Der US-Automarkt steuert auf einen neuen Verkaufsrekord zu. Davon profitieren die deutschen Premiumhersteller. Aber eben nur die.

Stuttgart - Las Vegas hat in diesem Jahr Detroit fast die Schau gestohlen. Auf der Elektronikmesse CES im amerikanischen Spielerparadies haben die Autobauer gerade mit viel Tamtam ihre Visionen vom autonomen Fahren präsentiert, bei denen ein elektronischer Chauffeur den Wagen steuert. Auf der Autoshow in Detroit stehen in dieser Woche dagegen nun die Neuheiten im Rampenlicht, die in diesem Jahr auf die Straßen kommen werden.

 

Bei Mercedes-Benz debütiert der bullige Geländewagen GLE Coupé, mit dem die Stuttgarter den erfolgreichen X6 von BMW kontern wollen, die Bayern erneuern Coupé und Cabrio der 6er-Reihe, Audi präsentiert den Geländewagen Q7, bei VW wird eine neue Geländewagenstudie erwartet. Insgesamt stehen auf dieser wichtigsten amerikanischen Neuheitenschau etwa 40 Weltpremieren auf dem Programm.

Matthias Wissmann, der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), sieht gute Chancen für die deutschen Anbieter auf dem US-Markt. „Die deutschen Pkw-Hersteller gehen mit Zuversicht nach Detroit“, sagt Wissmann. Der VDA-Präsident weist darauf hin, dass der US-Markt sich im vergangenen Jahr lebhaft entwickelt habe und die deutschen Marken ihren Absatz insgesamt steigern konnten. „Auch für das laufende Jahr gibt es Grund zu Optimismus“, meint Wissmann, denn: „Die Konjunkturdaten sind gut, die Beschäftigung steigt, der Spritpreis geht nach unten.“ Der VDA-Präsident erwartet in diesem Jahr auch bei den deutschen Herstellern ein weiteres Wachstum auf dem US-Markt.

Nach dem gewaltigen Einbruch der Autoverkäufe 2008/2009 infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise hat der US-Markt ein beeindruckendes Comeback geschafft (siehe Schaubild). „America is back“, jubelt Ferdinand Dudenhöffer, der Chef des Duisburger Forschungsinstituts Car. „Das Land hat sich in den letzten Jahren wieder zur Wachstumslokomotive der Autobranche entwickelt“, bilanziert Dudenhöffer. China und die USA werden nach Einschätzung des Wissenschaftlers auch in diesem und den kommenden Jahren das Wachstum des Weltautomarktes prägen. Fast die Hälfte der in diesem Jahr rund um den Globus verkauften Wagen wird nach Einschätzung Dudenhöffers in diesem Jahr in einem dieser beiden Länder Käufer finden. Damit entfallen nach seiner Prognose 70 Prozent des weltweiten Wachstums auf die USA und China und schon 2016, so Dudenhöffer, könnte mit 17,45 Millionen Neuwagen der Verkaufsrekord auf dem amerikanischen Markt geknackt werden.

Bei Pickups und Geländewagen ist VW schwach

Willi Diez, der Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft (Ifa) dämpft diese Euphorie allerdings etwas, indem er darauf hinweist, dass das Wachstum 2014 schwächer war als im Jahr zuvor. In diesem Jahr dürfte sich dieser Trend nach Einschätzung des Wissenschaftlers fortsetzen. „Nach einem gewaltigen Aufholprozess nach der Wirtschafts- und Finanzkrise kommt jetzt wieder ein gewisses Sättigungsniveau in Sicht. Der Ersatzbedarf, der sich aufgestaut hatte, ist jetzt wieder weitgehend aufgearbeitet worden“, sagt Diez. Zwar bringe das Bevölkerungswachstum positive Impulse, und die Konjunktur sei robust, aber die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so Diez, „sprechen eher für eine Abschwächung des Wachstums“. Deshalb sei 2015 auf dem US-Markt nur noch mit einem Zuwachs von zwei bis zweieinhalb Prozent zur rechnen. Und dies würden auch die deutschen Autobauer zu spüren bekommen.

Im vergangenen Jahr war das Bild bei den deutschen Anbietern recht gemischt. Während die Premiumhersteller Audi, BMW, Mercedes-Benz und Porsche stark beschleunigt haben, fuhr VW im Rückwärtsgang (siehe Tabelle). Nach einer Studie des Duisburger Car-Instituts haben die deutschen Premiummarken ihren Marktanteil auf dem US-Markt seit 2008 kontinuierlich von 4,4 Prozent auf zuletzt 5,6 Prozent steigern können. Von ihrer starken Position in Deutschland sind sie damit allerdings noch weit entfernt. In ihrem Heimatland entfallen rund ein Viertel aller Pkw-Neuzulassungen auf die Premiummarken. Auch sind die deutschen Anbieter meilenweit von den US-Herstellern General Motors, Ford und Chrysler, aber auch von den meisten japanischen und koreanischen Wettbewerbern entfernt. Die Kernmarke VW des nach der weltweiten Führung strebenden Konzerns erreicht auf dem US-Markt nicht einmal die Verkäufe des Allradspezialisten Subaru.

Der Krebsgang von VW ist nach Einschätzung von Willi Diez auf mehrere Faktoren zurückzuführen. „Es mangelt am richtigen Fahrzeugkonzept und der richtigen Ausstattung. Amerikaner wollen von vornherein voll ausgestattete Autos und keine Extras als Sonderausstattung zusätzlich bezahlen“, sagt der Autoexperte. Zudem sei VW bei den Pick-ups und Geländewagen nicht so stark vertreten, die wegen der niedrigen Spritpreise stark gefragt sind. Darüber hinaus spüre die Marke, dass die Japaner wieder stärker geworden seien. „VW hatte gute Zahlen, als Toyota durch große Rückrufaktionen geschwächt war. Heute ist Toyota wieder voll da“, urteilt Diez.

Die deutschen Premiumhersteller haben nach der Analyse des Ifa-Chefs im vergangenen Jahr davon profitiert, dass die Aktienkurse stark gestiegen sind. Untersuchungen hätten belegt, dass sich der Dow-Jones-Index im Gleichschritt mit den Verkäufen der Premiumhersteller entwickle. „Durch den Börsenboom“, so Diez, „wächst das Vermögen der Reichen und Neureichen, die gerne Audi, BMW, Mercedes oder Porsche fahren.“