Zum vierten Mal entführt uns Hollywood zum rülpsenden Oger, der mit seiner liebreizenden Fiona eigentlich ein schönes Leben führen könnte.

Hollywood - Wieder füllt das dicke, alte Buch die Leinwand, es klappt nun auf und eine Stimme hebt an: "Es war einmal..." Aber irgendetwas stimmt hier nicht. Der Märchenonkelton klingt lieblos-routiniert, klingt geradezu gelangweilt, und schließlich, man muss es so drastisch ausdrücken: rotzig und angepisst. Dieser Erzähler, der den Lederband jetzt angewidert zuklappt, heißt nämlich Rumpelstilzchen. Er ist hier ein punkiger Knirps mit rotgezacktem Haar, und er hat die Shrek-Saga deshalb so gründlich satt, weil sie ihm einst - man erfährt dies in einer Rückblende - die Ambitionen auf den schönen Königsthron im Märchenland zerplatzen ließ. Raaache!!!

Derweil im Sumpf bei den Ogers: Shrek und Fiona sind sich immer noch sehr grün, sie führen ein vorbildliches und von ihren drei Kindern putzig durchrülpstes und durchfurztes Familienleben. So berühmt sind die Shreks nach ihren drei computeranimierten (Kino-)Abenteuern geworden, dass in diesem vierten und in 3-D inszenierten Teil nun täglich Busse mit Touristen in den Sumpf rattern.

Überhaupt ist es dort voll geworden, denn auch der Esel, der Kater und die anderen Viecher, die sich im Lauf der Zeit an diese Serie angedockt haben, tummeln sich in und um Shreks Baumhütte herum. Als dann ein Kindergeburtstag mit dreisten Buben-Forderungen ("Mach den Brüller!"), Kleinkind-Quengelei und mehrfach auszuwechselnder Torte zu feiern ist, wird es dem Helden zu viel. Könnte es nicht wenigstens für einen Tag wieder so sein wie früher?

Alles, was bisher geschah, ist nun ausgelöscht


Kein Problem! Das hier Rumpel genannte Stilzchen kann Shreks Wunsch erfüllen. Aber der Preis für diesen einen Hurra-ich-bin-wieder-ein-freier-und-gefürchteter-Single-Oger-Tag ist hoch. In der von Shrek natürlich nicht geahnten Konsequenz führt die Vertragsunterzeichnung nämlich zur Rücknahme der bisher erzählten Welt. Anders gesagt: Alles, was bisher in der Shrek-Saga geschah, ist nun ausgelöscht, existiert nur noch in der Erinnerung des Helden - und natürlich in der des Kinopublikums. Ein dramaturgischer Tabula-Rasa-Kniff, der Shrek vor dem immerwährenden Familienleben bewahrt und noch einmal ins Abenteuer schickt. Aber funktioniert das auch in dieser Shrek-Saga, in der die endgültige Märchen-End-Formel ("Und wenn sie nicht gestorben sind...") eh' bereits mehrfach durch den hollywoodschen Zwang zur Fortsetzung aufgehoben wurde?

Denn spätestens mit ihrem dritten und mit Abstand schwächsten Teil wirkte die Serie eigentlich auserzählt. Das hatte unter anderem damit zu tun, dass sie nicht mehr, wie im fulminanten Auftakt, als anarchistisch-fröhliche Märchen- und Disney-Parodie herumtollte, sondern zunehmend selbstreflexiv wurde; man könnte auch sagen: inzüchtig. Und "Für immer Shrek" spielt nun fast ausschließlich im eigenen Shrek-Kosmos! In jeder Szene merkt man diesem Film an, wie schwer es ihm doch fällt, noch einmal respektive schon wieder von diesem netten grünen Oger zu erzählen. Am zauberhaften Beginn seiner Karriere stapfte Shrek zielgerichtet und mit großer Selbstverständlichkeit durch die fantastisch animierte Szenerie. Jetzt braucht er sozusagen eine Legitimation, und die bekommt er nur durch narrative Willkürherrschaft.