Der Stuttgarter Technologiekonzern will durch den Zukauf verstärkt im Wachstumsmarkt der Softwareentwicklung punkten – allen voran bei der Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung von Fahrzeugen.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Die Verträge zur Übernahme der ITK Engineering AG, einem Unternehmen für Entwicklungsdienstleistungen mit Sitz im südpfälzischen Rülzheim, wurden diese Woche unterzeichnet, teilte Bosch mit. „Mit der Akquisition von ITK Engineering stärken wir unsere Position im weltweiten Wachstumsmarkt der Entwicklungsdienstleistungen“, begründete Bosch-Geschäftsführer Markus Heyn den geplanten Zukauf. Der Markt wächst rasant und wird für Bosch immer wichtiger. Mittlerweile arbeiten gut ein Drittel der 47 000 Entwicklungsingenieure im Kfz-Bereich bei Bosch als Softwareentwickler.

 

Zu den Wachstumstreibern der Branche für Entwicklungsdienstleistungen zählen vor allem die zunehmende Variantenvielfalt der Autohersteller und die steigende Komplexität in der Softwareentwicklung. Zudem nehmen die Anforderungen an die Sicherheit von Daten und Prozessen mit der Digitalisierung und Vernetzung zu. „Entwicklungsdienstleister werden daher immer häufiger unverzichtbare Partner in der Fahrzeug-, System- und Softwareentwicklung“, sagte Heyn. Durch die Übernahme könne Bosch sein Angebot an Entwicklungsdienstleistungen und individuellen Sotwareentwicklungen erweitern und ausbauen.

Bislang entwickelt Bosch über die Tochter Bosch Engineering mit Hauptsitz in Abstatt in mehr als 800 Kundenprojekten maßgeschneiderte Elektroniksysteme und Software für Kleinserien – leistungsstarke Sportwagen, Freizeitfahrzeuge, Nutzfahrzeuge, Bahn- und Off-Higway-Anwendungen. Das kann beispielsweise die Anpassung der Motorsteuerung für einen Ferrari oder ein Quad sein. Bosch Engineering zählt mit weltweit rund 2200 Mitarbeitern zu den größeren Entwicklungsdienstleistern der Autoindustrie, Umsatzzahlen nennt Bosch nicht. Auf dem Markt tummeln sich viele – darunter Unternehmen wie beispielsweise Bertrandt in Ehningen, das mit mehr als 12 000 Mitarbeitern und 935 Millionen Euro Umsatz die Branchen-Rangliste anführt. Zu den größeren Spielern gehören aber auch beispielsweise Ferchau Engineering oder Akka Technologies/MB-Tech in Sindelfingen.

ITK – Ingenieurgesellschaft für technische Kybernetik

Die künftige Bosch-Tochter wurde 1994 als „Ingenieurgesellschaft für technische Kybernetik“ (ITK) gegründet. Typische Anwendungen und Forschungsgebiete der technischen Kybernetik sind unter anderem der Entwurf von Autopiloten sowie die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen für den Automobilbereich wie etwa das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) oder das Antiblockiersystem (ABS). ITK ist kontinuierlich gewachsen. 2005 beschäftigte das Unternehmen 50 Mitarbeiter, mittlerweile sind es über 800 und hat unter anderem auch in Friedrichshafen und Stuttgart Niederlassungen. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 67 Millionen Euro. Mit Entwicklungsdienstleistungen ist ITK Engineering hauptsächlich in der Automobilbranche sowie in der Medizin- und Bahntechnik, aber auch in anderen Branchen vertreten. Mit technischer Individualsoftware bringe ITK „Intelligenz in die Maschinen zahlreicher Branchen“, heißt es. „Mit Bosch als strategischem Partner können wir unsere Kernkompetenzen stärker am internationalen Markt positionieren. Zudem können wir die Wachstumschancen insbesondere durch die Digitalisierung intensiver nutzen und den Markt branchenübergreifend noch aktiver mitgestalten“, sagte Michael Englert, Gründer und Vorstandsvorsitzender der ITK Engineering AG.

Kartellbehörden müssen noch zustimmen

Sowohl Bosch als auch ITK verfügten wegen ihrer branchenübergreifenden Arbeitsweisen über Kompetenzen in der Fahrerassistenz, dem automatisierten Fahren, dem Antriebsstrang und der Elektrifizierung sowie der Vernetzung. Mit ihrer künftigen Zusammenarbeit könnten beide Synergien in diesen Bereichen realisieren, heißt es bei Bosch.

Über den Kaufpreise wurde Stillschweigen vereinbart. Die Kartellbehörden müssen der Übernahme noch zustimmen. ITK Engineering wird nach der Übernahme eine 100-prozentige Bosch-Tochter sein.