Die Sanierung der Wagenhallen wird nicht nur teurer. Der Charme der Künstlerkolonie ginge auch unwiederbringlich verloren. Zudem birgt der Lärmschutz Risiken wie im Neckarpark, meint StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Der Neckarpark wird gerne als „Blaupause“ für die Bebauung hinter dem Hauptbahnhof bezeichnet, weil auch auf dieser Brache Wohnungen gebaut werden sollen. Nun ist klar, dass das Cannstatter Areal nicht nur in puncto Innovation Vorbild ist, sondern auch bei den Herausforderungen. In der Nachbarschaft von Mercedes-Benz-Arena und Wasen wird die Lärmschutzproblematik bekanntlich heiß diskutiert. Schalldichte Fenster und ein breiter Riegel von Gewerbebauten dienen der Abschirmung.

 

Protest gegen Umgebungslärm würde es wohl auch im Rosensteinviertel geben. Wer dort einmal hinzieht, würde sich kaum jene abendliche Beschallung gefallen lassen, die ihren Ursprung im benachbarten Kulturbetrieb hätte. Die Voraussetzung dafür, dass in den Wagenhallen lärmintensive Veranstaltungen für bis zu 2500 Besucher – inklusive An- und Abreiseverkehr – stattfinden könnten, erwägt die Stadt bekanntlich derzeit zu schaffen, indem sie die Sanierung des historischen Industriestandorts zumindest planerisch vorantreibt.

Subkultur in veredeltem Ambiete nur schwer vorstellbar

Das Lärmproblem kann gelöst werden, auch den Brandschutz bekommt man in den Griff. Dafür müsste die Stadt aber 30 Millionen Euro investieren. Es wird nicht die einzige Entscheidung des Gemeinderats zu diesem Thema sein. Als Lärmschutzwand könnte der Neubau der Hoppenlau-Schule dienen – dann muss man sich gegen eine etwa 50 Millionen Euro teure Sanierung am alten Standort entscheiden. Aber will man überhaupt einen weiteren Berufsschulklotz in das Vorzeigeviertel pflanzen?

Konsequenterweise muss geklärt werden, ob es vor diesem Hintergrund noch ausreichend Befürworter für eine Sanierung der Wagenhallen gibt – zumal zu diesem Preis? Vieles spricht dafür, etwa die Notwendigkeit einer mittelgroßen Halle und die Akzeptanz durch die Künstler. Gerade sie werden aber die Frage beantworten müssen, ob die Wagenhallen auch dann noch ihre kulturelle Heimat sein können, wenn sie, brand- und lärmschutztechnisch modernisiert, das Flair einer Kongresshalle verströmen. Subkultur ist in veredeltem Ambiente eben nur schwer vorstellbar.