Nach dem Tod zweier Bonobos, die an einer Lungenentzündung starben, will der Zoo Probleme an den Lüftungsklappen des Menschenaffenhauses beheben. Der Zoodirektor spricht von erheblichen Mängeln am 2013 eröffneten Neubau.

Stuttgart - Als Thomas Kölpin vor einem Jahr die Leitung der Stuttgarter Wilhelma übernahm, fand er auf seinem Schreibtisch eine lange Mängelliste vor. Das Papier hatte es in sich. Darin stand, was im Menschenaffenhaus der Wilhelma nicht so funktioniert, wie es funktionieren sollte. Das Brisante: beim Menschenaffenhaus handelt es sich nicht um einen Alt-, sondern um einen Neubau, der im Mai 2013 eingeweiht worden war. Dieser Neubau hatte 22 Millionen Euro gekostet – er sollte ein Aushängeschild sein.

 

Zwei Bonobos starben an Lungenentzündungen

Doch bereits kurz nach der Eröffnung stellte sich heraus, dass er im Alltagsbetrieb keineswegs so reibungslos funktionierte, wie sich das die Verantwortlichen in der Wilhelma gedacht hatten. Nun spricht der Wilhelmadirektor Thomas Kölpin von drei zentralen Problemen des Baus, die der Zoo nach und nach beheben will. „Inzwischen ziehen sich die Mängel schon so lange hin, dass manche Mitarbeiter frustriert sind“, sagt Kölpin, der Verständnis dafür hat. Bei den gravierendsten Mängeln handelt es sich um folgende drei Punkte:

Die Lüftungsklappen

Im Menschenaffenhaus funktioniert die Zufuhr von Frischluft über Lüftungsklappen. Doch den Pflegern der Gorillas und Bonobos fiel rasch auf, dass im Haus bei bestimmten klimatischen Bedingungen Zug entstand, dem auch die Tiere ausgesetzt sind. Im vergangenen Jahr und Anfang dieses Jahres starben laut Angaben von Thomas Kölpin zwei Bonobos jeweils an Lungenentzündungen. „Wir können nicht ausschließen, dass ihr Tod im Zusammenhang mit den Problemen bei den Lüftungsklappen steht.“ Die Wilhelma hat umgehend reagiert. „Wir haben bereits auf eine Spaltlüftung umgestellt, nachdem zuvor zu viel Kaltluft auf die Tiere herabgefallen war“, sagt Marianne Holtkötter, die zuständige Kuratorin für Menschenaffen.

Holtkötter spricht im Zusammenhang mit dem Tod des Bonobo-Jungtiers Alima am 12. Januar von einem „schrecklichen Fall – dieses Jungtier hätte niemals sterben dürfen“. Die Wilhelma habe bei den Nutzungsanforderungen für das neue Menschenaffenhaus bereits 2006 darauf hingewiesen, wie empfindlich die Bonobos für Atemwegserkrankungen seien. Im Februar sollen Experten Strömungsmessungen im Haus vornehmen, damit die Lüftungsprobleme endgültig behoben werden können. „Das ist wichtig für die Gesundheit der Tiere“, so Thomas Kölpin.

Zoo prüft Schadensersatzforderungen

Die Bodenbeläge

Im Besucherbereich sind die Böden an einigen Stellen aufgebrochen, und auch im Bereich der Gehege gibt es Probleme: „Die horizontale und die vertikale Beschichtung des Betons löst sich an manchen Stellen“, erzählt der Zoochef, der sich weniger um die Optik der Anlage sorgt, als um die Gesundheit der Tiere. „Wir haben die Befürchtung, dass Tiere die abgeplatzten Reste fressen könnten.“ Pfleger im Menschenaffenhaus klagen zudem, dass Fliesen abbrechen und Wände nicht entsprechend gereinigt werden können, weil die Oberflächen zu empfindlich seien.

Die Kameras

Ein weiteres technisches Problem sorgt für Schwierigkeiten im Betrieb des Menschenaffenhauses. Immer wieder fallen jene Kameras aus, mit denen die Pfleger die Tiere überwachen können. Sie können sehen, wo sich die Tiere aufhalten und mit Schiebern Türen öffnen oder schließen. Wenn die Kameras nicht funktionieren, handeln die Pfleger sozusagen im „Blindflug“. Auch dies verringert die Sicherheit. Schlimmstenfalls könnten versehentlich Gliedmaßen der Tiere eingequetscht werden.

Finanzministerium zieht Konsequenzen

Der Wilhelmachef steht nun vor zwei Herausforderungen: Zum einen sollen die für die Gesundheit der Tiere relevanten Probleme möglichst rasch behoben werden. Zum anderen muss der Zoo mit Hilfe von Gutachten aufzeigen, wer im jeweiligen Einzelfall die Verantwortung für die Mängel am Bau und in der Haustechnik des Menschenaffenhauses trägt. Experten sind bereits dabei, dies zu untersuchen, um zu klären, wer gegebenenfalls finanziell für die Reparaturen und Sanierungsarbeiten aufkommen muss. Infrage kommen unter anderem die Baufirmen, die Serviceunternehmen, sowie das ausführende Architekturbüro von Hascher Jehle.

Auch das zuständige Finanzministerium des Landes bestätigt, dass Schadensersatzansprüche geprüft werden. Bei künftigen Bauprojekten will das Land Fehler vermeiden: Derzeit werde ein Musterprojekthandbuch entwickelt – es soll festlegen, wie die Verantwortung bei Bauprojekten geregelt wird.