Die „Dengler“-Reihe im ZDF geht weiter: in dem Film „Am zwölften Tag“ muss der Stuttgarter Privatermittler seinen verschwundenen Sohn retten, einen Tierschutzaktivisten.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Es gibt einen hübschen Dialog zwischen der Hackerin Olga und dem Privatermittler Georg Dengler im zweiten Dengler-Krimi „Am zwölften Tag“. Da sitzen die beiden am Küchentisch und Olga will wissen, warum er damals seinen BKA-Job als Zielfahnder geschmissen hat. Vorausgegangen war eine rasante Hilfsaktion Denglers auf dem Motorrad, mit der er verhinderte, dass sich seine ehemaligen BKA-Kollegen, Olga, Denglers frühere Zielperson, krallen. Olga: „Mir kannst du wirklich vertrauen.“ Dengler: „Leute, die sagen: ,Sie können mir wirklich vertrauen‘, sind mir erst mal grundsätzlich suspekt.“ Olga: „Mir auch.“ Das ist schön ironisch – und doch auch wieder nicht. Denn später wird Dengler diesen Dialog so nutzen, dass er Olgas Vertrauen in ihn nicht zerstören muss.

 

Zwischen den Hauptfiguren ist in dem ZDF-Thriller, den der Regisseur Lars Kraume wie schon im vergangenen Jahr „Die letzte Flucht“ nach einem Bestseller von Wolfgang Schorlau verfilmt hat, nach wie vor alles offen, und das macht es so fesselnd, Birgit Minichmayr und Ronald Zehrfeld zuzusehen. In anderen Krimis würde es an so einem Punkt „knistern“, es gäbe vielsagende Blicke, es hinge etwas in der Luft. Hier aber sieht man zwei Menschen, die sich langsam kennenlernen, die sich mit Neugier und Vorsicht begegnen, sich aber auch gegenseitig bewundern. Er sie für ihre Freiheit und ihre Intelligenz, sie ihn für seine Freiheit und seine Konsequenz.

Dieses offene Verhältnis ist eine der großen Stärken der Filmversion; in der Vorlage sind die beiden ja ein Paar. Kraume, der auch das Drehbuch schrieb, nutzt einen cleveren Kniff, um den Zuschauer mit Fakten und Informationen über die unsäglichen Methoden der industriellen Massentierhaltung zu versorgen, indem er Dengler und Olga im Internet Videofilme finden lässt, die Jakob Dengler (Jannis Niewöhner) als Tierschutzaktivist gedreht hat. Dabei handelt es sich um Ausschnitte aus einer Aufsehen erregenden TV-Dokumentation – angesichts des kritischen Tenors bekamen die Filmemacher keine Erlaubnis an Originalschauplätzen zu drehen. Wie schon in „Die letzte Flucht“ geht es um ein Thema mit brisanter gesellschaftlicher Dimension: Schorlau und Kraume rühren hier im stinkenden Morast der Fleischindustrie, die den Verbrauchern billige Steaks und kalorienarme Putenschnitzel auf die Teller klatscht und dafür systematisch sowohl Tiere als auch Menschen quält.

Auf einem Bauernhof im Brandenburgischen

Denglers Sohn Jakob ist verschwunden – dessen beunruhigte Mutter Hilde (Marie-Lou Sellem) bittet ihren Ex um Hilfe. Olga checkt Jakobs Laptop, so findet der Vater heraus, dass der Sohnemann zusammen mit seinen Freunden Cem und Laura gegen die unsagbar grausamen Methoden der Massentierhaltung kämpft und dabei dem mächtigen Fleischkönig Carsten Osterhannes (Jörg Schüttauf) in die Quere kommt. Durch Olgas Hackerkünste weiß er, dass Jakobs Handy zuletzt auf einem Bauernhof im Brandenburgischen eingeloggt war, weshalb sich die beiden mit dem Motorrad auf den Weg dorthin machen. Doch die BKA-Leute, die hinter Olga her sind, kommen ihnen immer wieder in die Quere. Was Dengler nicht weiß, aber der Zuschauer, womit die Spannung kräftig geschürt wird: Jakob und seine Freunde sind etwas Größerem auf die Spur gekommen, dem Menschenhandel der Billigfleisch-Bosse mit rumänischen Leiharbeitern. Osterhannes’ Killertruppe schickt sich an, dieses „Problem“ auf ihre Art gründlich zu „lösen“.

Kraume muss mehrere Schauplätze, Nebenstränge, Figuren bedienen: der gewissenlose Osterhannes, der den Familien-Gutsherren gibt; das Bauernpaar, das mit drinhängt; die Rumänen und ihre Rebellion; das Katz-und-Maus-Spiel mit den BKA-Leuten – dadurch wirkt „Am zwölften Tag“ dramaturgisch etwas schwerfällig. Dass Jakobs Rettung gelingen wird, steht zudem von vornherein fest. Und dennoch folgt man diesem von Zehrfeld wuchtig und doch mit großer Sensibilität ausgestatteten Dengler gebannt, wie er der geheimnisumwitterten Olga zur Seite steht und seinem Sohn endlich ein Vater sein will.