Auf der Baustelle des Erzgebirgsstadion trifft der VfB Stuttgart auf besondere Rahmenbedingungen. Doch Teile der Anhängerschaft des Fußball-Zweitligisten wissen sich dort nicht zu benehmen – und zündeln.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Aue - Als der ultra-coole, weil gemessen an seiner Effizienz im Torabschluss erstklassige Auftritt des VfB Stuttgart beim 4:0-Sieg im Kühlschrank Erzgebirgsstadion beendet war, da fasste Christian Gentner das Erlebte so zusammen: „Wenn es einen Ort im Dezember gibt, an dem man die zweite Liga annehmen muss“, erklärte der Kapitän, „dann ist das hier. Und das haben wir gemacht.“ Tatsächlich beschwerte sich keiner der VfB-Profis über die doch ziemlich speziellen Rahmenbedingungen beim Gastspiel in Aue, die etwas liebenswert Provinzielles hatten. Vielmehr war Ärmel hochkrempeln angesagt, was von einer guten Teammoral zeugt.

 

Die Rasenheizung wird spät angeworfen

„Wir begrüßen unsere Gäste aus Schwaben – und freuen uns, dass wir hier und heute ihre Fußballträume verwirklichen können“, so hatte der Stadionsprecher den Tross aus Bad Cannstatt bereits mit einer Mischung aus Sarkasmus und Humor begrüßt. Schließlich bekommen die Komfort gewohnten Stuttgarter („Wir haben keine Allüren“, so der Trainer Hannes Wolf) nicht alle Tage derlei Fußball-Rohkost auf sächsische Art geboten. Denn zwei Stunden vor dem Spielbeginn sah es im Erzgebirgsstadion noch nach vielem aus – nur nicht nach Zweitliga-Fußball. Der Rasen der Arena, in der sich zwei der vier Tribünenseiten im Umbau befinden, war da noch mit Raureif bedeckt und gefroren. Schließlich wurde die Rasenheizung erst recht spät angeschmissen. Bei minus zwölf Grad in der Nacht sei es eine viel zu kostspielige Angelegenheit, erklärten die Hausherren vom FC Erzgebirge, früher mit dem Heizen anzufangen. „Wir sind ja finanziell nicht auf Rosen gebettet“, sagte ein Clubsprecher.

Immerhin hatte der Platzwart vor dem Anpfiff auf dem Spielfeld nochmal alles gegeben. Also zog er eine schwarze Gummimatte hinter seinem roten Mini-Traktor her, um die angefrorene Spieloberfläche noch ein bisschen weicher zu bekommen. „Wir haben 4:0 gewonnen, also war der Rasen gut“, fasste der zur Halbzeit eingewechselte Kevin Großkreutz die Platzverhältnisse pragmatisch zusammen.

Denn improvisiert wird beim FCE, der im Sommer vom Aufstieg in die zweite Liga doch ein wenig überrascht wurde, auch andernorts: So befinden sich die Spielerkabinen traditionell nicht im Bauch der Haupttribüne, sondern sind in einem in die Jahre gekommenen Funktionsgebäude untergebracht. Dieses liegt knapp 100 Meter vom Spielfeld entfernt, welches für die Profis nur über einen kleinen Hindernisparcours bestehend aus Baggern, Zementsäcken und Absperrgittern zu erreichen ist.

In dem kleinen Häuschen rücken dafür alle dicht zusammen. Die Fußballwelt aus Großvaters Zeiten lässt also auch im durchgestylten Fußballbetrieb der Deutschen Fußball-Liga noch grüßen. Während sich im Erdgeschoss im Dunstkreis eines liebevoll in den Clubfarben Weiß und Lila verzierten Weihnachtsbäumchens die Spieler des VfB umzogen, logierte ein Stockwerk darüber der Tross von Aue neben dem Schiedsrichter-Quartett.

Tiffert qualmt kurz vor Anpfiff noch ein Zigarettchen

Weil die Medien direkt darüber im Dachgeschoss untergebracht sind, entging es vielen auch nicht, dass der Altmeister Christian Tiffert 90 Minuten vor Anpfiff im Schatten der Pressefahrzeuge noch genüsslich eine Zigarette rauchte. „Ich spiele schon länger Fußball als andere zuschauen“, sagte Tiffert, der ein gutes Spiel machte, nach dem Abpfiff: „Und ich sage, wir waren nicht chancenlos.“

Während Tiffert davon ausgeht, „den Bock noch umzustoßen“, also mit seinem Team auch in der nächsten Saison noch zweitklassig zu sein, sorgten die VfB-Fans für den dunklen Farbtupfer der Partie. Weil sie in der zweiten Hälfte mit bengalischen Feuern das Stadion kurzfristig komplett einnebelten, droht dem VfB nun eine Geldstrafe. Schließlich ist man noch den Vorkommnissen in der ersten Pokalrunde in Homburg Wiederholungstäter.