin Dutt noch einmal versichert, überzeugt davon zu sein, dass die Qualität des Kaders „für einen gesicherten Mittelfeldplatz“ ausreiche. In Jürgen Kramny setzt er vorerst seine Hoffnung auf eine Trendwende, auch gegen Bremen werde der Interimscoach am Sonntag auf der VfB-Bank sitzen: „Er hat die Situation gut angenommen und strahlt eine gewisse Ruhe und Sachlichkeit aus. Wir haben von Anfang an betont, dass wir in der Trainerfrage Zeit brauchen und nicht überstürzt handeln werden.“ Wenn in den nächsten Spielen der Erfolg aber auch unter Kramny ausbleibt, dann wird ein neuer Mann kommen, um zu retten, was dann noch zu retten ist.

Der Teamgeist ist nicht das Problem

Mit einem weiteren Wechsel auf der Bank will sich Daniel Didavi nicht beschäftigen. Zehn Trainer hat er in seiner Zeit beim VfB erlebt und weiß: „Es liegt nicht immer am Trainer. Wir Spieler müssen uns an die eigene Nase fassen.“ Kramny habe vor dem Dortmund-Spiel „alles gemacht, was in seiner Macht stand“ – allein: „Er kann nicht für uns spielen.“ Auch die taktische Ausrichtung – unter Zorniger risikoreich, unter Kramny verhalten – sei nicht das Entscheidende: „Egal, wie wir spielen – wir bekommen jedes Mal leichte Gegentore, das kann nicht sein.“ Und fehlender Teamgeist sei ebenfalls nicht das Problem: „Wir sind eine intakte Mannschaft, aber wir bekommen es nicht auf den Platz.“ Also kommt Didavi auf die Qualitätsfrage zurück: „Wir brauchen nicht drum herumzureden – wir können es so nicht laufen lassen und müssen personell etwas tun.“

Neue Spieler, die der Stuttgarter Defensive etwas Halt geben könnten, werden aber frühestens im Januar kommen. Bis dahin bleiben noch drei Bundesligaspiele, in denen der VfB dringend ein paar Punkte braucht. Bislang sind es erst zehn.