Zum Auftakt der Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie hat es auch im Rems-Murr-Kreis erste Warnstreiks gegeben. Bei Stihl in Waiblingen ist in zwei Produktionsteilen die Frühschicht früher nach Hause gegangen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - Zum Auftakt der Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie hat es im Rems-Murr-Kreis am Donnerstag erste Warnstreiks bei dem Waiblinger Kettensägenhersteller Stihl gegeben. Rund zweieinhalb Stunden vor dem offiziellen Ende der Frühschicht ist der überwiegende Teil der Belegschaft in der Kurbelwellenfertigung sowie des Betriebsmittelbaus in den Feierabend gegangen. Für heute ist Ähnliches im Stihl-Hauptwerk in Neustadt, bei den zwei Waiblinger Bosch-Niederlassungen sowie bei dem Nutzfahrzeugzulieferer Norgren in Fellbach geplant.

 

Wirklich beeindruckend ist das Grüppchen, das sich vor dem Tor am Stihlwerk  I versammelt hat, nicht. Etwa zwei Dutzend Arbeiter sind zusammengekommen, eine Handvoll davon hat sich die roten Jacken und Helme der IG Metall übergestreift, zwei, drei Fahnen werden geschwenkt. Aus einem transportablen Lautsprecher trällert Gunter Gabriel: „Hey Boss, ich brauch mehr Geld.“ „Morgen werden es viel mehr sein“, verspricht Luigi Colosi, der Konzernbetriebsratsvorsitzende. Im Neustädter Werk ist die eigentliche Produktion angesiedelt, und dort will man am Freitag die Frühschicht für zwei, drei Stunden lahm legen.

Dass die ersten Warnstreiks am Donnerstag so überschaubar ausgefallen sind, liege zum einen an dem hohen Automatisierungsgrad in diesem Bereich, zum anderen an den Brückentagen. „Viele Kollegen haben heute frei“, sagt Colosi. Dennoch, gut 80 Prozent der Kurbelwellenmonteure und ebenso viele Betriebsmittelbauer hätten sich an der Aktion beteiligt: „In beiden Bereichen geht jetzt nichts mehr.“

„Wir haben uns vorgenommen, so früh wie möglich Druck zu machen“, erläutert der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Waiblingen, Matthias Fuchs, die Gewerkschaftsstrategie. Am 1. Mai endete die Friedenspflicht in der Metall- und Elektroindustrie, jetzt werde es jeden Tag einzelne Aktionen geben, um klar zu machen, dass es den Arbeitnehmern – rund 20 000 sind es im Rems-Murr-Kreis – mit ihren Forderungen ernst ist. 5,5 Prozent mehr Lohn verlangen diese, die Arbeitgeber sind bisher lediglich bereit, 2,3 Prozent zu zahlen.

„Die Arbeitgeber haben gut verdient“, sagt Colosi. Im vergangenen Jahr habe die Branche das drittbeste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. „Davon wollen wir jetzt einen gerechten Anteil.“ Und davon, behauptet er, würde ganz Deutschland profitieren, schließlich stärke ein guter Tarifabschluss die Kaufkraft und damit die Binnennachfrage.

Dass sich beide Seiten in der nächsten Tarifrunde, die im Pilotbezirk Baden-Württemberg am 7. Mai angesetzt ist, bereits einig werden, glaubt von Gewerkschaftsseite niemand. Das „große Finale“, wie es Colosi ausdrückt, ist für ihn erst eine Woche später. Dann sollten die Verhandlungspartner einen Knopf ans Tarifwerk machen. Zur Bekräftigung will die Gewerkschaft eine große Demonstration in Waiblingen organisieren. Und wenn auch dann die Verhandlungen scheitern? Dann werde richtig gestreikt, sagt Matthias Fuchs. „Wir sind auf eine Urabstimmung vorbereitet.“