Zwei Fouls in 81 Sekunden: der VfB-Verteidiger Florian Klein sieht bei der 2:3-Niederlage in Hamburg Gelb-Rot und leitet damit die Wende ein.

Hamburg - Auf einem blau gepolsterten Stuhl saß Florian Klein vor der Gästekabine des Volksparkstadions und sank beim Blick in den Fernseher immer tiefer in sich zusammen. Erst sah der des Feldes verwiesene VfB-Verteidiger den Hamburger Ausgleich, dem kurz vor Schluss auch noch der Siegtreffer folgte. Da schaute Klein schon gar nicht mehr hin – am großen Jubel draußen in der Arena merkte er, dass auch das zweite Saisonspiel verloren war.

 

Aus einer 2:1-Führung des VfB war mit zehn Mann eine 2:3-Niederlage geworden – und Klein wusste sehr genau, wer daran die Hauptschuld trug. „Mein Platzverweis war ausschlaggebend, Wir hätten das Spiel gewonnen, wenn wir zu elft geblieben wären“, sagte der Österreicher: „Das tut mir sehr leid für die Mannschaft – aber im Fußball passiert so etwas leider.“

Klein ist eigentlich alles andere als ein Raubein

Seit Florian Klein (28) im Sommer 2014 aus Salzburg nach Stuttgart gekommen ist, hat er sich als zuverlässiger Außenverteidiger erwiesen. Als einziger VfB-Profi bestritt er in der vergangenen Saison sämtliche Spiele. In Hamburg jedoch, wo ihm im Dezember noch der 1:0-Siegtreffer gelungen war, erlebte er am Samstag seinen bislang schwärzesten Tag. Binnen 81 Sekunden sah Klein erst Gelb und dann Gelb-Rot, nachdem er im Niemandsland der gegnerischen Hälfte dem HSV-Verteidiger Matthias Ostrzolek im Eifer des Gefechts versehentlich vors Schienbein getreten hatte. Die aggressive Vorwärtsverteidigung mag zum neuen Spielsystem gehören – viel törichter als Klein, üblicherweise alles andere als ein unbeherrschtes Raubein, hätte man aber nicht zu Werke gehen können.

Es war in jener 53. Minute der Wendepunkt eines Spiels, in dem bis dahin rein gar nichts darauf hingedeutet hatte, dass der verunsicherte HSV seine ersten Punkte würde feiern dürfen. „Wir hatten das Spiel voll im Griff, wir waren klar überlegen und hätten gegen diesen Gegner niemals verlieren dürfen“, sagte der erneut starke Spielmacher Daniel Didavi, „von den Hamburgern kam nichts Besonderes, sie hatten keine Ideen.“ Sehr diplomatisch war das ausgedrückt, denn Didavi hätte auch sagen können: gegen eine so schwache Mannschaft wie den HSV spielt man in der Bundesliga nur ganz selten.

Auch Torwart Tyton offenbart wieder Schwächen

Keine unlösbare Aufgabe wäre es gewesen, den Sieg auch mit zehn Mann über die Runden zu bringen. Bis in die Schlussphase hinein fiel den Hamburgern auch in Überzahl nichts ein. Doch zeigten sich dann auch andere VfB-Spieler neben Klein von ihrer schlechten Seite. Vor dem 2:2 ließ sich erst Carlos Gruezo auf einfachste Weise ausspielen, ehe der Torwart Przemyslaw Tyton gegen Pierre-Michel Lasogga nicht entschlossen genug eingriff. Danach ging die Ordnung in der Abwehr vollends verloren – unbedrängt durfte der aufgerückte Innenverteidiger Johan Djourou zum 3:2 einschieben. „Maßlos ärgerlich“ fand der VfB-Trainer Alexander Zorniger die späten Gegentore – verwies aber auch darauf, dass mit einem Spieler weniger naturgemäß auch „zehn Prozent an Kraft“ fehlen.

Womit der Schwarze Peter wieder bei Klein lag. Vorwürfe musste sich der Rotsünder dennoch nicht anhören, auch eine vereinsinterne Geldstrafe hat Klein nicht zu befürchten. „Er ärgert sich selbst am meisten darüber, was da passiert ist“, sagte Zorniger, „daraus wird er lernen.“