An diesem Mittwoch gastiert der VfB bei Hannover 96. Der Trainer Alexander Zorniger glaubt weiter fest an die Wende – und schöpft Zuversicht aus seiner Vergangenheit.

Stuttgart - Fast genau neun Jahre ist es her, dass der Fußballtrainer Alexander Zorniger dem „Gmünder Tagblatt“ ein Interview gab. Nebenberuflicher Chefcoach des Oberligisten Normannia Gmünd war er damals und hatte sechs Spiele hintereinander verloren. Er gehe gerade nach jedem Spiel nach Hause, „und es kotzt mich an“, sagte Zorniger. Er frage sich nach jeder Niederlage, „was ist diesmal wieder schiefgelaufen“, und würde „als Zuschauer auch als Erstes auf den Trainer losgehen“. Doch gelte es, Ruhe zu bewahren, denn: „Es muss Stück für Stück gehen. Wir haben noch genügend Möglichkeiten zu punkten.“

 

Alexander Zorniger hat also bereits eine gewisse Erfahrung mit Negativserien und dem entsprechenden Krisenmanagement, auch wenn er jetzt zum ersten Mal in der Bundesliga arbeitet. Zwar liegen beim VfB Stuttgart nicht schon sechs, sondern erst fünf Niederlagen hinter ihm – doch gewinnt die Situation dadurch an Dramatik, dass es sich um die ersten Saisonspiele gehandelt hat und folglich noch immer kein Punkt auf dem Konto steht.

Erst das Fluchen, dann wieder die Arbeit

Trotzdem geht der Trainer damit nicht grundlegend anders um als damals bei der Normannia: Er regt sich nach den Spielen kurz und heftig auf und hadert mit dem Fußballgott; dann arbeitet er so gewissenhaft weiter wie vorher – und glaubt fest daran, dass dieser Fleiß zwangsläufig irgendwann belohnt werden muss und jede Serie irgendwann zu Ende geht: „Wenn man so auftritt wie wir, dann kann man nicht weiterhin jedes Spiel verlieren“, sagt Zorniger: „Wir sind alle felsenfest davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Wahrscheinlich ist es in seiner Situation kein Fehler, dass Zorniger ein Mann ist, der über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügt. Andernfalls käme er aus der Grübelei gar nicht mehr heraus. „Ich hinterfrage zwar mich und unser Spiel, zweifle aber nicht ständig an mir.“ Und wahrscheinlich ist es auch das einzig Richtige, an der neuen Spielweise festzuhalten, die er vom ersten Tag an so forsch propagiert hat. Andernfalls bekäme er ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Innerhalb des Vereins spürt Zorniger nach wie vor die volle Rückendeckung, was ihm „total guttut“. Und Zuspruch erfährt der Trainer auch beim Austausch mit den Fans: „Es gibt nach wie vor extrem viele, die sagen: geht diesen Weg auf Teufel komm raus weiter, damit der VfB endlich wieder für etwas steht.“ Doch weiß Zorniger gleichzeitig auch: „Der kurzfristige Erfolg darf nicht aus den Augen verloren werden.“

Alle Rückendeckung und aller Zuspruch ändern aber nichts daran, dass das Eis unter dem Trainer dünner wird. Die Niederlage gegen Schalke mag so unverdient und unglücklich gewesen sein wie jene zum Auftakt gegen Köln; in Hamburg war der VfB eigentlich die bessere Mannschaft, auch in Berlin. Außer Frage steht, dass bisher das Glück gefehlt hat. Im Fußball, sagt Zorniger und wählt einen gewagten Vergleich, sei es anders als in der Rhythmischen Sportgymnastik: „Du kannst fast alles richtig machen und verlierst trotzdem.“

Drei Krisenduelle innerhalb von elf Tagen

Nun jedoch bricht für den VfB und seinen Trainer endgültig die Zeit an, in der in allererster Linie das nackte Ergebnis zählt. Binnen elf Tagen treffen die Stuttgarter auf drei Mannschaften, die den Saisonstart ebenfalls komplett in den Sand gesetzt haben. An diesem Mittwoch geht es mit dem Auswärtsspiel in Hannover los, wo der 96-Trainer Michael Frontzeck nach nur einem Punkt in große Bedrängnis geraten ist. Am Samstag folgt das Duell mit den Mönchengladbachern, die wie der VfB noch gar keinen Punkt erringen konnten und bei denen der bisherige Erfolgstrainer Lucien Favre entnervt das Handtuch geworfen hat. Zum Verständnis von Zorniger übrigens, für den dies zwar keine Option darstellt, der Favres Schritt aber für „nachvollziehbar“ hält. Und eine Woche später geht es nach Hoffenheim, wo sich Markus Gisdol nach vier Niederlagen und einem Remis erstmals mit  kritischen Fragen auseinandersetzen muss. Es sind drei Spiele, in denen der VfB punkten muss, sonst weiß auch der Trainer, was die Stunde geschlagen hat.

„Wir haben keinen Drei-Spiele-Plan“, hat Alexander Zorniger vor neun Jahren dem „Gmünder Tagblatt“ gesagt, als die nächsten Gegner SGV Freiberg, SG Sonnenhof Großaspach und FC Emmendingen hießen. Damals holte die Normannia aus diesen Spielen sieben Punkte, wurde am Saisonende solider Elfter – und gewann zur Krönung auch noch den WFV-Pokal.

Es gibt also noch Hoffnung für den VfB. Nach den nächsten drei Spielen dauert es nicht mehr lange, dann gastieren die Stuttgarter im DFB-Pokal bei Carl-Zeiss Jena.