Der VW-Konzern hat im ersten Quartal einen herben Gewinneinbruch hinnehmen müssen. Die Marke VW leidet nicht nur unter dem Abgasskandal, sondern hat auch Gegenwind in China. Warum VW-Chef Müller dennoch zufrieden ist.

Stuttgart - Der Abgasskandal hat beim VW-Konzern im ersten Quartal dieses Jahres zu einem empfindlichen Gewinneinbruch geführt. Der Gewinn nach Steuern sackte im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Fünftel auf 2,3 Milliarden Euro ab, wie der Autokonzern bei der Vorlage des Zwischenberichts mitteilte. Vorstandschef Matthias Müller zeigte sich gleichwohl insgesamt zufrieden. „Wir haben unter schwierigen Bedingungen respektable Ergebnisse erwirtschaftet“, sagte Müller. Der VW-Chef hob hervor, dass es gelungen sei, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Abgasskandals in Grenzen zu halten. Der Jahresauftakt belegt nach Einschätzung des VW-Chefs, dass der Wolfsburger Konzern eine robuste Basis habe. „Darauf können wir aufbauen, wenn wir jetzt daran arbeiten, unseren Konzern zu modernisieren und für die neue Mobilitätswelt aufzustellen“, sagte Müller.

 

Das Management arbeitet mit Hochdruck an einer neuen Strategie bis zum Jahr 2025, die noch vor den Sommerferien präsentiert werden soll. Kernelemente sind, wie bereits bekannt ist, ein forcierter Vorstoß in die Elektromobilität und eine verstärkte Nutzung der Chancen der Digitalisierung einschließlich neuen Mobilitätsangeboten. Der Konzernchef kündigte an, dass 2016 ein Übergangsjahr sein werde, „in dem wir den Konzern grundlegend neu ausrichten werden“. Müller zeigte sich unverändert zuversichtlich, dass sich das operative Geschäft auch im laufenden Jahr solide entwickeln werde und bekräftigte die bereits bei der Vorlage der Bilanz im April gesteckten Ziele. Danach soll der Konzernumsatz im Gesamtjahr um bis zu fünf Prozent zurückgehen und eine Rendite zwischen fünf und sechs Prozent erreicht werden. Im ersten Quartal wurde diese Marge im Konzern mit 6,1 Prozent leicht übertroffen. In der Pkw-Sparte wird mit einem „merklichen Umsatzrückgang“ sowie einer Umsatzrendite zwischen 5,5 und 6,5 Prozent gerechnet.

Bei diesen Zielen setzt der Konzernchef stark auf die hoch profitablen Töchter Audi und VW, die auch im ersten Quartal gut in Fahrt waren. Porsche zeigte erneut Glanzleistungen. Der Umsatz kletterte laut Zwischenbericht um rund sechs Prozent auf 54 Milliarden Euro, der operative Gewinn sogar um 17 Prozent auf 895 Millionen Euro. Mit einer gegenüber dem Vorjahr gestiegenen operativen Rendite von 16,6 Prozent war Porsche erneut profitabelster Autobauer der Welt. Für das Gesamtjahr hat Porsche indes eine eher vorsichtige Prognose abgegeben. Audi steuerte mit 1,3 Milliarden Euro den größten Beitrag aller Marken zum operativen Gewinn des Konzerns bei. Dies war zwar ein Rückgang, der mir Vorleistungen für neue Produkte und den Ausbau der Produktion begründet wurde, dennoch wurde eine durchaus vorzeigbare Rendite von neun Prozent erreicht.

Magere Marge bei der Marke VW

Die Pkw-Kernmarke VW erreichte in den ersten drei Monaten dieses Jahres indes nur ein operatives Ergebnis von 73 Millionen Euro, was einer Umsatzrendite von 0,3 Prozent entspricht. Im ersten Quartal des Vorjahres standen noch 514 Millionen Euro im Zwischenbericht. Finanzchef Frank Witter wertete die schmale Marge indes als Fortschritt, weil es damit gelungen sei, zumindest wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen. Im vierten Quartal des Vorjahres hatte die Kernmarke VW wegen des Abgasskandals einen Verlust verbucht. Für das Gesamtjahr sagte der Finanzchef eine Verbesserung der Marge auf etwa zwei Prozent voraus. Zum Gewinneinbruch im ersten Quartal hat beigetragen, dass VW mehr Geld für das Marketing ausgegeben hat und zudem die Kunden mit Rabatten bei der Stange halten will. Vertriebschef Fred Kappler sagte, dass VW nicht höhere Rabatte gebe als Wettbewerber. VW werde nicht Marktanteile um jeden Preis kaufen, versicherte der Vertriebschef.

Auf dem US-Markt leidet VW nicht nur darunter, dass wegen des Abgasskandals der Verkauf von Dieselmodellen gestoppt wurde, bis klar ist, wie die Nachrüstung oder der Rückkauf von Fahrzeugen laufen soll. Weil der Sprit sehr billig ist, sind dort wuchtige Pickups und große Geländewagen gefragt, die VW nicht im Angebot hat. Auch in China, dem wichtigsten Markt, hat VW Gegenwind. Besonders gefragt sind in China derzeit bei den Massenherstellern vor allem kleine Geländewagen und billige Limousinen, wie sie die einheimischen Marken anbieten. VW hat hier dagegen eine Lücke.

Rückrufe laufen nicht nach Plan

Der Gegenwind auf den Märkten überschattet nach Angaben von Finanzchef Witter die Fortschritte, die VW bei der Kostensenkung mache. Witter bekräftigte, dass der Sparkurs fortgesetzt werden solle. „Wir haben dieses Thema auf dem Radar“, sagte der Finanzvorstand. VW werde Forschung und Entwicklung effizienter organisieren, die Produktivität steigern und die Fixkosten optimieren, kündigte Witter an. In den vergangenen Monaten sind solche Bestrebungen bei dem mächtigen Betriebsratschef Bernd Osterloh indes auf Widerstand gestoßen.

Auch die Rückrufe laufen in Deutschland nicht ganz nach Plan. Bisher sind nach Angaben von Vertriebschef Kappler rund 50000 Autos nachgerüstet worden, bei denen eine betrügerische Software eingebaut war, mit deren Hilfe der Ausstoß von Kohlendioxid bei Dieselmotoren manipuliert wurde. Insgesamt müssen in Deutschland etwa 2,4 Millionen Wagen von VW, Audi, Seat und Skoda in die Werkstatt. Das Kraftfahrtbundesamt überwacht streng, ob die für die einzelnen Modelle und Motoren vorgesehene Nachrüstung die strengen Vorgaben erfüllt. Beim Passat gab es dabei jedoch Probleme. VW musste nachbessern, die Flensburger Behörde gab bisher jedoch kein grünes Licht. Der Autobauer musste deshalb seinen Zeitplan ändern. Vertriebschef Kappler hofft darauf, dass in den kommenden Wochen auch die Freigabe für den Passat kommt. Der Wolfsburger Autobauer gab am Dienstag zudem bekannt, dass auch rund 5900 VW Touran, die mit Erdgas betrieben werden, zurückgerufen werden, weil die Gasflaschen möglicherweise defekt sind. Die Flaschen sollen vorsorglich ausgetauscht werden.