Viktor Schoner, der Künstlerische Betriebsdirektor der Bayerischen Staatsoper in München, soll Intendant der Staatsoper Stuttgarter werden. Das war aus dem Umkreis der Findungskommission zu erfahren.

Stuttgart - Am Mittwoch trat in Stuttgart die Findungskommission, die einen Nachfolger für den Opernintendanten Jossi Wieler gesucht hat, zu ihrer abschließenden Sitzung zusammen. Das Gremium habe sich mehrheitlich auf Viktor Schoner, den Künstlerischen Betriebsdirektor der Bayerischen Staatsoper München geeinigt, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Man werde den 1974 in Aschaffenburg Geborenen dem Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater als Kandidaten zur Wahl vorschlagen. Der Verwaltungsrat tagt am kommenden Montag unter dem Vorsitz des Stuttgarter Oberbürgermeisters Fritz Kuhn.

 

Sollte er am Montag gewählt werden, wird Viktor Schoner zur Spielzeit 2018/19 Jossi Wieler ablösen, der die Opernsparte seit 2011 geführt hatte und sich von da an wieder ausschließlich seinem ureigentlichen Metier, der Theater- und Opernregie, widmen möchte. Schoners Wahl ist insofern eine Überraschung, als aus dem Kunstministerium lange zu hören war, dass man einen prominenten Namen suche. Bis zum Schluss schien auch eine Hauslösung denkbar, so war die Stuttgarter Operndirektorin Eva Kleinitz eine Option; sie präsentierte noch am Mittwoch ihre Pläne. Frühzeitig waren Kandidaten wie Serge Dorny, der Opernchef von Lyon, aussortiert worden. Vom neuen Opernintendanten wird Teamfähigkeit erwartet, denn im Dreispartenhaus soll Kollegialität zwischen den vier Intendanten herrschen, schließlich teilt man sich Bühnen und Werkstätten. Besonders der Geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks hält nicht viel von Solisten auf dem Opernchefsessel.

Bratschist und Musikwissenschaftler

Stuttgart wäre der erste Intendantenposten für Schoner. Doch auch einer seiner Vorgänger am Haus, der hier später höchsten Ruhm erfuhr, Klaus Zehelein, kam aus der zweiten Reihe. Viktor Schoner ist seit längerem ein Kandidat für erste Positionen, so war er im Kandidaten-Rennen für die Leitung von Oper und Philharmonie in Essen, und Gerard Mortier selber brachte ihn als seinen Nachfolger in Madrid ins Gespräch.

Viktor Schoner hat in Berlin studiert: Bratsche an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ und Musikwissenschaften an der Humboldt-Universität. Von 1999 bis 2001 war er Fellow an der Graduate School of Arts and Science der New York University. Gemeinsam mit Titus Engel gründete er die Akademie Musiktheater Heute, die seit 2001 als Initiative der Deutschen Bank fortgeführt wird. Im Frühjahr 2001 begann er als persönlicher Referent des Intendanten Gerard Mortier und dramaturgischer Mitarbeiter bei den Salzburger Festspielen. Schoner folgte Mortier in gleicher Funktion zur neu gegründeten Ruhr-Triennale (von 2002 bis 2004) und begleitete ihn auch nach Paris, wo er bis 2008 an der Opéra National de Paris Bastille/Garnier tätig war: zunächst als Adjoint au Directeur des Intendanten Mortier, seit 2006 als Directeur de la coordination artistique. Seit der Spielzeit 2008/09 ist er Künstlerischer Betriebsdirektor an der Bayerischen Staatsoper.

Ein erfahrener Musiktheatermanager

Viktor Schoner erwarten in Stuttgart keine Zuckerzeiten, die anstehende Sanierung des Opernhauses wirft ihre Schatten voraus. Freilich wird sie den designierten Intendanten nicht in seinen ersten Spielzeiten treffen, denn mit dem Beginn der Bauarbeiten ist kaum vor 2020/21 zu rechnen. Das gibt dem erfahrenen Musiktheatermanager Zeit, in den ersten drei, vier Jahren künstlerische Marken zu setzen – auch wenn die verbleibenden zwei Jahre Vorlauf für die Planung reichlich knapp sind. Mit der Sanierungsphase wird der neue Opernchef allerdings Managerqualitäten der besonderen Art zeigen müssen, wenn es für Jahre in ein Ausweichquartier geht. Dort wird mit beschränkten technischen Möglichkeiten und schwierigen logistischen Bedingungen zu rechnen sein.

In einem Interview mit der „Neuen Musikzeitung“ nannte Viktor Schoner auf die Frage, welche Musik ihn stark mache, Mozart. Wichtiger noch scheint das Bekenntnis zu einer aufgeklärten gesellschaftspolitischen Haltung, die gut zum Stuttgarter Haus und seiner Tradition, in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken, passen würde. Die Frage „Wenn Sie ,König von Deutschland‘ wären, was würden Sie als Erstes tun?“, replizierte Schoner deutlich: „Die demokratische Idee wieder einmal mit allem utopischen Potenzial und der Verpflichtung zur Aufklärung nochmals mit neuer Energie einführen.“