Der Immobilientag der IHK Stuttgart zeigt: Obwohl in München mehr Wohnungen gebaut werden, als in Stuttgart, bleibt der Markt dort angespannt.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Die baden-württembergische Landeshauptstadt ist zurückhaltend in Sachen Wohnungsbau, München nicht – das ist ein Resultat des 8. Stuttgarter Immobilientags der IHK Stuttgart, zu dem zahlreiche Fachleute in Sachen Wohnungsbau aus Stadt und Region zusammengekommen sind. Die Zahlen sind eindeutig: In Stuttgart entstehen derzeit weniger als 2000 Wohnungen jährlich, in München sind es 8000 bis 9000. Allerdings geht die naheliegende Schlussfolgerung nicht auf, dass auf diese Weise die Wohnungsnot in der bayrischen Landeshauptstadt schneller oder nachhaltiger behoben wird als in Stuttgart.

 

OB Kuhn wird deutlich: „Um 5167 Wohnungen im Jahr in Stuttgart zu bauen, müsste man jährlich zehn Mal den Seepark in Möhringen bauen. Wir müssten 23 mal im Jahr das Olga-Areal bebauen oder das Birkacher Feld jährlich in der dichtesten Form mit 100 Wohneinheiten pro Hektar. Wenn man sich das vor Augen führt, merkt man, wie abstrus der Vorschlag ist. Das bedeutet, die Besonderheit Stuttgarts, von Landwirtschaft, Weinbau und Wäldern umgeben zu sein, zu zerstören.“

„Es ist eine Illusion zu glauben, die Preise sinken, wenn die Stadt außen herum zubetoniert wird“

Und er fügt hinzu: „Es ist eine Illusion zu glauben, die Preise sinken, wenn die Stadt außen herum zubetoniert wird. Wenn ich am Mittwoch 10 000 neue Wohnungen hätte, wären die am Donnerstag weg. Und am Freitag hätte ich wieder von überall Leute, die hier eine Wohnung wollen. Die Investitionen ins Betongold lassen die Preise steigen.“

Eine Lösung der Wohnungsprobleme in Stuttgart sieht Kuhn in der Region: „Unser Gebiet ist sehr klein, nur Stuttgart und Esslingen bauen im größeren Stil Sozialwohnungen. Die anderen in der Region nicht. Das muss sich aber ändern. München baut etwa drei mal so viel Wohnungen wie Stuttgart, weil es auf eigener Gemarkung die nötigen Flächen hat. Wo bei München der Stadtrand ist, ist bei mir Waiblingen oder Leonberg. Dennoch sind in München die Angebotsmieten nicht gesunken, sondern stärker als in Stuttgart gestiegen.“

Klaus Illigmann vom Münchner Referat für Stadtplanung und Bauordnung, bestätigt mit der Beschreibung der Münchner Verhältnisse die Haltung von Stuttgarts OB Fritz Kuhn beim Immobilientag: „Es gibt den Bedarf, es ist aber auch sehr viel Geld unterwegs im Immobilienbereich und es gibt nach wie vor die sehr niedrigen Bauzinsen.“ Das bedeutet für München: Mit jeder fertig gestellten Wohnung entsteht zugleich die Nachfrage nach einer neuen Wohnung. Der Spekulationsfaktor spielt da eine große Rolle: „Es ist in München kein Problem, die soeben erworbene Wohnung erst einmal zwei bis fünf Jahre leer stehen zu lassen, das rechnet sich trotzdem für die Eigentümer.“ Für die Stadt München etwa bedeutete das konkret: „Der Verkauf des Geländes der ehemaligen Paulaner-Brauerei in der Innenstadt war im Prinzip schon am ersten Tag gelaufen.“ Die Stadt München konnte bei diesem Bieter-Wettbewerb nicht mithalten.

Unverändert bleibt auch der Besiedlungsdruck auf das Umland

Damit die soziale Mischung der Innenstadt-Bewohner dennoch nicht aus den Fugen gerät, kauft München beispielsweise Belegrechte auf. Das bedeutet: Die Stadt präsentiert zwei bis drei Mietinteressenten, unter denen der Eigentümer auswählt. Der Eigentümer wird dafür entlohnt. Oder es werden Gebiete ausgewiesen, in denen der Rahmen für Sanierungen und Verkäufe festgelegt ist. 20 gibt es davon in München, in denen etwa 250 000 Menschen leben. Illigmann: „Bei geförderten Wohnungsprojekten entstehen etwa 30 Prozent Sozialwohnungen, bei städtischen Projekten sind es 50 Prozent.“

Unverändert bleibt trotz allem auch der Besiedlungsdruck auf das Umland: „Eine Stunde Fahrzeit in die Innenstadt wird heute eingerechnet“, so Illigmann. Der Straßenbau kann da nicht mithalten, auch der Nahverkehr kommt an seine Kapazitätsgrenzen. Eine Lösung ist Multimobilität. „Da wird gerade an einer Echtzeit-App gearbeitet. Wenn ich jetzt von A nach B will, für welche Strecke nehme ich mein Auto, die U-Bahn, die Tram, Carsharing oder Leihfahrrad?“, so Illigmann. „An solchen Dingen sind die Wohnbaugesellschaften sehr interessiert aber auch unsere heimische Autoindustrie.“